SECCOPA

Chancen und Risiken befristeter Beschäftigung

Der ERC fördert Spitzenforschung an den Grenzen des Wissens. Was macht Ihr Projekt SECCOPA außergewöhnlich?

Es ist nicht ein einzelnes besonderes Merkmal, sondern eine ganze Reihe von Merkmalen, die das SECCOPA-Projekt außergewöhnlich machen. Die bisherige Forschung zu den Folgen befristeter Beschäftigung war relativ fragmentiert und konzentrierte sich vor allem auf die Folgen für die berufliche Karriere. Im SECCOPA-Projekt wird der Blickwinkel erweitert, indem die Folgen befristeter Beschäftigung in verschiedenen Lebensbereichen analysiert werden. Eine Besonderheit ist dabei, dass nicht nur die individuellen Folgen, sondern auch die Folgen im Familien- und Haushaltskontext betrachtet werden. Besonderes Augenmerk wird auch auf die Erfassung der zeitlichen Dynamik befristeter Beschäftigung und ihrer Folgen gelegt. Ein besonders außergewöhnliches Merkmal des SECCOPA Projekts ist die stark international vergleichende Perspektive, die auch außereuropäische Länder einbezieht. Damit konnte ich an das besondere Markenzeichen meiner bisherigen Forschung anknüpfen, Länder einzubeziehen, die in der westlich orientierten Forschung bislang wenig Beachtung gefunden haben.

Was möchten Sie mit Ihrem Projekt erreichen?

Die Chancen und Risiken befristeter Beschäftigung werden in Wissenschaft und Gesellschaft kontrovers diskutiert. Ziel des SECCOPA-Projekts ist es, neue empirische Erkenntnisse über die sozioökonomischen Folgen befristeter Beschäftigung zu gewinnen. Es soll besser verstanden werden, wie sich befristete Beschäftigung auf die berufliche Karriere, auf Einkommen und Armutsrisiken sowie auf das subjektive Wohlbefinden auswirkt. Der Blick richtet sich dabei nicht nur auf das Individuum, sondern auch auf die Familien und Haushalte, in denen eine Person lebt. Die bisherige Forschung konzentriert sich stark auf wenige westliche Länder. Durch eine stark international vergleichende Perspektive sollen neue Erkenntnisse über die Rolle befristeter Beschäftigung in unterschiedlichen Länderkontexten gewonnen werden.

Der ERC fördert insbesondere Grundlagenforschung und eröffnet den Forschenden wissenschaftliche Spielräume. Wie sieht das Forschungsdesign von SECCOPA aus?

Das SECCOPA-Projekt verfolgt ein quantitatives analytisch-empirisches Forschungsdesign, bei dem theoriegeleitet Hypothesen abgeleitet und auf der Basis von national repräsentativen Umfragedaten empirisch getestet werden. Im Mittelpunkt stehen Paneldaten, die sich dadurch charakterisiert sind, dass jedes Jahr die gleichen Haushalte und die darin lebenden Personen befragt werden. Auch wenn Paneldaten das Kausalitätsproblem nicht lösen, bieten sie doch mehr Möglichkeiten, die interessierenden Ursache-Wirkungs-Beziehungen so gut wie möglich herauszufiltern. Außerdem ermöglichen Paneldaten eine dynamische Perspektive. So können beispielsweise die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen befristeter Beschäftigung unterschieden werden. Darüber hinaus ist es möglich, die Auswirkungen von Übergängen zwischen Beschäftigungszuständen, z.B. von Arbeitslosigkeit zu befristeter Beschäftigung oder von befristeter zu unbefristeter Beschäftigung, oder sogar von ganzen Abfolgen von Beschäftigungszuständen, so genannte Sequenzdaten, zu untersuchen.

Das Forschungsdesign von SECCOPA ist zudem durch ein Mehrebenendesign charakterisiert. Es geht nicht nur um die individuellen Folgen befristeter Beschäftigung, sondern auch um die Folgen im Haushaltskontext. So wird beispielsweise untersucht, wie sich eine befristete Beschäftigung auf das Wohlbefinden des Partners auswirkt. Oder ob das Armutsrisiko eines Haushalts gleichermaßen sinkt, wenn ein Haushaltsmitglied aus der Arbeitslosigkeit in eine befristete Beschäftigung wechselt, verglichen mit dem Wechsel aus der Arbeitslosigkeit in eine unbefristete Beschäftigung. Im internationalen Vergleich wird analysiert, wie die Folgen befristeter Beschäftigung durch den institutionellen, kulturellen und strukturellen Kontext der Länder beeinflusst werden.

Warum ist die Universität Bamberg der ideale Ort für ihr Forschungsprojekt?

Die Universität Bamberg ist einer der führenden Standorte für Soziologie in Deutschland und hat auch international einen sehr guten Ruf. Das gehört zwar nicht zu den Begutachtungskriterien des ERC, bietet aber ein attraktives Umfeld, um ein solches Projekt anzusiedeln. Hier in Bamberg hat unser Projektteam sehr gute Anknüpfungspunkte gefunden, zumal sich die Bamberger Soziologie wie auch das SECCOPA-Projekt durch eine starke analytisch-empirische Ausrichtung auszeichnet. Ein weiterer Aspekt, der für Bamberg als idealen Standort spricht, ist die hervorragende Unterstützung durch die Universitätsleitung. Bereits bei meiner Berufung an die Universität Bamberg wurde ich von der Universitätsleitung motiviert, mich um einen ERC Grant zu bewerben. Bei der Vorbereitung und Durchführung des Projekts wurde ich von der Universitätsleitung beim Umgang mit administrativen Problemen hervorragend unterstützt.

Forscher*innen aus der ganzen Welt bewerben sich auf die Förderung des ERC, entsprechend groß ist die Konkurrenz. Was hat Sie dazu motiviert, dennoch einen Antrag einzureichen?

Gerade das hat mich besonders gereizt. Ich habe diese Herausforderung gesucht und mich dem harten Wettbewerb um diese prestigeträchtige Förderung gestellt. Hilfreich war sicher auch der Zuspruch, den ich seitens meiner früheren Mentorinnen und Mentoren sowie der der Universitätsleitung erfahren habe. Darüber hinaus hat mich mein früherer Erfolg bei der Einwerbung und Durchführung von zwei großen internationalen Verbundprojekten darin bestärkt, dass ich ein solches Projekt einwerben und führen kann. Als ich dann eine spannende Projektidee gefunden hatte, die perfekt zu meinem Profil als Wissenschaftler passte, wusste ich, dass der richtige Zeitpunkt für eine Bewerbung gekommen war.

Welche drei Tipps können Sie anderen Antragsteller*innen mitgeben?

Erstens muss man selbst überzeugt sein und idealerweise für das Projekt regelrecht brennen. Im Begutachtungsverfahren wird der Antrag in der ersten Stufe von externen Gutachterinnen und Gutachtern sehr kritisch geprüft und in der zweiten Stufe muss man vor einem großen Gremium Rede und Antwort stehen. Dort kann man nur bestehen, wenn man überzeugend darlegen kann, worin der innovative Beitrag besteht und dass man die ideale Besetzung für die Leitung des Projekts ist.

Zweitens ist Realismus gefragt. Man muss sich selbstkritisch fragen, ob das Projekt ausreichend zum wissenschaftlichen Fortschritt beitragen kann und ob man selbst die notwendige Qualifikation für die Leitung mitbringt. Man muss auch realistisch sein, was die Durchführbarkeit des Projekts angeht. Man muss die Balance finden zwischen Innovation und Machbarkeit.

Drittens sollte man es versuchen und nicht aufgeben. Allzu oft scheitern viele gute Projektideen daran, dass sie gar nicht eingereicht werden. Das passiert, wenn man dem Perfektionismus verfällt oder sich und seine Idee unterschätzt. Erst wenn man einen Antrag einreicht, weiß man, wie gut er ist. Ablehnungen sollten zum Anlass genommen werden, die Projektidee zu überarbeiten oder ganz neu zu überdenken. Das Bewertungssystem ist nicht perfekt. Oft spielt Glück eine Rolle. Deshalb sollte man bei einer Ablehnung nicht zu sehr in Selbstzweifel verfallen und es einfach noch einmal versuchen.

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