Joanna Graichen testet Installation zur Verbesserung der HandhygieneCarlo Stingl/Universität Bamberg

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Joanna Graichen testet die Installation.

 Innenleben eines smarten SeifenspendersCarlo Stingl/Universität Bamberg

Das Innenleben des smarten Seifenspenders, der den Seifenverbrauch misst, sieht komplex aus.

Bessere Handhygiene durch „Live-Feedback“

Forschungsteam der Universität Bamberg entwickelt System zur Verbesserung der Handhygiene in Krankenhäusern und Kindergärten.

In Deutschland sterben jedes Jahr 10.000 bis 20.000 Menschen aufgrund von Krankenhaus-Infektionen. Kindergartenkinder in Deutschland durchlaufen meist mehrere ansteckende Krankheiten pro Jahr. Häufige Ursache ist eine mangelhafte Handhygiene. Ein Forschungsteam der Universität Bamberg hat ein alltagstaugliches System entwickelt, um die Handhygiene in Krankenhäusern und Kindergärten dauerhaft zu verbessern. Damit kann Infektionskrankheiten vorgebeugt werden. „Das Thema hat nicht nur in Zeiten der Pandemie hohe Relevanz“, sagt Prof. Dr. Thorsten Staake, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Energieeffiziente Systeme, der das Projekt gemeinsam mit den wissenschaftlichen Mitarbeitenden Joanna Graichen und Carlo Stingl durchführt.

Nutzerinnen und Nutzer erhalten direkt nach dem Händewaschen eine Rückmeldung

Die drei Forschenden haben mit Unterstützung ihrer Kooperationspartner ein digitales System entwickelt, das darauf abzielt, Handhygiene dauerhaft zu verbessern. Es besteht aus smarten Wasserhähnen und Seifenspendern sowie einem Display, das direkt neben dem Waschbecken angebracht ist. Das Display zeigt bereits während des Händewaschens Anweisungen an. Durch Messung des Wasser- und Seifenverbrauchs wird der Handwaschvorgang bewertet, und die Nutzerin oder der Nutzer erhält direkt nach dem Händewaschen eine Rückmeldung.

Das System kommt bereits bei einer Feldstudie an zwei Universitätskliniken sowie zwei Kreiskrankenhäusern zum Einsatz. Über 40 digitale Armaturen wurden an den Standorten eingerichtet. „Die Nutzerinnen und Nutzer der jeweiligen Waschbecken in den Kliniken bekommen Live-Feedback zu ihrer Handhygiene“, erklärt Carlo Stingl. „Die Daten der einzelnen Handwaschvorgänge werden außerdem gesammelt und aufbereitet, um den Kliniken Daten für ihr Qualitätsmanagement zur Verfügung zu stellen.“ Darüber hinaus werden die Daten genutzt, um Verhaltensänderungen messbar zu machen und zu untersuchen, inwiefern sich Gewohnheiten ausbilden. Insgesamt erwarten die Forschenden Daten von über 100.000 Handwaschvorgängen.

Kinder erlernen spielerisch gute Handhygiene

Eine angepasste Variante des Systems wird derzeit in Kindergärten in Deutschland und Finnland in Kooperation mit der Universität Turku (Finnland) eingerichtet. Auf dem Display sehen die Kinder während des Händewaschens Schritt für Schritt den korrekten Ablauf in einer Animation. Anschließend gibt das System ein kindgerechtes visuelles Feedback. „Kinder erlernen so spielerisch gute Handhygiene“, erklärt Joanna Graichen. „Die Kinder, ihre Eltern sowie die Erzieherinnen und Erzieher werden zu verschiedenen Zeitpunkten der Studie befragt, um die Verhaltensänderungen der Kinder in Bezug auf das Händewaschen besser zu verstehen“, ergänzt Graichen.

„Es ist denkbar, das digitale System in Zukunft so weiterzuentwickeln, dass es auch in anderen Gebieten angewendet werden kann“, meint Joanna Graichen. Zum Beispiel sei eine Installation in Altenheimen und der Gastronomie denkbar. Und schon jetzt zeichnet sich ab, dass das digitale System Vorteile gegenüber anderen Methoden hat: Neben Informationspostern, die in Sichtweite von öffentlichen Waschbecken angebracht sind, oder Lehrvideos gibt es bereits Video-Monitoring-Systeme, die die Einhaltung der Handhygiene-Standards überprüfen. „Poster oder Schulungen zeigen meist nur wenig oder kurze Wirkung. Der flächendeckende Einsatz von Videosystemen ist teuer“, erklärt Graichen. „Im Vergleich zu diesen Methoden ist das neue System einerseits kostengünstiger und andererseits effektiver.“

Finanziert wird das Projekt mit rund 1 Million Euro durch Business Finland. Ein Anteil von rund 250.000 Euro geht dabei an die Universität Bamberg. Der übrige Betrag steht den Kooperationspartnern zur Verfügung. Dabei handelt es sich um die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, das Unternehmen Amphiro mit Sitz in Zürich, das die digitale Infrastruktur für das Projekt schafft, sowie den Armaturenhersteller HANSA.

Einen ausführlichen Artikel zum Forschungsprojekt sowie weitere Artikel rund um das Thema „Mensch und Maschine“ finden Sie in der aktuellen Ausgabe des Magazins „uni.vers Forschung“ der Universität Bamberg: www.uni-bamberg.de/univers-forschung

Viele Beiträge im Magazin „uni.vers Forschung“ 2021 gehören zum Forschungsschwerpunkt „Digitale Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaften“ der Universität Bamberg: www.uni-bamberg.de/forschung/profil/digitale-geistes-sozial-humanwissenschaften

Bild „Testinstallation“(1.7 MB): Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Joanna Graichen testet die Installation.
Quelle: Carlo Stingl/Universität Bamberg

Bild „Seifenspender“(1.3 MB): Das Innenleben des smarten Seifenspenders, der den Seifenverbrauch misst, sieht komplex aus.
Quelle: Carlo Stingl/Universität Bamberg

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Prof. Dr. Thorsten Staake
Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insbesondere Energieeffiziente Systeme
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