Ronald Rinklef

Zusammen mit etwa 80 Mädchen und Jungen diskutierte der Bamberger Soziologieprofessor Elmar Rieger über unser Leben in der Europäischen Union. Foto: Ronald Rinklef

"Wir sind alle Bürger Europas"

Kinder-Uni-Vorlesung über Leben in der EU

Wenn du das hier liest, bist du wahrscheinlich gerade in Deutschland. Und damit mitten in der Europäischen Union! Darum ging's in der Kinder-Uni.

Noch ein paar Wochen Schule, dann sind endlich wieder Ferien. Fährst du mit deiner Familie in den Urlaub? Vielleicht nach Frankreich, nach Dänemark oder in ein anderes Land in Europa? Dann achte mal drauf, was passiert, wenn ihr vom einen in das andere Land kommt. Ääähh ... nichts?!

Genau: "Automatisch überqueren wir Grenzen", sagt Elmar Rieger. Er ist Professor für Soziologie an der Universität Bamberg und erforscht, wie Menschen in einer Gesellschaft zusammenleben.
Zum Beispiel in der Europäischen Union, abgekürzt EU. Das ist ein Bund aus derzeit 28 Ländern in Europa, zu dem auch Deutschland gehört. "Aber die EU ist nicht nur ein Verein, sondern sie hat Bürger", betont der Wissenschaftler. Das bedeutet, wenn wir zum Beispiel Deutsche sind, sind wir Mitglied unseres Staates Deutschland und gleichzeitig Bürger der Europäischen Union.

Leben, wo's einem gut gefällt

Und was bedeutet das für uns? "Jeder EU-Bürger hat das Recht, in einem anderen Land, das zur Europäischen Union gehört, zu studieren, zu arbeiten oder da hinzuziehen, wenn es ihm dort besser gefällt", zählt Elmar Rieger auf.

Er selbst hat eine Zeitlang in Italien studiert. "Dort habe ich mit Franzosen und Spaniern zusammengelebt. Das war eine sehr lebendige Sache. Wenn man Menschen kennenlernt, ist die EU plötzlich kein abstrakter Begriff mehr." Und weil wir alle Englisch in der Schule lernen, klappt's auch einigermaßen mit der Verständigung.

Miteinander zu reden, anstatt sich zu bekämpfen, das war vor 60 Jahren der Wunsch von Frankreich, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Italien und Belgien. "Mit diesen sechs Ländern hat es angefangen. Und dann sind immer mehr dazu gekommen", berichtet Elmar Rieger.
Wir kennen Krieg nur aus dem Fernsehen, aber vor 60 Jahren war das anders. Als die sechs Länder sich zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (der Vorgängerin der EU) zusammenschlossen, war es gar nicht lange her, dass Deutschland diese Länder überfallen und angegriffen hatte. Viele Menschen wurden in diesem Krieg getötet, auch viele junge Menschen. "Aber das ist die Geschichte eurer Großeltern", meint Elmar Rieger. "Heute gibt es keinen Streit mehr darüber, wer in Europa herrscht. Dafür hat die EU sogar den Friedensnobelpreis bekommen!"

Nicht alle sind happy mit der EU

Doch nicht alle sind zufrieden mit der EU. "England will doch nicht mehr dazugehören, oder?", will eine junge Studentin wissen. Der Professor nickt und erklärt das Problem an einem Beispiel: "Zur Europäischen Union gehören 28 Länder. Stellt euch vor, diese 28 Länder wären Schüler einer Klasse, vielleicht eurer Klasse. Ihr dürft entscheiden, wohin der nächste Schulausflug geht. Jeder darf Vorschläge machen." Viele Kinder-Uni-Besucher haben da gleich konkrete Ideen. "Jetzt müsst ihr euch aber auf einen Vorschlag einigen. Und es darf nicht zu teuer werden, damit alle mitkommen können." "Schwierig", meint ein Junge.

Der Professor stimmt ihm zu. "Viele sagen: bei der EU wird immer nur geredet. Aber es dauert halt, bis man sich einigt, und bis alle überzeugt sind." Er empfiehlt, nicht so ungeduldig mit der EU zu sein. "Aber die Mitgliedschaft ist freiwillig", stellt der Professor klar. Die Menschen in Großbritannien haben mehrheitlich dafür gestimmt, die EU wieder zu verlassen. "Aber deshalb gibt es keinen Krieg, sondern Großbritannien und die EU-Regierungen werden viel miteinander reden." Denn das, sagt Elmar Rieger zum Abschluss, ist das beste Mittel gegen Krieg!

Anmeldung zur Kinder-Uni

Am Samstag, den 27. Mai, findet um 11 Uhr die nächste Kinder-Uni-Vorlesung statt. Es geht um das Theater in Europa.

Hinweis

Dieser Artikel von Isabelle Epplé  erschien am 14. Mai 2017 im Fränkischen Tag und wurde mit freundlicher Genehmigung des Fränkischen Tages veröffentlicht.