Ende November, kurz vor der Ausstellungseröffnung, beschäftigten sich die Studierenden im Schloss Schoppershof, dem Sitz der Tucher Kulturstiftung, intensiv damit, wie Führungen durch eine Ausstellung anschaulich gestaltet werden können.
Studierende der Universität Bamberg sowie die Kuratoren Andreas Huth und Florian Abe im Foyer des Germanischen Nationalmuseums. Dort bereiteten die Studierenden ihre thematischen Führungen vor und übten sie an den Originalexponaten der Ausstellung „Baustelle Nürnberg“.

Ansicht einer Seite aus dem Baumeisterbuch des Endres Tucher. Die überlieferte Handschrift dokumentiert Arbeitsabläufe, Verantwortlichkeiten und alltägliche Herausforderungen der Nürnberger Bauverwaltung im 15. Jahrhundert.
Universität Bamberg gestaltet Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum mit
Überall Baustellen! Was heute Stadtalltag ist, prägte schon im 15. Jahrhundert das Leben einer wachsenden Metropole. Wie Nürnberg seine Infrastruktur damals organisierte, zeigt die Studioausstellung „Baustelle Nürnberg – 550 Jahre Baumeisterbuch des Endres Tucher“ im Germanischen Nationalmuseum. Die Ausstellung ist ab Donnerstag, 4. Dezember 2025, bis einschließlich Pfingstmontag, 25. Mai 2026, für das Publikum zugänglich. Entstanden ist die Schau in enger Zusammenarbeit zwischen der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, der Tucher Kulturstiftung und dem Germanischen Nationalmuseum.
Ein besonderes Dokument im Mittelpunkt: Das Baumeisterbuch des Endres Tucher
Zwischen 1464 und 1475 verfasste der vom Nürnberger Rat bestellte Stadtbaumeister Endres Tucher ein einzigartiges Handbuch: das sogenannte Baumeisterbuch, knapp 250 Blätter voller Vorschriften, Erfahrungsberichte, Warnungen und praktischer Alltagserfahrungen. Tucher fasste darin zusammen, was für die Organisation der spätmittelalterlichen Großstadt wichtig war – von der Instandhaltung von Straßen, Plätzen, Brunnen und Stadtgräben über den Brand- und Hochwasserschutz bis zur Nutzung der Reichswälder und Steinbrüche. Auch die Vorbereitung großer Ereignisse wie Kaiserbesuche oder Heiltumsweisungen gehörte zu seinen Aufgaben.
„Das Baumeisterbuch ist eine außergewöhnliche Quelle zur Stadtgeschichte Nürnbergs“, sagt Prof. Dr. Andreas Huth, Kunsthistoriker an der Universität Bamberg. „Gerade deshalb ist es uns als Tucher Kulturstiftung wichtig, die Relevanz solcher Zeugnisse für eine breite Öffentlichkeit sichtbar zu machen“, ergänzt Florian Abe, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung und Mitkurator der Ausstellung. „Wir stellen nicht nur ein Buch aus, sondern zeigen, wie bereits früher Herausforderungen bewältigt wurden, die uns bis heute beschäftigen: von der Substanzerhaltung über die Nachhaltigkeit bis zum Katastrophenschutz.“
Was die Ausstellung zeigt
Rund 50 Exponate illustrieren die Aufgaben des Bauamts, darunter ausgewählte Seiten des Originals, Werkzeuge, Stadtansichten, ein lederner Löscheimer und ein Stich Albrecht Dürers. Zugleich setzt die Ausstellung bewusst auf überraschende Kontraste: zwischen den historischen Objekten sind Baulampen, eine DGB-Streikweste, ein Straßenbesen und sogar ein Betonmischer zu sehen. Sie schlagen eine Brücke ins Heute.
Die kompakte Studioausstellung zeigt eindrücklich, dass viele der kommunalen Aufgaben keineswegs neu sind: ob Instandhaltung der Infrastruktur, nachhaltige Ressourcennutzung, Schutz vor Bränden und Überschwemmungen oder die Organisation großer Besucherströme. „Klar sind Baustellen manchmal ärgerlich, aber sie sie gehören zur Stadt“, so Huth. „Schon im 15. Jahrhundert musste Nürnberg sorgfältig abwägen, wie sich Gemeinwohl, Ökonomie und Sicherheit miteinander vereinbaren lassen.“
Studierende als Mitgestaltende
Neben den beiden Kuratoren bringen sich auch Studierende der Universität Bamberg intensiv in die Ausstellung ein: Zwei kunsthistorische Seminare widmeten sich speziell diesem Projekt. Im Sommersemester 2025 arbeiteten Studierende mit der historischen Edition des Baumeisterbuchs, identifizierten zentrale Passagen, analysierten Themen wie Feuerschutz, Waldnutzung, Lohnstrukturen und soziale Organisation. Vieles davon floss direkt in die Ausstellung ein. Im aktuellen Wintersemester entwickeln Studierende Führungskonzepte und Vermittlungsformate für die Ausstellung „Für unsere Studierenden ist das eine perfekte Gelegenheit, die Arbeit im Museum besser kennenzulernen“, betont Andreas Huth. „Sie lernen, komplexe Inhalte verständlich und lebendig zu vermitteln – eine Fähigkeit, die im Kulturbereich besonders wichtig ist.“
Für die Studierenden ist das Projekt mehr als ein gewöhnliches Seminar: Wer wie Seminarteilnehmer Ivo Bertschy selbst in Nürnberg lebt, sieht vertraute Orte plötzlich aus einer neuen Perspektive. Andere, darunter Dagmar Leibach, die bereits Museumserfahrung mitbringt, heben hervor, wie wichtig Offenheit, Interesse an historischen Objekten und das selbstständige Einarbeiten in ganz verschiedene Themen für den Berufsalltag im Museum sind. Die Studierenden sind sich einig: Die Arbeit an der Ausstellung bietet ihnen Einblicke in ein spannendes Berufsfeld. In den kommenden Monaten übernehmen die Studierenden regelmäßig Führungen durch die Ausstellung.
Ein Jubiläum als Anlass
Der Anlass für das Projekt ist das 550-jährige Jubiläum der Fertigstellung des Baumeisterbuchs. Im Februar 2025 fand an der Tucher Kulturstiftung bereits ein von den beiden Kuratoren organisierter wissenschaftlicher Workshop zur Bauverwaltung in der Frühen Neuzeit statt, dessen Beiträge in einem Begleitband zur Ausstellung bei der University of Bamberg Press erscheinen. Der Band wird parallel zur Ausstellung veröffentlicht und steht voraussichtlich ab Ende Dezember 2025 frei zugänglich online zur Verfügung unter: https://fis.uni-bamberg.de/handle/uniba/66365
Bild "2025-11-21_Ausstellung_Baumeisterbuch_Seminar (3)(8.9 MB)“: Ende November, kurz vor der Ausstellungseröffnung, beschäftigten sich die Studierenden im Schloss Schoppershof, dem Sitz der Tucher Kulturstiftung, intensiv damit, wie Führungen durch eine Ausstellung anschaulich gestaltet werden können.
Quelle: Hannah Fischer/Universität Bamberg
Bild "2025-11-21_Besuch GNM(3.0 MB)“: Studierende der Universität Bamberg sowie die Kuratoren Andreas Huth und Florian Abe im Foyer des Germanischen Nationalmuseums. Dort bereiteten die Studierenden ihre thematischen Führungen vor und übten sie an den Originalexponaten der Ausstellung „Baustelle Nürnberg“.
Quelle: Florian Abe/Tucher Kulturstiftung
Bild "HsMerkel1_00007(1.6 MB)“: Ansicht einer Seite aus dem Baumeisterbuch des Endres Tucher. Die überlieferte Handschrift dokumentiert Arbeitsabläufe, Verantwortlichkeiten und alltägliche Herausforderungen der Nürnberger Bauverwaltung im 15. Jahrhundert.
Quelle: Germanisches Nationalmuseum, Leihgabe der Paul Wolfgang Merkel’schen Familienstiftung, [Tresor] Merkel Hs 2° 1
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Professur für Kunstgeschichte mit besonderer Berücksichtigung der künstlerischen Techniken
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