Universität Bamberg

Thomas Wabel

Der Weltenwanderer

Thomas Wabel ist neuer Professor für Evangelische Theologie

Thomas Wabel geht gerne zwischen den Welten spazieren. Den Pfarrdienst in Gemeinde und Schule schätzte er ebenso wie jetzt die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Glaubensfragen, Theologie und Philosophie. Fachlich ist er Experte für Dogmatik und Religionsphilosophie. Doch seine Leidenschaft, die hinter allem steht, ist der Blick über den Tellerrand.

Für Schnittstellen, Berührungspunkte und Gemeinsamkeiten interessierte sich Thomas Wabel, seit 1. Oktober 2014 Inhaber des Lehrstuhls für Evangelische Theologie mit dem Schwerpunkt systematische Theologie und theologische Gegenwartsfragen, schon früh.

Da er es sich vorstellen konnte, später einmal in der Geschäftsführung einer kirchlichen sozialen Einrichtung tätig zu sein, entschied sich der gebürtige Darmstädter, neben dem Studium der evangelischen Theologie auch Veranstaltungen in Philosophie und VWL zu belegen. Inhaltlich sieht Wabel bei dieser vermeintlich nicht ganz naheliegenden Kombination bis heute Gemeinsamkeiten: „In der VWL gibt es viele Fragen und Bereiche, die philosophische Aspekte beinhalten, zum Beispiel wenn es um Verteilungsgerechtigkeit geht.“

Nach dem Studium fand er tatsächlich den Weg in die Verwaltung und nahm nach seiner Promotion innerhalb seines Vikariats eine Tätigkeit als Assistent des Vorstands beim Evangelischen Perthes-Werk in Münster auf. „Ich merkte aber schnell, dass ich in der direkten Arbeit mit den Menschen und in der Vermittlung von Inhalten doch mehr Freude hatte als im kaufmännischen Bereich.“ So richtete er seinen Fokus wieder auf die Gemeindearbeit, blieb aber durch Lehraufträge immer mit der universitären Welt verbunden – wie er auch als wissenschaftlicher Assistent während der Habilitation ehrenamtlichen Predigtdienst versah.

Schnittstellen zwischen Gemeindearbeit und Wissenschaft

In der Gemeindearbeit entdeckte er Berührungspunkte zur Wissenschaft, die ihn bis heute faszinieren. Als Pfarrer war es ihm ein Anliegen, die Schicksale der Menschen, die er kennenlernen durfte, zu verstehen und zu würdigen. Verstehen ist zugleich Inhalt, Ziel und – als hermeneutische Disziplin – auch eine wichtige Methode seiner Forschungsarbeit. „Ich möchte den christlichen Glauben und auch das vermeintlich Unverständliche darin verstehbar machen. Daher sind viele Fragen, mit denen ich mich wissenschaftlich beschäftige oder beschäftigt habe, aus der Gemeindearbeit entstanden.“ 

Fachlich gesehen hat Wabels Interesse für Berührungspunkte und Außenperspektiven ihn mittlerweile zu den Lebenswissenschaften wie Medizin, Biologie oder Psychologie hingeführt. Zu Themen wie der Individualisierten Medizin hat er interdisziplinär gearbeitet; das Paradigma der Verkörperung, also die Beschäftigung mit dem Zusammenspiel zwischen Geist und Körper, soll an der Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche Theologie in Bamberg einen künftigen Forschungsschwerpunkt bilden.

Er entdeckte schnell, dass die Außensicht auch und gerade für seine Fachgebiete sehr fruchtbar sein kann. „Für die Dogmatik, in der die Selbstreflexion des christlichen Glaubens im Vordergrund steht und es darum geht, auch Anders- oder Nichtgläubigen das christliche Denken begreifbar zu machen, ist es wichtig, verschiedene Perspektiven einzunehmen, um in Distanz zur eigenen Tradition zu gehen und sich so mit ihr auseinandersetzen zu können.“

Fremdheit als Forschungsinteresse

Diese Erkenntnis lockte ihn auch nach Franken: „Bamberg ist zwar keine große Universität, aber ihr Fächerspektrum bietet für mich viele Anknüpfungspunkte für interdisziplinäres Arbeiten.“ Einen solchen Anknüpfungspunkt sieht er zum Beispiel in einem Thema, das in den letzten Jahren zu einem seiner Forschungsschwerpunkte geworden ist: Fremdheit.

Gemeint ist dabei das Fremdwerden innerhalb der eigenen christlichen Tradition, beispielsweise durch Abgründigkeiten wie der Vorstellung, dass sich Gott durch das Sterben eines gequälten Menschen am Kreuz offenbart. Gemeint sind aber auch fremde Kulturen und eine Auseinandersetzung mit anderen Denkmustern und Glaubensinhalten. Möglichkeiten zum Austausch hierzu bieten sich ihm unter anderem im Bamberger Zentrum für Interreligiöse Studien (ZIS).

Blick hinter das Lehrbuchwissen

Wie passt nun die Lehre ins Bild des Pfarrers und Forschers? Auch hier kommt wieder die Schnittstelle des Verstehens ins Spiel: „Ich habe Spaß daran, zum Verstehen zu befähigen und durch die Reaktionen und Fragestellungen der Studierenden für mich und meine Forschung selbst zu lernen.“ Wegweisend für das, was er neben den fachlichen Inhalten an seine Studierenden weitergeben möchte, ist eine Erkenntnis, die er selbst als Schüler einem Gespräch mit seinem ehemaligen Gemeindepfarrer entnahm.

Ihm wurde bewusst, dass das Studium nicht dazu dient, immer nur in dem bestärkt zu werden, was man sowieso schon zu wissen meint. Sondern der Ertrag eines Studiums genau darin liegen könnte, das, was man immer zu verstehen glaubte, in Frage zu stellen und neu zu durchdenken. „Für mich war das damals sehr wichtig zu hören, weil es mich in einer Phase des Zweifelns bestärkt hat, doch Theologie zu studieren.“ Davon abgesehen ist das allerwichtigste für Wabel: „Neugier. Neugier auf das Fach und darauf, was hinter der Welt des Lehrbuchwissens steckt.“ In Welten, die der eigenen vielleicht nicht nahe sind, aber sich erschließen lassen, wenn man nicht nur Differenzen sieht, sondern auch das, was eint: Schnittstellen, Gemeinsamkeiten, Berührungspunkte.

Hinweis

Diesen Pressetext verfasste Tanja Eisenach für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er kann für redaktionelle Zwecke verwendet werden.

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