Gastvortrag des bildenden Künstlers Jesús Palomino (Spanien)

»Nomadismo, performatividad y crítica democrática (Proyectos 1992-2014)«

Bamberger Vorträge zu Literatur- und Kulturtransfer

Jesús Palomino: Aktivist, Politiker oder Künstler?
Bamberg. Dienstag, 14. Oktober 2014.

Der aus Sevilla stammende Künstler Jesús Palomino hat im Rahmen des Seminars »Artes y Letras ibéricas en el siglo XXI« seine Projekte aus den Jahren 1992-2014 unter dem Motto Nomadentum, Performativität und demokratische Kritik vorgestellt. Der Auftakt der Vortragsreihe verdankt sich der Kooperation des Instituts für Romanistik der Otto-Friedrich-Universität mit dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg, das dieses Jahr sechs Künstler aus Spanien zusammen mit sechs deutschen Künstlern beherbergt. Daher zählten zu den Anwesenden neben dem ebenfalls bildenden Künstler Antonio Montesinos auch der Komponist Alberto Posada, zwei weitere Stipendiaten der Villa Concordia, die ihre Werke innerhalb des von Herrn Prof. Rodrigues Moura geleiteten Seminars noch vorstellen werden.

Was treibt einen Künstler an? Wie arbeitet eigentlich ein Komponist? Wie können wir diesen letzten Satz im Buch eines Schriftstellers interpretieren? Welche Bedeutung hat die weibliche Figur in einem konkreten Werk für den Künstler? An welche Tradition knüpft dessen Kunst an? In dem Seminar stehen die Studierenden nicht nur, wie sonst üblich, im Dialog mit dem zu untersuchenden Werk, sondern können auch direkt Kontakt mit dessen Schöpfer aufnehmen. Dies wird durch das innovative Seminarkonzept möglich, das auf eine enge Kooperation zwischen der Villa Concordia und den Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern zurückgreifen darf.

Jedes Jahr bekommen zwölf etablierte Künstlerinnen und Künstler die Möglichkeit für ein ganzes Jahr in Bamberg zu leben und zu arbeiten. Das Stipendium wird durch das bayerische Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst finanziert – nicht nur um die Kunst zu fördern, sondern auch um das kulturelle Leben im Freistaat zu bereichern und internationale Beziehungen auszubauen und zu pflegen. Die zwölf Stipendiatinnen und Stipendiaten aus den Bereichen bildende Kunst, Literatur und Musik werden vom Kuratorium des Internationalen Künstlerhauses Villa Concordia jedes Jahr aus einem anderen Land neu ausgewählt und betreut.

Der Andalusier Jesús Palomino konnte seine Ideen lebhaft vermitteln und von weitläufigen Reisen für seine Aktionen berichten. Palomino sprach eindrücklich über seine Vorbilder, seine spezifische Techniken, den theoretischen Hintergrund und die sozialen Ambitionen seiner Arbeiten, neben ganz konkreten Schwierigkeiten eines Künstlers und den Reaktionen auf sein Werk. Seine Arbeiten zeichnen sich vor allem durch ihre Kurzlebigkeit und partizipatorischen Charakter aus.

Er selbst reiht seine Arbeit als ortsspezifische Kunst in die sogenannte side specific art ein, die aktuelle Themen, wie z.B. die Verletzung der Menschenrechte oder Probleme durch Umweltverschmutzung ästhetisch und vor allem auch kritisch kommentiert. So baute er in einem seiner Projekte beispielsweise fiktive Verkaufsstände der ärmeren Bevölkerung Panamas nach und stellte diese direkt auf den Parkplatz eines luxuriösen Einkaufszentrums auf, um so auf die krassen sozialen Gegensätze des Landes aufmerksam zu machen. Ein anderes Mal entwarf er eine künstliche Wasserreinigungsmaschine für die Menschen in Serbien, deren Fluss während des Krieges der 90er Jahre durch nordamerikanische Bombenangriffe völlig verschmutzt worden war. Die Maschine sollte, so Palomino, den Wunsch der Bevölkerung nach sauberem Wasser widerspiegeln: ein symbolischer Akt, da die Kontaminierung zu dem Zeitpunkt nicht rückgängig zu machen war.

Trotz seiner politischen und sozialen Motivation bezeichnet sich Palomino nicht als Politiker oder Aktivist, sondern stellte sich den SeminarteilnehmerInnen und GasthörerInnen vielmehr selbstbewusst als lediglich bildenden Künstler vor. Eine Unterscheidung im Selbstverständnis, die erst durch die aufmerksame Auseinandersetzung mit seinen kritischen, verspielten Werken verständlich wird. Die Seminarteilnehmer bedanken sich herzlich für diesen interessanten Einblick in die Arbeitswelt dieses renommierten Künstlers und freuen sich schon darauf die anderen Stipendiaten und deren Werke kennenzulernen.

(die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars, Oktober 2014)