Monitoring historischer Oberflächen unter Verwendung von Shearographie und Structured Light Scanning

Inhalt und Ziele

Die Chorschrankenmalereien des 14. Jahrhunderts im Kölner Dom gelten als fragil und gefährdet. Probleme entstehen durch die im 20. Jahrhundert verwendeten hygroskopischen Konservierungsmittel sowie die klimatische Situation im Dom. Bei einer stark schwankenden relativen Luftfeuchtigkeit über 60 % in Verbindung mit schwanken Temperaturen sind schädliche Prozesse unvermeidlich.

Als Grundlage für geplante Konservierungsmaßnahmen wurde ein Monitoring für die Analyse und Überwachung der gefährdeten historischen Oberflächen an den Chorschranken, bestehend aus einer neuartigen Kombination zweier zerstörungsfreier Prüfverfahren NDTs (Shearography und Structured Light Scanning), durchgeführt.

Methode

Shearographie

Bei der Shearographie (Digital Speckle Shearing Interferometry) handelt es sich um eine laseroptische Mikrometertechnik, bei der Licht als Maßstab für die Bestimmung oberflächentopographischer Veränderungen dient. In einem kontrollierten Doppelbelichtungsprozess, mit verschobenen ("gescherten") Bildern, werden Oberflächenmessungen nach einer kurzen Stimulation mit Vakuum, Schallwellen oder Temperatur verglichen. Hierbei kann der Grad einer Verformung oder Dehnung von Materialien und Schichten, durch interferometrische Verfahren, visualisiert und bestimmt werden. Für Untersuchungen der Chorschrankenmalereien wurde eine thermische Anregung von maximal 2° K im Rahmen der Messungen durchgeführt. Die Shearographie ist besten geeignet um Risse, Hohlräume und Materialunterschiede zu detektieren. Im Rahmen des Projekts wurde das Shearographiesystem ISIS 1100 von Steinbichler in Verbindung mit Halogenlampen zur thermischen Stimulation eingesetzt.

Structured Light Scanning

Zusätzlich erfolgte eine dreidimensionale und hochauflösende Dokumentation der Oberflächentopographie mittels Structured Light Scanning. Zum Einsatz kam hierzu ein Comet L3D mit 45 mm Messfeld der Firma Steinbichler. Durch dieses hochauflösende Makro-Messfeld ist eine Oberflächendokumentation mit einem Punktabstand von bis zu 18 μm möglich. Bei einer einzelnen Messung wird jedoch lediglich eine Fläche von ca. 5 x 5 cm erfasst. Für die Dokumentation größerer Bereiche, wie z.B. der Monitoringflächen an der Petrus-Chorschrankenmalerei, wurden mehrere Einzelscans mit einer Überlappung von mehr als 50% kombiniert. Durch die wiederholte Messung derselben Fläche nach längerer Zeit und die anschließende Überlagerung der Oberflächenreliefs können Veränderungen wie Bewegungen, Anwendung oder Materialverlust gezielt erfasst und visualisiert werden.

Kombination der Methoden

Die komplementäre Anwendung von Shearographie, Structured Light Scanning und Fotodokumentation zur Überwachung gefährdeter Wandmalereien zeigte unerwartet gute und zuverlässige Ergebnisse. So ließen sich neben der detaillierten Dokumentation des Gesamtzustandes der Malereien auch konservatorische Maßnahmen wie etwa die Festigung einzelner Malschichten bis zu einer Tiefe von ca. 4 mm nachweisen.

Die allgemeine Dokumentation des Zustands erfolgte hierzu durch die Farbfotografie. Auf diesem Wege können Schäden schnell und einfach bestimmt und lokalisiert werden, anschließend können Monitoringflächen für den Einsatz der anderen Messtechniken gezielt ausgewählt werden. Durch die 3D-Oberflächenvergleiche lassen sich Veränderungen und Bewegungen in den Malereien über einen längeren Zeitraum aufzeichnen und exakt vermessen. Diese Technik liefert zudem klare Indizien für den Umfangs und die Richtung von Bewegungen. Zum Beispiel das Heben und Senken von Farbschollen oder etwa ein Materialverlust. Jedoch ist es mit dem Structured Light Scanning nicht möglich unter die historischen Oberflächen zu schauen. Hier findet sich der enorme Vorteil der Shearographie. Die kurze thermische Stimulation der Oberfläche ermöglicht nicht nur die Unterscheidung von aktiven, inaktiven oder sogar stabilisierten Rissen, sondern auch die Erkennung von Hohlräumen in Tiefen bis zu 4 mm. Die Richtung oder das Ausmaß der Bewegungen kann mit Hilfe der Shearographie jedoch nicht metrisch bestimmt werden.

Wie das Beispiel der Temperamalerei der Petrus-Chorschranke am Kölner Dom zeigt, bietet die Kombination dieser NDTs ein großes Potenzial für die zerstörungsfreie und berührungslose Dokumentation und Überwachung historischer Oberflächen. In künftigen Projekten des KDWT soll diese Verfahrenskombination weiter erprobt und optimiert werden, um gezielt das Witterungsverhalten historischer Verbundwerkstoffe zu erforschen.

Aktuelle Publikation

Rahrig, Max / Lang, Desireé / Hoepner, Sophie / Drewello, Rainer / Füssenich, Peter: High Resolution Monitoring of Historical Surfaces by using Shearography and Structured Light Scanning, 3D Imaging in Cultural Heritage Conference, The British Museum, London 09.-10.11.2017 (Posterpräsentation).

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