ForMaD 17.11.2016 - Tablet Apps: Digitale Medien 2.0 für den Mathematikunterricht in der Grundschule?

"Warten können", forderte Günter Krauthausen von der Universität Hamburg vom interessierten, zahlreichen Publikum. Es gilt, den vermeintlichen Zwang jetzt und direkt möglichst viele Inhalte der Mathematik digital unterstützt zu unterrrichten, als vermeintlich zu entlarven und in Ruhe abzuwägen. Krauthausen erinnerte an die von ihm bereits 1992 beschriebene AWARE-Strategie.

Tatasächlich geistern durch die Medien wieder einmal Rufe nach 'kluger' Software und der raschen Digitalisierung (#Digitalpakt D). Viel Geld soll investiert werden, obwohl die geforderte Klugheit der Software -trotz rasanter technischer Entwicklungen- sich in den letzten Jahrzehnten nicht hat herstellen lassen. Die extrem große Spanne der Vielfalt an digitalen Arten wurde im Vortrag genau beschrieben. Die Bilanz blieb jedoch ernüchternd.

Die Erwartungen, durch digitale Medien Heterogenität begegnen zu können, Unterricht zu öffnen, Lernende zu motivieren und Lehrkräfte zu entlasten, kann die Digitalisierung nicht erfüllen. Mehr noch, sollten sich Lehrkräfte auf ihre eigene Expertise besinnen und sich nicht durch eine mutmaßliche Entlastung durch Medien die eigene Professionskompetenz entziehen lassen. Wiederholt verwies Krauthausen auf die Bedeutung des Inhalts (vs. der Verpackung) und warnte vor der Atomisierung der Inhalte. Im Mittelpunkt guten Mathematikunterrichts sollte weiterhin die gut durchdachte Planung stehen und der Einsatz von Apps und anderen Medien als eine Option gedacht werden. Diese Möglichkeit muss sich aber aus dem Inhalt ergeben und den Qualitätsstandards sinnvoller Mathematik und guten Unterrichts standhalten.

In seinen Zukunftsperspektiven hielt Krauthausen für die technischen Lösungen fest, dass diese von Versuchen all-in-one Angebote zu machen, wegkommen müssten. Für den Mathematikunterricht betonte er den Primat der Didaktik und ermahnte zur weiteren Professionalisierung der Lehrkräfte.

Leseanregungen

Krauthausen, G. (2012). Digitale Medien im Mathematikunterricht der Grundschule. Heidelberg: Springer-Spektrum.

Krauthausen, G. (2012). Tablet-Apps – neuer Anlauf für digitale Medien in der Grundschule? In M. Ludwig, M., & M. Kleine (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht (S. 473-476). Münster: WTM.

Krauthausen, G., & Lorenz, J. H. (2007). Computereinsatz im Mathematikunterricht. In G. Walther et al. (Hrsg.), Bildungsstandards für die Grundschule: Mathematik konkret (S. 162-183). Berlin: Cornelsen.

Krauthausen, G. (1992). »Dem Affen Zucker geben« - Zur Geschichtslosigkeit der Mathematiksoftware für die Primarstufe. In Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hrsg.), Werkstattbericht 1: Gestaltung von Unterrichtssoftware (S. 1-23). Soest.

weitere Literatur von Prof. Dr. Krauthausen