feRNet ist das neue Mentoring-Programm zur Frauenförderung

16 Nachwuchswissenschaftlerinnen sind im ersten Jahrgang...

... darunter Stefanie Scholz (rechts, mit ihrer Mentorin Susanne Esslinger)...

... und Aysun Yasar (links, mit ihrer Mentorin Lale Behzadi).

- Katja Hirnickel

Fair vernetzt zum Erfolg

Frauen-Mentoring unterstützt bei akademischer Karriere

„Es gibt viele Habilitanden, aber nur wenige freie Stellen in meinem Fachbereich. Deshalb werde ich nicht nur exzellente Forschungsleistung, sondern auch Netzwerke brauchen“, sagt Stefanie Scholz, Doktorandin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Marketing. Diese Erkenntnis war einer der Gründe, warum sie sich bei feRNet beworben habe. Die Frauenbeauftragten Prof. Dr. Margarete Wagner-Braun, Prof. Dr. Ada Raev und Prof. Dr. Iris Hermann haben feRNet (female Research Network) ins Leben gerufen, das neue Mentoring-Programm der Universität Bamberg für Frauen. Finanziert wird das Programm aus der Förderung, die die Universität Bamberg im Rahmen des Professorinnenprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bekommen hat. Der erste Jahrgang startete im April 2011. Die 16 jungen Wissenschaftlerinnen erhoffen sich Unterstützung für ihre akademische Laufbahn in Form von Ratschlägen und Diskussionsmöglichkeiten. Eine Mentorin oder ein Mentor aus der Wissenschaft steht jeder von ihnen für 18 Monate zur Seite. Durch Reisekostenzuschüsse oder die Übernahme von Konferenzgebühren unterstützt feRNet die Teilnehmerinnen, die sogenannten Mentees, finanziell.

Als Fachkompetenz wahrgenommen werden

Anders als bei inoffiziellen Mentoring-Beziehungen ist das Verfahren bei feRNet transparent: Die Mentees selbst schlagen ihre Wunschkandidaten vor, die daraufhin zustimmen oder ablehnen können. Viele Mentees haben fachgleiche oder fachnahe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gewählt, Voraussetzung war dies jedoch nicht. Ein Vorteil des Bamberger Programms ist, dass sowohl Mentorinnen und Mentoren aus der Universität Bamberg als auch aus anderen Universitäten zugelassen sind. Nur eine Mentee hat einen Mann als Ansprechpartner gewählt. Die anderen entschieden sich für Frauen, da diese meist einen besseren Einblick in die Problematik haben, sich als Frau in der Wissenschaft beweisen zu müssen. „Man hat es als Frau schwer, weil Männer einen eben auch als Frau wahrnehmen und nicht ausschließlich als Fachkompetenz“, erklärt Stefanie Scholz' Mentorin, Prof. Dr. Susanne Esslinger, Hochschule Aalen und Lehrstuhl für Unternehmensführung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Darum sei es für manche Fragestellungen sinnvoller, sich an jemanden zu wenden, der bereits ähnliche Erfahrungen gemacht hat – eine Frau aus der Wissenschaft eben.

„Männer sind von Natur aus die besseren Networker“

Die Entscheidung, ein Programm speziell zur Frauenförderung ins Leben zu rufen, begrüßten alle Teilnehmer der Auftaktveranstaltung von feRNet am 9. Mai 2011. Neben den Universitätsfrauenbeauftragten und der Vorsitzenden von Mentoring e.V. Christine Kurmeyer begrüßte Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert die neuen Mentees und steckte das Idealziel fest: „Lehrstuhlinhaber sollten nicht nach Genderaspekten berufen werden – diese dürfen überhaupt keine Rolle mehr spielen neben der fachlichen Qualifikation.“ Bis es soweit ist, bräuchten vor allem Frauen im akademischen Mittelbau Unterstützung. Denn es bestehe ein großer Unterschied zwischen der Erstqualifikation und der akademischen Endstufe: Zwar sind über 60 Prozent der Studierenden weiblich und immerhin noch über 50 Prozent der Promovenden, aber nur 45 Prozent des wissenschaftlichen Mittelbaus, 29 Prozent der Professorenschaft. Nur 21 Prozent der Lehrstühle werden von Frauen geleitet. „Männer sind von Natur aus die besseren Networker“, pflegen ihre Beziehungen strategischer, so Scholz. Darum profitieren Frauen von einem strukturierten Mentoringprogramm stärker und brauchen es auch mehr.

Kein Ersatz für Doktorvater

Generell erwarten die Teilnehmerinnen von feRNet keine fertigen Lösungen für ihre Probleme, sondern die Möglichkeit, sich „auf Augenhöhe“ über potenzielle Lösungsansätze austauschen zu können. Die eigene Mentorin ist dabei nur eine Ansprechpartnerin unter vielen; der Kontakt zu den anderen Nachwuchswissenschaftlerinnen ist genauso wertvoll. Dass die Mentees aus verschiedenen Fakultäten kommen, erleichtert den interdisziplinären Austausch. Die meisten sind Doktorandinnen, es finden sich aber auch zwei Post-Doktorandinnen und eine Habilitandin unter ihnen.

Die Mentees haben alle einen Doktorvater bzw. eine Doktormutter. Die Mentoring-Beziehung soll dies nicht ersetzen, sondern zusätzliche Ratschläge zu wissenschaftlichem Betrieb, Zeitmanagement, Finanzierungsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven geben. Scholz fühlt sich von ihrem Doktorvater fachlich sehr gut betreut. Er habe sich über ihre Aufnahme in feRNet sehr gefreut, sagt sie. Von ihrer Mentorin erhofft sie sich aber persönliche Ratschläge, da auch diese vermutlich schon mit ähnlichen Karriereüberlegungen habe kämpfen müssen. Ein paar fachliche Tipps, beispielsweise zur Optimierung ihrer Forschung und Veröffentlichungen, seien darüber hinaus natürlich auch willkommen.

Gegenseitiger Einfluss

Die Mentorinnen ziehen – zumindest im Idealfall – auch Vorteile aus ihrer Mentorenschaft. Esslinger freut sich über kleine Erfolge und dass man „Spuren im Karriereleben der Mentee hinterlässt“. Außerdem hilft die Mentee bei der Selbstreflexion. Immerhin bedeuten Diskussionen auf Augenhöhe und ohne Angst vor Sanktionen, dass beide Seiten einem ehrlich-kritischen Blick standhalten können und müssen. Und natürlich vergrößern auch die Mentorinnen selbst ihr Netzwerk, da ihre Mentees im Idealfall selbst einmal Lehrstuhlmitarbeiterinnen oder -inhaberinnen sein werden. „Als Mentorin muss man aber aufpassen, dass man die Nachwuchswissenschaftlerinnen primär motiviert und nicht gleich desillusioniert“, warnt Esslinger.

Legitimer Wunsch nach Selbstverwirklichung

Aysun Yasar ist eine der zwei Post-Doktorandinnen im feRNet-Mentoring. Sie promovierte im Fach Islamwissenschaft über islamische Organisationen in Deutschland und will sich jetzt habilitieren. Anders als Stefanie Scholz hat sie eine Mentorin von der eigenen Universität gewählt: Prof. Dr. Lale Behzadi ist Inhaberin der Professur für Arabistik. Yasar wählte sie aus, weil beide Frauen einen „sogenannten Migrationshintergrund“ hätten. Für sie selbst spiele der Migrationshintergrund keine Rolle: „Ich bin nicht anders, ich werde höchstens anders gemacht.“ Wie aber kann und soll man im Berufsleben damit umgehen? Yasar glaubt, dieses Thema werde in ihrer Zukunft wichtig bleiben und spiele darum auch jetzt eine große Rolle für sie als Mentee. „Karriereplanung ist als Frau schon anstrengend genug“, betont sie.

Außerdem sei das klassische Thema, die Vereinbarkeit von Familie und (wissenschaftlicher) Karriere, für ihre Wahl entscheidend gewesen: Lale Behzadi hat Kinder und einen berufstätigen Mann. „Im Moment steht zwar meine Arbeit an erster Stelle“, erklärt Yasar, „aber vielleicht möchte ich später eine Familie gründen.“ Ihre Mentorin kann ihr dabei weiterhelfen: mit praktischen Ratschlägen, als Motivatorin, als Vorbild. „Der Wunsch, alles zu wollen, nämlich Familie und Karriere gleichzeitig, ist nicht unverschämt, sondern legitim“, sagt Behzadi selbst zu diesem Thema.

Ratschläge von der großen Schwester

Yasar und Behzadi haben sich bereits einige Male getroffen. Die Mentorin habe Yasar darin bestärkt, auch einmal ohne schlechtes Gewissen Nein zu sagen, erzählt die Post-Doktorandin, selbst wenn man dann eine interessante ehrenamtliche Tätigkeit ablehnen muss. Das sind Ratschläge, wie man sie von einer guten Freundin oder der großen Schwester erwartet. Von Jemandem, der einen selbst oder zumindest die Situation gut kennt und dem man vertraut. Dem man sich öffnen kann, weil man keine negativen Konsequenzen fürchten muss. Dabei ist die große Schwester wie auch die Mentorin jemand, der einem Dinge sagt, die man gar nicht so gerne hören möchte, die einem aber die Augen öffnen. Genau darum geht es bei feRNet: Kontakt auf Augenhöhe, wie man ihn im normalen Berufsleben einfach zu selten bekommt.

Ansprechpartnerin und weitere Informationen:

Programmkoordinatorin für feRNet ist Dipl.-Soz. Rosemarie Fleck. Informationen über Programmziele, Teilnahmebedingungen und Bewerbungsverfahren von feRNet gibt es auf der Internetseite des Mentoring-Programms.