Stadtarchäologie Seligenstadt

Projektleitung: Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, Prof. Dr. Ingolf Ericsson

Förderer: Förderkreis Historisches Seligenstadt e.V., Otto-Friedrich-Universität Bamberg

Mitwirkende Institutionen: Institut für Baugeschichte, Architekturtheorie und Denkmalpflege, Fachgebiet Bau- und Stadtbaugeschichte, TU Berlin

Laufzeit: 01.01.1996 – 31.12.2004

Die interdisziplinäre Auswertung archäologischer, baugeschichtlicher und schrifthistorischer Quellen im Rahmen des Forschungsprojekts ergab ein neues Bild der Ortsgeschichte von Seligenstadt: Die Siedlung geht auf ein römisches Limeskastell zurück, das um 250 n. Chr. aufgelassen worden war. In der Nähe seiner Ruinen entstand der frühmittelalterliche Ort Mulinheim superior, der mit der Unterwerfung des Thüringerreiches unter fränkische Herrschaft kam. 815 gelangte er als königliche Schenkung in den Besitz Einhards, des Biographen Karls des Großen. Wegen der verkehrsgünstigen Lage am Main gründete Einhard hier ein Benediktinerkloster, das mit den aus Rom entwendeten Reliquien der Märtyrer Marcellinus und Petrus ausgestattet wurde. Die Verehrung dieser Heiligen führte zum neuen Ortsnamen "Seligenstadt. In rascher Folge sind aus dieser Zeit insgesamt drei Kirchenbauten bezeugt, von denen nur die bekannte Einhardbasilika bis heute erhalten und sicher identifiziert ist. Im späten 12. Jahrhundert beginnt die zweite Blütezeit der Siedlung: Die strategisch wichtige Lage als Brückenkopf im sonst mainzischen Herrschaftsbereich zwischen den fränkischen und wetterauischen Besitzungen der staufischen Könige führen zum zügigen Ausbau des Ortes unter Friedrich I. Barbarossa und Friedrich II.: mit der erschlossenen Stadterhebung einher geht die Errichtung des Vogteigebäudes (Romanisches Haus), die Aufwertung eines Königshofes zu einem repräsentativen Schloss nach italienischem Vorbild und der Bau von zwei neuen Kirchen. Der mainzische Klosterbereich wird so regelrecht umzingelt. Obwohl Friedrich II. 1237 die Lehnsoberhoheit des Mainzer Erzbischofs bestätigen muss, kann Seligenstadt im 13. Jahrhundert als "Quasi-Reichsstadt" bezeichnet werden. Erst ab 1309 gewinnt der Erzbischof die volle Stadtherrschaft zurück.

Publikationen:

Atzbach 1997
R. Atzbach, Das Palatium in Seligenstadt. Ein Schloßbau Friedrichs I. Barbarossa (Seligenstadt 1997).

Atzbach 1998a
R. Atzbach, Das Palatium in Seligenstadt – Ein „Schloss“ Friedrichs I. und Friedrichs II. In: Th. Biller (Hrsg.), Schloß Tirol. Saalbauten und Burgen des 12. Jahrhunderts in Mitteleuropa. Forsch. Burgen u. Schlösser 4 (Berlin, München 1998) 189–196.

Atzbach 1998b
R. Atzbach, Die St.-Laurentius-Kapelle in Seligenstadt. Ergebnisse der Ausgrabung von 1997 zur Bau- und Stadtgeschichte (Münsterschwarzach 1998).

Atzbach 2009
R. Atzbach, Das Palatium in Seligenstadt. Stadtherrschaft im archäologischen Befund von der Frühgeschichte bis zum 13. Jahrhundert. In: U. von Freeden (Hrsg.), Glaube, Kult und Herrschaft. Phänomene des Religiösen im 1. Jahrtausend n. Chr. in Mittel- und Nordeuropa. Akten des 59. Internationalen Sachsensymposions und der Grundprobleme der Frühgeschichtlichen Entwicklung im Mitteldonauraum. Koll. Vor- u. Frühgesch. 12 (Bonn 2009) 461–480.

Atzbach 2020
R. Atzbach, Das Palatium in Seligenstadt am Main. In: C. Ehlers/H. Grewe (Hrsg.), Mittelalterliche Paläste und die Reisewege der Kaiser. Neue Entdeckungen in den Orten der Macht an Rhein und Main (Oppenheim 2020) 146–163.