Pelevin-Abend

Es war einmal an einem kalten, nassen Oktobertag, als sich eine Gruppe unerschrockener Studenten zusammenfand, um sich in die wundersame Welt des Theaters zu wagen. Unter ihnen befanden sich erfahrene Spielleute ebenso wie begeisterte Laien. Auf ihrem Weg zur perfekten Inszenierung lagen zahlreiche Hindernisse. Als größtes erwies sich die Auswahl des richtigen Manuskripts. Zahlreiche Vorschläge und etliche schlaflose Nächte später fiel die demokratisch einwandfreie Wahl schließlich auf einen postmodernen russischen Schreiber, bekannt unter dem Namen Viktor Pelevin. Drei Stücke sollten dem Publikum präsentiert werden und es in hemmungslose Begeisterungsstürme versetzen.

Doch bis dahin war es noch ein weiter und beschwerlicher Weg durch das Dickicht der Texte. Während die Schauspieler mit wechselndem Erfolg versuchten, sich nicht nur den Text, sondern auch den Geist ihres Stückes anzueignen, fiel die Wahl des Ortes für das Spektakel auf einen düsteren Keller mitten in der Stadt Bamberg, in dem junge Menschen gerne ihre Nächte verbringen, welche sie dort üblicherweise bei lauter Musik zum Tag machen. 

Nach kräftezehrenden Wochen des Einstudierens von Text, Gestik und Mimik durften die Schauspieler ihr Können auf der Bühne im Morph Club unter Beweis stellen. Doch bevor auch das Publikum das Talent der Gruppe begutachten durfte, verbrachten diese nicht die Nächte, sondern ganze Tage in den dunklen Räumen des Nachtclubs. Es lief nicht immer alles glatt, es wurde gekürzt, geschoben, umgestellt, neue Vorschläge wurden gemacht und teils wieder verworfen. Manchmal hatten die Spielleute direkt Angst, im Chaos zu versinken. Aber trotz aller Turbulenzen dachte niemand ans Aufgeben.

Und endlich kam der Tag des Spektakels: Von nah und fern strömten die Schaulustigen in die Tiefen des Clubs. Dort bot sich ihnen etwas Ungewöhnliches zur Schau: Es war lustig, furchterregend, traurig, überraschend, philosophisch – und einfach phantastisch.

Zunächst entführten einige Kinder das Publikum in die Welt des Ferienlagers. Bei Mondschein und dem Licht einer blauen Laterne wurden Gruselgeschichten erzählt. Mal von einem grünen Sessel, mal von dem roten Fleck – und immer wieder von den Toten. Den Zuschauern lief es eiskalt den Rücken herunter – bis sich ihr Schrecken in einem Lachanfall auflöste.

Als zweites betraten zwei komische, gelb gekleidete Gestalten die Bühne. Wer oder was waren sie? Diese Frage blieb bis zum Schluss offen. Nur wer ganz genau aufpasste, konnte die Antwort erahnen. Sie sprachen über Götter, Gesellschaftsordnung und das Leben hinter der Wand der Welt. Man konnte sie als zwei Außenseiter bezeichnen, die am Schluss jedoch völlig unerwartet als Gewinner aus dem Spektakel hervorgingen.

Die dritte Gruppe landete nach einem schrecklichen Unfall in einer Zwischenwelt. Empfangen vom „leuchtenden Wesen“, sollten sich alle etwas wünschen. Die am Anfang noch sehr menschlichen Wünsche änderten sich im Laufe der Zeit – bis schließlich ihr gemeinsamer Wunsch in einer wundersamen Maschine Gestalt annahm. Nach und nach verließen sie durch diese die Zwischenwelt und landeten dort, wo ihre Seele nun in Glückseligkeit verweilen konnte.

Diese phantastische und abwechslungsreiche Inszenierung wurde von der slavistischen Theatergruppe „ArtEast“ auf die Beine gestellt. Die vielen Stunden harter Arbeit hatten sich wieder einmal gelohnt. „ArtEast“ existiert seit 2009 und hat bereits mehrere phänomenale Werke der russischen Literatur  in der Originalsprache auf Bambergs Bühnen gebracht, darunter Klassiker wie „Eine Dummheit macht auch der Gescheiteste“ von Aleksandr Ostrovskij, „Der Kirschgarten“ von Anton Čechov oder „Der Meister und Margarita“ von Michail Bulgakov. Auch für das Sommersemester 2013 laufen bereits die Planungen. Was wird es diesmal sein? Lassen Sie sich doch einfach überraschen!

Für die großartige Unterstützung und Hilfe bei der Umsetzung des Theaterstückes bedankt sich die Theatergruppe „ArtEast“ herzlich beim Institut für Slavistik der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, insbesondere beim Lehrstuhl für Slavische Literaturwissenschaft. Darüber hinaus dankt die Gruppe der Schulz BüroTechnik Vetrieb GmbH für den Druck der Plakate und Eintrittskarten,

und dem Morph Club Bamberg für die Bereitstellung der Räumlichkeiten und für die Möglichkeit, eine Premierenfeier zu veranstalten. Dank geht an die FTM Agency, Ltd.für das großzügige Überlassen der Aufführungsrechte, sowie an den Autor Viktor Pelevin.

Autoren: DIANA NILOV, PHILIPP DEMLING

Szenenfotos vom Pelevin-Abend (Carolin Cholotta)