Florian Ruhland M.A. M.A. LIS

Florian Ruhland ist seit Oktober 2013 Wissenschaftlicher Bibliothekar in der Eisenbibliothek, Stiftung der Georg Fischer AG, Schlatt, Schweiz. Sie erreichen ihn unter der E-Mail-Adresse: f.ruhland(at)posteo.de


Kurzbiographie

Nach dem Studium der Historischen Geographie, Vor- und Frühgeschichtlichen Archäologie und Mittelalterlichen und Neueren Geschichte in Bonn, Bamberg und Prag war Florian Ruhland Stipendiat des DAAD und der ZEIT-Stiftung. 2009/10 war er Wissenschaftlicher Volontär in der Bibliothek der Museumslandschaft Hessen Kassel, 2013 hat er das postgraduale Fernstudium Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin absolviert.

Ausführliches Publikationsverzeichnis(55.0 KB, 2 Seiten)


Promotionsprojekt

Das hydraulische Ancien Régime. Historisch-geographische Aspekte der vormodernen Versorgung mit fließendem Wasser in Nürnberg und Prag

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Ziel der Arbeit ist es an den Beispielen Prag und Nürnberg zu untersuchen, auf welche Art und Weise eine strukturelle Mangelgesellschaft, die Großstadt mitteleuropäischer Prägung in der Vormoderne (ca. 1450-1850) den Zugang zur Ressource fließendes Wasser organisierte, welches Wissen über das Wasser bestand, welche Konflikte auftraten und wie diese gelöst wurden.

Auf der einen Seite ist die historisch-geographische Stadtforschung der Bezugspunkt, andererseits schöpft die Arbeit aus dem Ansatz der städtischen Umweltgeschichte, die sich allerdings nur selten über das 19. Jahrhundert hinaus in ältere Zeiten gewagt hat. Auf geographischer Seite sind es u.a. Arbeiten von Erik Swyngedouw, Matthew Gandy und Karen Bakker, die den engeren Bezugsrahmen im Kapitel WASSER-THEORIE darstellen, auf historischer Seite sind Martin Melosi, Carl Smith, Leslie Tomory und Mark Jenner als wichtige Bezugspunkte zu nennen.

Das zweite Hauptkapitel WASSER-WISSEN vermittelt die Grundzüge des Wissens über Wasser, das in der Vormoderne verfügbar war und bei dem davon ausgegangen werden kann, dass es auch eine gewisse Bedeutung für den alltäglichen Wassergebrauch besaß: Was unterschied in der Vormoderne „gutes“ von „schlechtem“ Wasser? Unter der Überschrift WASSER-TECHNIK folgt eine Übersicht über die Entwicklung der Wasserkünste, mit denen in Nürnberg und Prag vom ausgehenden Mittelalter bis um 1850 fließendes Wasser gefördert wurde.

Das dritte Hauptkapitel betrachtet die WASSER-ÖKONOMIE der Beispielstädte Prag und Nürnberg in vergleichender Perspektive. Aus einer Vielzahl schriftlicher, bildlicher und kartographischer Quellen wird die WASSER-INFRASTRUKTUR rekonstruiert. In den Mittelpunkt des Interesses rückt in beiden Städten die Versorgung mit fließendem Wasser, weil sich hieran die Kommodifizierung eines Teils der städtischen Wasser-Allmende nachzeichnen lässt, die zu teilweise langwierigen Konflikten führte. Ein grundsätzlicher Unterschied bestand zwischen beiden Städten darin, dass sich in Prag nach jedem Eigentumswechsel der neue Hausbesitzer erneut um die gebührenpflichtige „Legitimation“ für den Genuss des „Gemeindröhrwassers“ bemühen musste, während in Nürnberg ein Wasseranschluss grundsätzlich als Ewigkeitsrecht vergeben bzw. erworben wurde. Dementsprechend betrafen die WASSER-KONFLIKTE in Prag häufig die Gebührengestaltung, während sich in Nürnberg zahlreiche Streitfälle um Wasserbezugsrechte und die Quantität (selten die Qualität) des zufließenden Wassers zwischen benachbarten „Wassergästen“ entzündeten. In beiden Städten wird als zusätzliche Dimension der im Namen von kommunalen bzw. privaten Interessen geführte Diskurs um die Verteilung der und den Zugang zur Ressource Wasser herausgearbeitet.

Im Schlusskapitel werden aus dem Vergleich der beiden Fallbeispiele Aussagen über die Strukturen des hydraulischen Ancien Régime abgeleitet. Es wird gezeigt, dass die vormoderne Wasserversorgung Züge einer „moralischen Ökonomie“ (E. P. Thompson) aufwies.