30. Bamberger Hegelwoche: Familie - Wirtschaft - Staat?

Was uns zusammenhält

Ausgerechnet jetzt, da die Sommer immer heißer werden, das politische Weltklima kühler und der globale Wettbewerb rücksichtsloser wird, bröckelt der innere Zusammenhalt. Die Weltgemeinschaft, deren Zusammenhalt freilich stets fragil war, Europa, das für viele seine Anziehungskraft verloren hat, aber auch Deutschland erleben immer schärfere, grundsätzliche Kontroversen. Überzeugungen krachen aufeinander, Kompromisse gelingen seltener, und was uns verbindet steht grundsätzlich in Frage. Aber ein funktionierendes Gemeinwesen kann der „Gesinnung der Bürger nicht entbehren“, wie Hegel sagt. Und vor allem zu einer Zeit, so müssen wir hinzufügen, in der ein geeintes Handeln von seltener Notwendigkeit ist.

Zusammenhalt lässt sich nicht erzwingen. Bloße Beschwörungsformeln oder Appelle helfen ebenso wenig wie Vorwürfe und Flüche. Fragen wir lieber grundsätzlich, was Zusammenhalt schafft. Die Familie oder Hausgemeinschaft und die Polis, so sagte Platon, sind die beiden verbindenden Strukturen. Und ein drittes fügt Hegel hinzu, nämlich den wirtschaftlichen Austausch freier Bürger, die „Bürgerliche Gesellschaft“. Damit gibt er unserer Hegelwoche ihre drei Themenbereiche: Familie, Wirtschaft und Staat bzw. Staatengemeinschaft spielen ihre je eigene Rolle beim inneren Zusammenhalt und seinem Zerbrechen. Diese drei müssen wir erkunden, wenn wir den Zusammenhalt stärken und unser Land, wie auch Europa, nachhaltig zukunftsfähig machen wollen. 


Programm

Dienstag, 4. Juni

BEGRÜSSUNG: Andreas Starke, Oberbürgermeister der Stadt Bamberg

EINFÜHRUNG
Prof. Dr. Christian Illies, Universität Bamberg

VORTRAG
Zusammenhalt in verantwortlicher Freiheit
Prof. Dr. em. Paul Kirchhof, Verfassungs- und Steuerrechtler

Am ersten Abend wird der Staatsrechter Prof. Dr. Paul Kirchhof grundsätzlich in die Frage nach dem Zusammenhalt in der Gesellschaft einführen und die Verfassungsvoraussetzungen in den Blick nehmen, vor allem hinsichtlich der Freiheit und Rechte des Einzelnen. Sein besonderes Augenmerk wird dabei auf der Familie ruhen, die ihm ja als Bundesverfassungsrichter ein beeindruckendes Anliegen war. Was heißt heute überhaupt noch „Familie“? In welcher Weise kann die Familie den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken oder gefährden (wie ja seit Marx eingewandt wird)?

Mittwoch, 5. Juni

VORTRAG
Anständig wirtschaften
Prof. Dr. Claus Dierksmeier, Professor für Globalisiserungsethik an der Universität Tübingen

Der Philosoph Claus Dierksmeier, Professor für Globalisiserungsethik an der Universität Tübingen, wird den Wirtschaftsbereich untersuchen, der heute fast alles zu dominieren scheint. Sein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Freiheit des Einzelnen, die als Leitwert bedroht ist. Nicht die des Konsumenten, sondern die eigentliche, qualitative Freiheit, um die es gehen muss - und ohne die es keinen Zusammenhalt geben kann.

Donnerstag, 6. Juni

VORTRAG
Weltseele und Denkvermögen
Prof. Dr. Gunnar Heinsohn, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologe, Publizist

PODIUMSDISKUSSION mit den Referenten und Oberbürgermeister Andreas Starke
Moderation: Christian Illies

Einen ganz eigenen Ansatz zum Verstehen politischer Entwicklungen hat der Soziologe und Ökonom Prof. Dr. Gunnar Heinsohn entwickelt, der legendär dafür ist, gegen den Strich der Üblichkeiten zu denken. Mit originellen Ansätzen stellt er vieles in Frage, entdeckt oft sehr einleuchtende Zusammenhänge, oder beunruhigt, weil sie nach politischen Konsequenzen rufen. Genau das brauchen wir aber für den politischen Zusammenhalt in Deutschland, Europa und darüber hinaus.
Am letzten Abend schließt sich der Kreis der Hegelwoche mit einer Podiumsdiskussion mit den Referenten, an der auch Oberbürgermeister Andreas Starke teilnehmen wird, um von den kühnen Theorien die Brücke zur rauen Realität zu schlagen.


Zeit und Ort

Die Vorträge im Rahmen der 30. Bamberger Hegelwoche finden am 4., 5. und 6. Juni 2019 jeweils um 19.15 Uhr in der AULA der Universität, Dominikanerstraße 2a statt!


Fortsetzung im Seminar

Auch in diesem Jahr werden die Referenten gebeten, am jeweils folgenden Morgen in einer Seminarsitzung ihre Überlegungen mit Studierenden und Kollegen zu vertiefen und zu diskutieren. Dies wird in Absprache mit den jeweiligen Fachkollegen geschehen. Auf diese Weise wird angestrebt, die Hegelwoche noch stärker in das wissenschaftliche Leben der Universität einzubinden. Interessierte Mitstreiter sind willkommen!


Die Referenten

Claus Dierksmeier ist Philosoph und Professor für Wirtschafts- und Globalisierungsethik an der Universität Tübingen, wo er auch jahrelang Direktor des Weltethos Instituts war. Seine Forschungsfelder liegen primär in der Philosophie der Ökonomie, der Politikphilosophie und in der globalen Wirtschaftsethik. Er entwickelte innovative Ansätze in der humanistischen Managementtheorie sowie in der qualitativen Freiheitstheorie.

Gunnar Heinsohn ist emeritierter Professor für Sozialpädagogik der Universität Bremen, wo er von 1984 bis 2009 lehrte. Ab 1993 war er Sprecher des von ihm gegründeten Instituts für vergleichende Völkermordsforschung. Heute arbeitet er als freier Publizist zu verschiedenen Themen aktueller öffentlicher Belange. Seine Interessenfelder sind breit gefächert und reichen von der Ökonomie über die Genozid- und Demographieforschung bis hin zur Religionswissenschaft.

Paul Kirchhof ist Verfassungs- und Steuerrechtler. Bis 2013 hatte er einen Lehrstuhl für Staatsrecht an der Universität Heidelberg inne. Zudem war er von 1987-1999 Bundesverfassungsrichter, wo er sich vor allem für Familien- und Steuerrecht engagierte. In seiner Forschung arbeitet er vor allem zu Fragen des Verfassungsrechts, aber auch zur europäischen Integration und zur Rolle Deutschlands in der Europäischen Union. Seine zahlreichen Publikationen umfassen wesentliche Beiträge zur Staatstheorie.