Abschiedsvorlesung von Prof. Dr. Klaus Bieberstein

Mit einer Vorlesung zum Thema „Raum und Zeit. Alttestamentliche Anregungen zu einer Kritik der religiösen Vernunft“ verabschiedete sich Prof. Dr. Klaus Bieberstein am 16. Juli 2021 nach 21 Dienstjahren an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg in den Ruhestand.

Pandemiebedingt fand die Abschiedsvorlesung online im Beisein von knapp 200 Gästen statt.

Prof. Dr. Klaus Bieberstein ist im Jahr 2000 zunächst als Lehrstuhlvertreter, ab 2001 dann als Inhaber des Lehrstuhls für Alttestamentliche Wissenschaften an die Universität Bamberg gekommen. Davor hat er in Tübingen, Jerusalem und Freiburg (Schweiz) nicht nur Theologie studiert, sondern auch archäologische Praxis gesammelt. Unter anderem hat er zusammen mit Hanswulf Bloedhorn die zu einem Standardwerk avancierte dreibändige Baugeschichte Jerusalems von der frühen Bronzezeit bis in die frühosmanische Zeit erarbeitet und im Rahmen des Tübinger Atlas des Vorderen Orients publiziert.

Nach seiner Promotion zum Dr. theol. an der Universität Tübingen über die Landnahme-Erzählungen des Josua-Buches ist er Assistent an der Universität Freiburg (Schweiz) gewesen. Dort hat er sich mit einer Studie zur eschatologischen Erinnerungslandschaft Jerusalems habilitiert. Bereits in dieser Habilitationsschrift wird ein markantes Charakteristikum des Bieberstein’schen Forschungsprofils deutlich: alttestamentliche Wissenschaften im Austausch mit philosophischen, kulturgeschichtlichen, topographischen und auch systematisch-theologischen Erkenntnissen zu betreiben.  

Auf diese Weise beforscht Klaus Bieberstein bis heute u. a. die Semiotik religiöser Raumerfahrung im Horizont alttestamentlicher Literaturgeschichte. Dabei widmet er sich besonders jenem zentralen jüdisch-christlich-muslimischen Symbolraum, der den Namen der Stadt Jerusalem trägt.  Seinen Analysen geht es um Erinnerungslandschaften des Glaubens, um die Nachzeichnung jener topo-theologischen Erschließung konkreter Lebensräume, in denen die sinnproduktive Arbeit von Religionen die Unanschaulichkeit der göttlichen Wirklichkeit an weltlichen Ortslagen und in deren kulturellen Artefakten manifestiert.

Dabei leitet diese semiologischen Erkundungen kein bloß historisierendes Interesse. Die theologische Arbeit von Klaus Bieberstein prägt vielmehr ein eminenter Gegenwartsbezug. Jeder, dem das Geschenk zuteilwurde, mit ihm im Rahmen einer Exkursion nach Israel/Palästina zu reisen, konnte hautnah erfahren, wie wichtig ihm aktuelle, auch politische Kontexte sind. Diese Exkursionen stellen zugleich ein markantes Merkmal dar, das die Lehrtätigkeit von Klaus Bieberstein in Bamberg auszeichnet.

Gerade für die Studentinnen und Studenten hat Klaus Bieberstein sich stets eingesetzt, sowohl in der eigenen Fachdisziplin, als auch in seiner institutionellen Tätigkeit als Studiendekan der mittlerweile sistierten katholisch-theologischen Fakultät unserer Universität in den Jahren 2000 bis 2004. Überdies engagierte sich Klaus Bieberstein in vielen weiteren Kontexten der akademischen Selbstverwaltung: als Dekan der sistierten Fakultät Katholische Theologie, in den Jahren 2010 bis 2013 als geschäftsführender Direktor des Instituts für Katholische Theologie, das nun im größeren Rahmen der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften angesiedelt ist. Über viele Jahre hinweg bis zur seiner Emeritierung war Bieberstein gewähltes Mitglied des Fakultätsrats der Fakultät Geistes- und Kulturwissenschaften; auch engagierte er sich lange Zeit im Akademischen Beirat der Bamberger Universitätsbibliothek. Und nicht zuletzt ist er Gründungsmitglied des Bamberger Zentrums für Interreligiöse Studien (ZIS). 

Viele Publikationen zeugen von Klaus Biebersteins Forschen. Seine wissenschaftlich-interdisziplinäre Vernetzung wird nicht zuletzt im Band „Zeichenlandschaften. Religiöse Semiotisierungen im interdisziplinären Raum“ deutlich, in dem sich Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen in 27 Beiträgen mit der religiösen Semiotik der Raumerfahrung im Anschluss an Klaus Bieberstein auseinandersetzen.

 

Wir – die Professoren, wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wissenschaftsstützenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Studierenden des Instituts für Katholische Theologie – wünschen Klaus Bieberstein alles erdenklich Gute für seine Zukunft: Möge ihm Gesundheit und Entdeckerfreude vieles von dem ermöglichen, was er sich für die jetzt hoffentlich mit viel Freiraum und Muße gesegnete Zeit erhofft!