In einer kleinen Provinzstadt taucht plötzlich ein maskierter, weiß gekleideter Fremdling auf (Bilder: Rainer Schönauer).

Bald als „Nasi“ bekannt sorgt sein Erscheinen zunächst für Angst und Schrecken.

Doch schließlich werden fast alle Bewohner, mehr oder weniger freiwillig, selbst zu Nasis.

Die Aula des Franz-Ludwig-Gymnasiums war voll besetzt.

- Rainer Schönauer

Die „Nasis“ kommen

Das Franz-Ludwig-Gymnasium inszeniert zusammen mit der Uni Bamberg ein Theaterstück

Liebe, Nietzsche, Jugendmedienformate, René Magritte, Tanz, Theaterklassiker, Verstehen, Wissenschaft und Zahlenmystik – und das alles in einem Theaterstück? Geht nicht? Geht schon! Das Theaterstück „Die Nasis“ bildete am 13. und am 16. April den Abschluss eines preisgekrönten Projekts des Franz-Ludwig-Gymnasiums und der Universität Bamberg.

Alles könnte so schön sein. In einem Straßencafé treffen die Bewohner einer kleinen Provinzstadt aufeinander – ein buntes Treiben verschiedener Charaktere und ihrer Lebensweisen. Da trampelt plötzlich eine fremde, weißgekleidete Gestalt durch die Szenerie. Die Ruhe ist dahin. Angst und Unsicherheit machen sich unter den Bürgern breit. Anfängliche Zweifler müssen einsehen, dass die Fremden, die bald unter dem Namen „Nasis“ bekannt werden, tatsächlich existieren. Und es werden immer mehr! Erst 7, dann 11, dann 47. Ihr Egoismus, ihr Starrsinn und ihre Streitlust färben mehr und mehr auf die Bürger ab, die zunächst gewaltsam von den Nasis in ihren Bann gezogen werden, sich ihnen aber bald sogar freiwillig anschließen.

Doch es gibt eine Ausnahme: Der heruntergekommene, gleichgültige und ständig betrunkene Behringer widersetzt sich den Fremden und sagt ihnen den Kampf an. Selbst als sein bester Freund Hans, sein Arbeitskollege Stech und seine heimliche Liebe Daisy sich praktisch ohne Gegenwehr und vor seinen Augen in die Reihen der Nasis einordnen schwört sich Behringer, er selbst zu bleiben: „Mich kriegt ihr nicht! Ich bin ich!“ Vorhang. Applaus.

Abschluss eines preisgekrönten Projekts

Die Erleichterung nach der Vorstellung war allen Beteiligten deutlich anzusehen. Bis auf den letzten Platz war die Aula des Franz-Ludwig-Gymnasiums in Bamberg am 13. April besetzt. Unter den Zuschauern war auch die Slampoetin und jetzige Leiterin der Villa Concordia Nora Gomringer. Das Theaterstück „Die Nasis“, das sich recht streng an das Originaldrama „Die Nashörner“ des rumänisch-französischen Dramatikers Eugène Ionesco hielt, war für viele der darin auftretenden Kollegiatinnen und Kollegiaten der Höhepunkt des Schuljahres, für die Abiturientinnen und Abiturienten sogar der krönende Abschluss ihrer Schullaufbahn. Ein Abschluss war es aber auch für das Projekt „Wissenschafts-Cluster-Theater: Liebe verstehen hoch drei“ des Lehrstuhls für Persönlichkeitspsychologie der Universität Bamberg, das 2009 mit dem Hochschulpreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ausgezeichnet wurde. 

„Ziel des 2008 gestarteten Projekts ist es gewesen, Schülerinnen und Schüler für wissenschaftliche Themen zu begeistern, ihnen ‚spielerisch‘ das Arbeiten mit wissenschaftlichen Inhalten näher zu bringen und den Austausch von Schule und Universität zu vertiefen“, erläutern die Projektleiterin Dipl.-Psych. Claudia Schmitt und Lehrbeauftragter Dipl.-Päd. Michael Schmitt. Dazu sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Praxis-Seminars „Kreativitätsstrategien und deren Umsetzung im darstellenden Spiel“ am Franz-Ludwig-Gymnasium verschiedene, im Projekt vorgegebene Elemente, so genannte Cluster, wissenschaftlich aufarbeiten, miteinander verbinden und schließlich als geschlossenes Theaterstück aufführen.

Theater ist keine Zeitverschwendung

Doch der Weg dorthin war lang. Weil das P-Seminar die Umsetzung eines abendfüllenden Stückes nicht alleine leisten konnte, kam es zu einer engen Kooperation mit dem Grundkurs Drama. Dass Lehrerin Julia Behr beide Theatergruppen leitete, erleichterte die Zusammenarbeit. Trotzdem gab es anfangs von Seiten der Grundkursteilnehmer Bedenken,  die einzuarbeitenden Cluster könnten die Kreativität der Schauspieler einschränken.

Zudem musste ein Team von insgesamt rund 80 Leuten, bestehend aus Schauspielern, Tänzern, Musikern und Technikern koordiniert und aufeinander eingespielt werden. Hier habe sich gezeigt, wie wichtig strukturiertes Arbeiten sei, so Julia Behr. Das bestätigt auch Claudia Schmitt: „Es ging nicht primär darum Wissen zu vermitteln, sondern die Kreativität und die Teamarbeit zu fördern und den richtigen Umgang mit Stresssituationen zu erlernen.“ Deswegen sieht Schuldirektor Heinz Pfuhlmann die für Theaterproben geopferten Unterrichtsstunden auch nicht als verlorene Zeit an, im Gegenteil: „Lernen und sich entwickeln ist ein komplexer Prozess. Theater trägt zur Persönlichkeitsentwicklung bei und ist deswegen keine verlorene Zeit.“