Bamberger Expertise zur Präsidentschaftswahl in Russland

Forschende der Universität Bamberg stehen Medienschaffenden für Fragen rund um die Wahl zur Verfügung.

Die Präsidentschaftswahl in Russland steht im März 2024 an. Zu diesem Anlass werfen Forschende der Universität Bamberg einen Blick auf aktuelle Ereignisse und langfristige Tendenzen in der russischen Politik und Gesellschaft. Experten aus der Psychologie, Geographie, Slavistik und Kommunikationswissenschaft stehen Journalist*innen für Interviews zur Verfügung. Sie können zu folgenden Themen Auskunft geben:

Der Einfluss von Narrativen und Assoziationen auf den Wahlausgang

Prof. Dr. Claus-Christian Carbon, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Psychologie und Methodenlehre:

„Narrative haben einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen – wir konstruieren unsere Realität anhand solcher Narrative. Sie können polarisieren, starke Emotionen auslösen und Wert- und Identitätsvorstellungen etablieren. Narrative des Krieges, der Abwehr, der nationalen und religiösen Identität, der Macht und der Überlegenheit – Putins Traum eines von ihm geeinten Großrussland. All das wird eine wichtige Rolle bei der anstehenden Wahl in Russland spielen und darüber entscheiden, wie stark Menschen hinter Putin und seinen Entscheidungen stehen.“

E-Mail: ccc(at)uni-bamberg.de

Fachwissen zu:

  •  Narrative des Krieges, der Abwehr und von Großrussland
  • Verbindung von Religion und politischer Macht
  • Wahlerfolg durch Assoziationen
  • Anti-Gender, Anti-Gleichberechtigung
  • Willensstärke, physische Stärke und Macht
  • Symbolik und Macht
  • Psychologie der Macht und Stärke

Was wird sich nach der Präsidentenwahl ändern?

Prof. Dr. Daniel Göler, Professor für Geographische Migrations- und Transformationsforschung:

„Was wird sich nach der Präsidentschaftswahl ändern? Nichts. Wandel wäre für den Kreml in jeglicher Hinsicht fatal und wird dementsprechend unterbunden. Die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen sind gegenwärtig extrem starr und langfristig zementiert. Sie erinnern zunehmend an sowjetische Muster. Der russländische Entwicklungspfad der letzten Dekaden kann aus geographischer Perspektive getrost als ‚Lock-in‘ eingeordnet werden. Mit dem politischen und ökonomischen Stillstand wächst die Unzufriedenheit in den Regionen. Das Spannungsverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie nimmt zu. Die zentrifugalen Kräfte im Land können zum Zerfall der Föderation führen.“

E-Mail: daniel.goeler(at)uni-bamberg.de

Fachwissen zu:

  • Raum und Wirtschaft
  • Raum und Gesellschaft
  • Raum und Politik

Mit welchem Russland werden wir es langfristig zu tun haben?

Prof. Dr. Johannes Grotzky, Honorarprofessor für Osteuropawissenschaften, Medien und Kultur, langjähriger Moskau-Korrespondent:

„Von der ‚gelenkten Demokratie’ aus dem Beginn seiner ersten Präsidentschaft vor 23 Jahren wurde Russland unter Putin zu einem autoritär geführten Staat. Mit dem Überfall der russischen Armee am 24. Februar 2022 hat Russland alle Vereinbarungen über Gewaltverzicht in Europa gebrochen. Doch trotz internationaler Sanktionen, trotz eines hohen Blutzolls im Krieg gegen die Ukraine erfreut sich Putin bei der Mehrheit der Bevölkerung anhaltender Beliebtheit. Oppositionelle Medien sind unter staatlichem Druck verstummt, oppositionelle Politiker sind eingekehrt oder emigriert. Deshalb wird Putin voraussichtlich unangefochten die bevorstehende Präsidentenwahl gewinnen können. Mit welchem Russland werden wir es auf Dauer zu tun haben? Wie werden sich unter Putin künftig die Sicherheitsstruktur und die internationalen Beziehungen entwickeln?“

E-Mail: johannes.grotzky(at)uni-bamberg.de

Fachwissen zu:

  • Wladimir Putin
  • Russlands Zukunft in der Welt
  • Sicherheitsstruktur und internationale Beziehungen Russlands

Was lehrt uns Putins Wahlkampf-Simulation für den Wert eines demokratisch fairen Wahlkampfes?

Prof. Dr. Olaf Hoffjann, Professor für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Organisationskommunikation und Öffentlichkeitsarbeit:

„Wir werden in Russland die Simulation eines Wahlkampfs erleben. Putin will den Anschein einer Demokratie aufrechterhalten und veranstaltet dazu diese Wahlkampfshow. Die Negativfolie der russischen Wahlkampf-Simulation zeigt noch einmal deutlich, was Sinn und Zweck eines demokratischen Wahlkampfes sind. Es geht um einen freien und fairen Wettbewerb der Ideen, bei dem politische Wettbewerber ihre Unterschiede deutlich machen, damit die Bürgerinnen und Bürger informiert ihre Wahlentscheidung treffen können. Und dafür braucht es den Respekt vor dem politischen Gegner und vor der Wahrheit.“

E-Mail: olaf.hoffjann(at)uni-bamberg.de

Fachwissen zu:

  • Politische Kommunikation und Kommunikationsstrategien
  • Postfaktische Politik und Desinformationen
  • Strategische Ambiguität
     

Weiterführende Informationen für Medienvertreterinnen und -vertreter:

Medienkontakt:
Hannah Fischer
Pressestelle/Pressereferentin
Tel.: 0951/863-1445
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