Forschungen zum Baskischen

Martin Haase hat sich seit seiner Dissertation ausführlich aus sprachwissenschaftlicher Sicht mit dem Baskischen beschäftigt. Das Baskische ist die einzige lebende nicht-indogermanische Sprache, die die Verbreitung der indogermanischen Sprachgemeinschaft in Europa überlebt hat. Andere nicht-indogermanische Sprachen sind erst später nach Europa gekommen.

Vorlesung von Prof. Haase bei dradio Wissen

Deutschland Radio Wissen hat eine Vorlesung von Prof. Haase in ihr Programm der Reihe Hörsaal aufgenommen. Es handelt sich um eine Gastvorlesung, die Prof. Haase am 10. Juni 2012 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena gehalten hat in der Ringvorlesung „Sprachen im Abseits". Die Vorlesung trägt den Titel: Baskisch – exotischste Sprache Europas.

Gaskognische Einflüsse im Baskischen

Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Baskischen Sprachatlas Euskal Herriko Hizkeren Atlasa

Der Kontakt zwischen Baskisch und Gaskognisch im Süd-Westen Frankreichs (und in früherer Zeit auch im spanischen Baskenland) ist aus verschiedenen Gründen interessant:

  • die beiden Sprachen sind nicht miteinander verwandt,
  • sie unterscheiden sich sprachtypologisch sehr stark,
  • sie sind seit langer Zeit in Kontakt (seit der Entstehung des Gaskognischen durch die Romanisierung von Baskischsprechern in Aquitanien).

Schon in Haase (1992) konnte gezeigt werden, dass im französischen Baskenland nicht allein dem Französischen die Rolle einer Kontaktsprache zukommt, sondern dass das Gaskognische die wichtigste Kontaktsprache im nördlichen Baskenland, besonders in Niedernavarra und Soule ist, wo es bis heute eine gaskognisch-baskische Mehrsprachigkeit gibt. Mit dem Erscheinen des Baskischen Sprachatlasses (seit 2008) wird nun immer klarer, dass sich zahlreiche Merkmale von der Zone der gaskognisch-baskischen Mehrsprachigkeit ausbreiten. Damit ist klar, dass der Nord-Osten nicht – wie bisher oft angenommen – ein Reliktgebiet ist, sondern eine Innovationszone.

Die diachronische Auswertung von synchronen Atlaskarten legen drei Schlüsse nahe: 

  1. Auch zwischen nicht-verwandten Adstraten kann es zu grammatischen Veränderungen in der Replika-Sprache (d.h. der entlehnenden Sprache), also hier im Baskischen (bzw. in Varietäten des Baskischen) kommen. Dies wurde schon in Haase (1992) gezeigt. Nun erhärtet sich die Evidenz durch die Materialien des Sprachatlasses.
  2. Die neuen Strukturen treten mehr oder weniger stark in Erscheinung. Diese Variation ist abhängig vom Wunsch der Sprachgemeinschaft, sich mehr oder weniger von den Nachbarn abzugrenzen und davon, ob die Strukturen als fremd erkannt werden.
  3. In den Bereichen der Grammatik, die sich einer bewussten Kontrolle durch die Sprecher entziehen (wie vor allem im Bereich von Phonetik und Phonologie), werden die kontaktbedingten Innovationen besonders leicht aufgenommen.

Die Markierung von Geschlecht (Sexus) im Baskischen

Das Baskische verfügt über keine grammatikalisierte Sexus-Markierung (mit Ausnahme besonderer grammatikalisierter Kennzeichnung des Geschlechts des Angesprochenen in Verbformen familiärer Sprechweise). Im Lexikon spielt Geschlecht jedoch eine Rolle, so gibt es unterschiedliche Wörter für Geschwister in Abhängigkeit sowohl vom Geschlecht der gemeinten Geschwisterteils als auch vom Geschlecht der Bezugsperson (Bruder/Schwester einer weiblichen/männlichen Person). Außerdem können die Bezeichnungen verschiedener Familienmitglieder zu Dvandva-Komposita kombiniert werden (Vater-Mutter für Eltern oder Sohn-Tochter für gemischt-geschlechtliche Kinder, aber auch Vater-Sohn, Vater-Tochter, Mutter-Sohn, Mutter-Tochter usw.), wobei es offenbar gewisse Beschränkungen zur Reihenfolge und Kombinierbarkeit gibt, die es zu untersuchen gilt.

Zudem stellt sich die Frage, ob es bestimmte Muster systematischer Motion (Ableitung eines Geschlechts aus dem anderen oder aus einer neutralen Form gibt), besonders im Bereich der Verwandtschaftsbezeichnungen und bei Tierbezeichnungen. Kaum untersucht ist auch, wie möglicherweise sexusneutrale Formen gebildet werden, wenn dies notwendig ist (z.B. wenn Verwandtschaftsbezeichnungen metaphorisch verwendet werden).

Schließlich geht es auch um den Einfluss der romanischen Kontaktsprachen (Spanisch, Gaskognisch und Französisch), die ja stärker sexus-markierend sind und alle über ein Genus-System verfügen, das mit der Sexusmarkierung interagiert. Wie sich beim Farbsystem zeigt, sind letztlich alle Möglichkeiten der Kontaktsprache auch über Lehnwörter im Baskischen vorhanden (bei gleichzeitiger Bewahrung des baskischen Systems). Es ist anzunehmen, dass bei der Sexusmarkierung ein ähnlicher Einfluss besteht, also Lehnübersetzungen und Lehnwörter eventuelle Lücken füllen bzw. spezifischere Unterscheidungen fakultativ ausgeglichen werden.