Entscheidungen des Wandels: Soziale Normen zwischen Vorstellungen von Tradition und Moderne

In Iran gibt es relativ stark ausgeprägte kollektive Vorstellungen, welche sozialen Normen (hanǧār) mit „der Tradition“ und „der Moderne“ verbunden wären. Ziel der Arbeit ist die Nachzeichnung von Entscheidungsfindungsprozessen zur Anwendung unterschiedlicher sozialer Normen, die häufig mit verschiedene Konstrukten von Tradition und Moderne verbunden werden. Die Arbeit geht davon aus, dass soziale Normen sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene das wesentliche Ordnungs- und Orientierungssystem zur Interaktion mit Anderen darstellt, während es mit anderen normativen Ordnungssystem, wie rechtlichen Vorgaben, konkurriert.

Die These der Arbeit ist, dass in der Praxis in allen untersuchten Gruppen verschiedenen Mischformen von sozialen Normen relevant sind, die sowohl mit „Moderne“ und „Tradition“ assoziiert werden, obwohl die kollektive Meinung in Iran verbreitet erscheint, dass sich mindestens in der Jugend vermeintlich „moderne“ soziale Normen durchgesetzt hätten. Die Arbeit fokussiert auf individuelle Entscheidungen, doch betrachtet diese im Kontext sozialer Gruppen, da davon ausgegangen wird, dass soziale Normen über soziale Netzwerke tradiert werden, in die das Individuum eingebettet ist. Die Normen befinden sich dabei konstant im Wandel, da sie stets individuell im Handeln neu „gemacht“ werden.

Die Arbeit betrachtet wichtige Statuspassagenentscheidungen im Leben eines Menschen und ausgewählte Alltagssituation. So werden Entscheidungen zum Arbeitsbeginn, dem Verlassen des Elternhauses, der Heirat, der Erfüllung eines Kinderwunschs und der Weise der Beerdigung sowie die Weise der Begrüßung, dem Bezahlen im Restaurant und dem Verabschieden betrachtet.

Die Untersuchungsgruppen sollen sowohl aus einem Querschnitt durch die verschiedenen Generationen als auch durch die Stadt- und Landbevölkerung bestehen, da einerseits angenommen kann, dass sich Generationsgruppen unterscheiden, anderseits in Iran die These verbreitet ist, dass die Stadtbevölkerung nach „moderneren“ Normen lebe. Im Kern der Arbeit sollen dabei iranische Familien befragt werden, da diese den Wandel über die Generationen „im Kern“ der iranischen Gesellschaft symbolisieren.