Der Hans-Löwel-Wissenschaftspreis wurde dieses Jahr zum achten Mal vergeben (Fotos: Andrea M. Müller).

Glückliche Preisträgerinnen und Preisträger (v.l.): Eva Ruffing, Jens Kratzmann, Annick Sperlich, Bettina Full und Katharina Valta

Präsident Godehard Ruppert übergibt den Preis an Jens Kratzmann.

- Monica Fröhlich

Ein außergewöhnliches Mäzenatentum

Hans-Löwel-Wissenschaftspreis vergeben

Die Universitäten stehen unter großem finanziellen Druck: In immer größerem Umfang müssen sie sich um die Finanzierung von Forschungsprojekten kümmern, ihre Lehrenden selbst bezahlen und Stipendien für ihre Studierenden akquirieren. Die Universität Bamberg mit ihrem großen geistes- und sozialwissenschaftlichen Schwerpunkt muss in der strukturell eher schwächeren Region Oberfranken außerordentliche Anstrengungen unternehmen, um Drittmittel, Spenden und Stipendiengelder einzuwerben. Da ist ein Abend wie der am Samstag, den 13. Oktober, in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes:

Im stimmungsvoll dekorierten Hörsaal des Gebäudes An der Universität 7, in dem zu Semesterzeiten täglich 1000 Studierende Vorlesungen hören, sitzen ca. 80 Gäste an festlich gedeckten Tischen, unter ihnen fünf der sechs Preisträgerinnen und Preisträger des Hans-Löwel-Wissenschaftspreises, der an diesem Abend zum achten Mal verliehen wird.

Eine beispielhafte Großzügigkeit

Kurz vor seinem Tode im Jahr 1996 hatte der in Plauen geborene Bamberger Textilkaufmann zusammen mit seiner Frau Edith eine Stiftung gegründet und mit mehreren Millionen Euro ausgestattet. Einen Teil des Zinsertrags darf die Universität Bamberg seit 16 Jahren an ihren herausragenden wissenschaftlichen Nachwuchs vergeben. Anfang des Jahres 2012 ist das für den Wissenschaftspreis vorgesehene Vermögen der Stiftung, insgesamt
750 000 Euro, nach dem Willen Hans Löwels der Universitätsstiftung überantwortet worden, die nun erstmals selbst die Preise vergab.

Fünf Promovierende und eine Habilitandin kommen 2012 in den Genuss des großzügigen Förderpreises: der Pädagoge Jens Kratzmann, der Soziologe Tomas Marttila, die Politikwissenschaftlerin Eva Ruffing, die Anglistin Annick Sperlich, die Betriebswirtin Katharina Valta und die Romanistin Bettina Full erhalten insgesamt 22.000 Euro für ihre herausragenden Promotionen bzw. für ihre Habilitation.

Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert, der in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vorstands der Universitätsstiftung begrüßt und durch den Abend führt, würdigt das besondere Engagement Hans Löwels: Er sei ein Mäzen der besonderen Art gewesen, dessen beispielhafte Großzügigkeit weit über das normale Maß hinausgegangen sei und der Universität eine Nachwuchsförderung ermögliche, die deutschlandweit außergewöhnlich und höchst beachtenswert sei.  

Im Vordergrund steht die wissenschaftliche Erkenntnis

Die Titel der ausgezeichneten Arbeiten zeigen, dass nicht nur unmittelbar gesellschaftsrelevante Themen für preiswürdig erachtet werden, sondern auch solche, deren Ergebnisse und Erkenntnisse erst beim genauen Hinsehen neue Einsichten in historische Zusammenhänge oder kulturelle Sachverhalte offenbaren.

  • Türkische Familien beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Einschulungsentscheidungen in der Migrationssituation (Dr. Jens Kratzmann)
  • The Specters of Entrepreneur – Construction of the Entrepreneur in Swedish Political Discourse 1991-2004 (Dr. Tomas Marttila)
  • Die europäische Wertpapierregulierung zwischen Input- und Output-Legitimität. Das Lamfalussy-Verfahren (Dr. Eva Ruffing)
  • Family and Friends. Generation in Medieval Romance (Dr. Annick Sperlich)
  • Brand Personalities and Consumer-brand Relationships as elements of successful brand management (Dr. Katharina S. Valta)
  • Liebesbildlichkeit und ästhetische Erfahrung in der italienischen Lyrik von den Anfängen bis zur Renaissance (PD Dr. Bettina Full)

Das hinter dieser inhaltlich offenen Förderung stehende Wissenschaftsverständnis von Hans Löwel ist heute nicht mehr selbstverständlich. Es ging dem Förderer und seiner Frau nicht um den unmittelbaren Nutzen von wissenschaftlicher Arbeit, um möglichst rasch verwertbare Ergebnisse – sondern um Erkenntnis. Dass diese in den verschiedenen Disziplinen auf ganz unterschiedliche Weise gewonnen wird und im Ergebnis ganz unterschiedlich aussehen kann, war dem Mäzen Hans Löwel bewusst. Ein Glück für die Universität Bamberg.