Steinerne Zeugen digital. Deutsch-jüdische Sepulkralkultur zwischen Mittelalter und Moderne – Raum, Form, Inschrift

In Deutschland haben sich etwa 2.400 jüdische Friedhöfe vom 11. Jahrhundert an erhalten. Kein anderes europäisches Land besitzt – trotz großer Verluste – eine vergleichbar alte, reiche und vielschichtige Überlieferung. Diese Friedhöfe zählen zu den ältesten Zeugnissen der Sepulkralkultur in Deutschland. Ihre Erhaltung, Dokumentation, Erschließung und Vermittlung ist eine Aufgabe von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Dennoch haben sie bislang nicht die Aufmerksamkeit gefunden, die ihnen als religiös-kulturellen Orten der Erinnerung, als Ausdruck individueller und korporativer jüdischer Identität sowie als historischen, literarischen und materiellen Quellen zukommt.

Das Projekt: Steinerne Zeugen digital (SZd)

Hier setzt das beantragte Projekt an: Durch Auswahl, Sammlung und Edition hebräischer und hebräisch-deutscher Grabinschriften aus dem deutschsprachigen Raum seit dem 16. Jahrhundert sowie durch die Erfassung und Analyse von Form, Struktur, Konstruktion, Material und Erhaltung der Grabmale und ihrer topographischen Anordnung soll ein repräsentatives und durchgängig digitales Text- und Bildkorpus erstellt, dauerhaft gesichert und dokumentiert werden. Anhand dessen können die Grabinschriften, die Grabmalgestaltung und die räumlichen Zusammenhänge auf den Friedhöfen erstmals systematisch diachron wie synchron analysiert und für weitere wissenschaftliche Fragestellungen erschlossen werden.

Das Projekt ist auf 24 Jahre angelegt und gliedert sich in drei Cluster mit insgesamt acht dreijährigen Modulen, die zeitlich und thematisch aufeinander aufbauen. Innerhalb jedes Moduls werden exemplarisch ausgewählte Friedhöfe vollständig dokumentiert; weitere, bereits edierte Gesamt- oder Teilbestände werden vergleichend hinzugezogen.

Die Projektpartner, die die Arbeit in zwei Arbeitsstellen in Essen und Bamberg gemeinsam leisten werden, sehen sich in besonderem Maße für das skizzierte Vorhaben geeignet. Die an der Universität Duisburg-Essen neu berufene Professorin Dr. Lucia Raspe arbeitet als Judaistin seit 1997 auf dem Gebiet des deutschen Judentums. Das Steinheim-Institut in Essen, mit dessen Leitung die Professur verbunden ist, erschließt und erforscht seit mehr als 25 Jahren jüdische Begräbnisstätten in Deutschland. Es bringt seine Datenbank epidat (aktuell 232 digitale Editionen mit 43.676 Grabmalen und 79.827 Bilddateien) ein, die seit 2006 Forschende in aller Welt in open access zur Verfügung steht. Mit der judaistischen Kollegin an der Universität Bamberg, Professorin Dr. Susanne Talabardon, hat das Projekt eine Partnerin, die seit 2008 in Forschung und Lehre große epigraphische Kompetenz insbesondere für die fränkischen Friedhöfe erworben und weitervermittelt hat. Durch die Einbindung von Professorin Dr. Mona Hess, Leiterin des Arbeitsbereiches Digitale Denkmaltechnologien am Kompetenzzentrum für Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien der Universität Bamberg, wird zudem gewährleistet, dass neben den Inschriften auch der Informationsgehalt der materiell vorhandenen Objekte samt ihrer baugeschichtlichen und topographischen Verortung in eine ganzheitliche Betrachtung einfließen kann.

Leitung: Prof. Dr. Lucia Raspe, Prof. Dr. Susanne Talabardon, Prof. Dr. Mona Hess

Fördermittelgeber: Bayerische Akademie der Wissenschaften, Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste

Projektbeginn: 01.01.2023 - Projektende: 31.12.2046

 

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