Rita Süssmuth überzeugte am Rednerpult in der Universitätsaula mit klaren Standpunkten. (Bilder: Lange)

Sichtlich gut gelaunt sprachen Universitätsrektor Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert und Rita Süssmuth am Rande des Theologischen Forums miteinander.

- Gertrud Lange

Bei Veränderungen ist der Einzelne gefragt

Rita Süssmuth setzt beim Theologischen Forum auf den „Aufbruch von unten“

„Spiritualität bedeutet nicht, dass man die Welt sich selbst überlässt!“, mit diesen Worten rief Rita Süssmuth während ihres Vortrages „Mehr als Ethik! Was Politik und Gesellschaft von der Theologie erwarten dürfen – und was nicht“ am 25. Januar im Rahmen des Theologischen Forums die einzelnen Christen auf, sich zu engagieren. Hauptaufgabe von Kirche und Gläubigen sei es, „das einzufordern, was für eine humane Gesellschaft eingefordert werden muss“ – etwa den Schutz des ungeborenen Lebens, betonte die CDU-Politikerin im vollen Dominikanerbau. 

Süssmuth ermutigte ihre Zuhörer, bei ihrem Einsatz den Streit mit Andersdenkenden nicht zu scheuen. „Wir alle müssen um Maßstäbe ringen, zum Wohl der Menschen“, sagte die ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Gesundheit und Frauenfragen. Menschen, die etwas verändern wollten, suchten sich am besten eine Gruppe Gleichgesinnter, empfahl Süssmuth. Denn: „Die Dinge müssen nicht so bleiben, wie sie sind.“ Veränderungen seien möglich, verlangten aber eben auch einen entsprechenden Einsatz. Bei Enttäuschungen sollten sich besonders ehrenamtlich Tätige nicht entmutigen lassen. Veränderungen – nicht nur in der Politik – brauchten oft Zeit.

Lob für Einsatz der Kirchen

So habe es beispielsweise während ihrer aktiven politischen Tätigkeit eine lang andauernde Debatte darüber gegeben, ob eine geschlechtsspezifische Bedrohung, etwa bei Massenvergewaltigungen, Grund sei, weibliche Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Süssmuth erinnerte an den Einsatz der beiden großen Kirchen, die „nicht müde geworden sind, das Anliegen so lange vorzutragen, bis in der Sache endlich eine Anerkennung erfolgte“.
Nicht umsonst erwarteten die Menschen viel von den Kirchen, so Süssmuth. Gerade sie hätten das Potenzial, öffentlich Gerechtigkeit einzufordern, da sie sich auf Gott als letzten Maßstab beriefen. „Es war zum Beispiel ganz wichtig, wie der vormalige Papst Johannes Paul sich in die Diskussion um den Irak-Krieg eingebracht hat“, betonte Süssmuth. Dadurch habe der katholische Oberhirte ein starkes öffentliches Zeichen gesetzt.

Der Einzelne ist gefordert

Nicht nur die Kirchen als Institutionen, sondern besonders die einzelnen Gläubigen rief Süssmuth auf, sich für eine menschliche Gesellschaft und das Wohlergehen aller einzusetzen und ihre Glaubensüberzeugung öffentlich zu vertreten. „Wir haben keinen Grund, skeptisch und angstvoll auf die Möglichkeiten des Religiösen in unserer Gesellschaft zu blicken“, betonte die CDU-Politikerin. Gerade die Verständigung zwischen verschiedenen Religionsgemeinschaften und Gesellschaftsschichten geschehe nämlich auf zwischenmenschlicher Ebene. Süssmuths größte Hoffung richte sich auf die Zivilgesellschaft, da keine Sozialbehörde leisten könne, was Menschen füreinander tun würden. Viele Probleme ließen sich so zumindest verbessern, etwa der Schutz des ungeborenen Lebens, eine gerechte Arbeitswelt, ein menschenwürdiges Altern, der Dialog der Religionen. Gläubige Menschen seien hier im Vorteil, meinte Süssmuth und gab in kleinem Kreis zu: „Ohne meinen Glauben hätte ich meine politische Arbeit so nicht durchgehalten.“

Der letzte Abend des „Theologischen Forums“ in diesem Wintersemester findet am Donnerstag, 2. Februar, An der Universität 7, Hörsaal 105, um 20 Uhr statt.