Stefan Breitling macht die Kinder auf die verschiedenen Erneuerungen am Bamberger Dom aufmerksam.

Gespannt lauschen die Kinder den Ausführungen. (Fotos: Michael Gründel, Fränkischer Tag)

Das Mittelalter ertasten

Zweite Kinder-Uni-Vorlesung im Semester

Die Sonne scheint auf den Domplatz. In den Schatten eines Steingeländers gedrängelt, stehen knapp 40 Kinder vor Stefan Breitling. Er unterrichtet Bauforschung und Baugeschichte an der Bamberger Uni. „Dabei untersuchen wir die Gebäude, die uns interessieren, ganz genau“, sagt er. „Das geht natürlich nicht immer im Hörsaal.“

Deshalb gibt es bei der zweiten Vorlesung der Bamberger Kinder-Uni in diesem Semester für die kleinen Studenten etwas ganze Besonderes: eine Exkursion zum Bamberger Dom und zur Dombauhütte. Eine Exkursion ist ein Gruppenausflug an einen besonderen Ort, um dort etwas über ihn zu lernen. So etwas machen die großen Studenten auch oft.

„Die Dombauhütte,“ sagt Breitling, „wurde vor knapp 100 Jahren gegründet.“ Die Einrichtung hat die Aufgabe, den Dom zu schützen. Immer, wenn etwas daran repariert werden muss, machen das die Leute von der Bauhütte. Damit sie wissen, welche Materialien sie für die Baumaßnahmen nehmen müssen, gibt es die Bauforschung.

Stefan Breitling und seine Kollegen untersuchen auch, wie alt das Gebäude ist. „Der Dom, den ihr hier seht, ist nicht mehr so, wie er vor 1000 Jahren gebaut wurde“, sagt er. „Es ist der dritte Dom, der an dieser Stelle steht.“ Von seinen beiden Vorgängern, die abgebrannt sind, gibt es nur noch wenige Überbleibsel. Darum sind viele Teile des Gebäudes unterschiedlich alt. Wie die Bauforscher das feststellen, üben die Kinder nun selbst.

Neben ihnen besichtigen ganz viele Touristen den Dom, aber Breitling sagt, dass die Bauforscher dahin gehen, wo die meisten Besucher nicht hinkommen. „Wir sehen, was andere nicht sehen“, sagt er. Genau das machen nun auch die Kinder.

Nicht alles ist aus dem Mittelalter

Zwar gehen sie nicht in den Dom, aber auch von außen gibt es richtig viel zu entdecken. Was an dem Gebäude nicht mittelalterlich aussieht, fragt Stefan Breitling. „Die Fensterscheiben“, antwortet Leonhard (10). Die Kinder zählen noch viele andere Dinge auf, die es im Mittelalter noch nicht gab: Blitzableiter, Regenrinne, Mülleimer.

„Die Steine unten an der Wand“, sagt jemand. „Weil sie viel heller sind als der Rest.“ „Fast richtig“, sagt Breitling und erklärt, dass die Leute von der Dombauhütte diese Steine gereinigt und den Mörtel dazwischen erneuert haben, damit der Dom nicht verfällt. Er ist übrigens aus Sandsteinen gebaut, die aus Zeil am Main kommen.

Wenn einer dieser Steine kaputt geht, muss ein neuer eingebaut werden. Damit er perfekt in die Lücke passt, wird er von Steinmetzen in Form gebracht. Wie das geht, zeigt Stefan Breitling den Kindern in der Werkstatt der Dombauhütte. „Die Steine werden direkt aus dem Steinbruch hier angeliefert“, sagt er. Mit einer Maschine werden die noch unförmigen Brocken geschliffen. „Dabei wird viel Sandstaub aufgewirbelt.“ Heutzutage steht in der Werkstatt ein Gerät, dass den Staub gleich aus der Luft saugt. „Früher haben die Steinmetze den Staub eingeatmet.“ Weil das ziemlich ungesund ist, wurden die Arbeiter oft sehr krank. Ihre Arbeit war auch viel schwerer als heute. „Als der jetzige Dom gebaut wurde, also vor gut 800 Jahren, haben die Steinmetze zwei ganze Tage an einem einzigen Stein gearbeitet.“

Dass das sehr anstrengend war, erleben die Kinder im Museum der Dombauhütte: Mit Metallfeilen, Hämmern und Meißeln bearbeiten sie einen riesigen Steinklotz. Dabei wird es ziemlich laut und Staub fliegt durch die Luft. Klopfen und Quietschen erfüllt den kleinen Raum. „Genau dieses Geräusch hallte im Mittelalter jahrelang über den Domplatz“, sagt Stefan Breitling. Allein der Bau des dritten Doms dauerte 40 Jahre.

Dafür, dass er noch ganz lange erhalten bleibt, sorgen die Mitarbeiter der Dombauhütte.

Dieser Artikel erschien am 10. Juni 2013 im Fränkischen Tag und wurde mit freundlicher Genehmigung des Fränkischen Tages veröffentlicht. Verfasst wurde der Beitrag von Christine Reichenberger.