Digitalität und Diversität – Fluch oder Verheißung? Perspektiven einer Germanistik im 21. Jahrhundert

Tagung des Vereins für Hochschulgermanistik in Bayern
Bamberg, 23.-24.03.2023

Tagungskonzept

Digitalität und Diversität sind dominante Konzepte der Gegenwartsdebatte. Unter dem Titel Fluch oder Verheißung? eröffnet die Tagung des Vereins für Hochschulgermanistik in Bayern germanistische Perspektiven auf Digitalität und Diversität in Wissenschaft und Gesellschaft.

Im interdisziplinären Austausch gehen Fachvertreter:innen aus allen germanistischen Teilfächern u.a. folgenden Fragestellungen nach:

  • Wie wirken Digitalität und Diversität in die Germanistik hinein und verändern ihre Methoden und Fragestellungen?
  • Wie reagiert die Germanistik auf gesellschaftliche Trends, um ihre Relevanz zu sichern?
  • In welcher Form kann ihre Forschungsleistung ein Angebot für eine moderne, diverse und digitale Gesellschaft sein?

Diese grundlegenden Fragen sind in vier Themenstellungen konkretisiert, zu denen jeweils zwei Kolleg:innen unterschiedlicher Disziplin vortragen und in moderierten Diskussionsrunden miteinander und mit dem Publikum ins Gespräch kommen:

Panel 1:   Close vs. distant: Überschätzt oder notwendig? Digitale Methoden in der Literaturwissenschaft

Zur Eröffnung der Tagung soll die Frage nach den Chancen digitaler Methoden für die Erforschung literarischer Texte in den Mittelpunkt der Diskussion gerückt, aber es sollen auch die Herausforderungen thematisiert werden, die beispielsweise die digitale Datenhaltung mit sich bringt (Formatalterung, Langzeitverfügbarkeit von Forschungsergebnissen).

Mit Fokus auf den methodischen und literaturtheoretischen Trend des ‚distant reading‘ (Franco Moretti) stellt sich zudem die Frage, inwiefern digitale Methoden besonders in der germanistischen Mediävistik mit ihren vergleichsweise kleinen Korpora ihre Versprechen einzulösen vermögen.

Richtet man den Blick auf Rezeptionsprozesse, tritt eine weitere Betrachtungsdimension hinzu, welche zugleich eine vorsichtige Brücke zum zweiten Tagungsaspekt der Diversität schlägt: die Barrierefreiheit von (digitalen) Texten. Für die Germanistik stellt sich hier beispielsweise die Frage, welchen Beitrag zur praktisch-technischen Umsetzung barrierefreier Texte sie leisten möchte oder kann (z.B. im Kontext barrierefreien Webdesigns) und welche theoretischen Grundlagen sie hier einbringen könnte.

Panel 2:   Gibt es digitale Textkompetenz?

In diesem Panel stellen wir die Frage, ob digitale Texte eine digitale Textkompetenz nötig machen, die zur Rezeption und Produktion digitaler Texte im Unterschied zu analogen Texten erforderlich ist.

Digitale Texte haben neben der semantisch kodierten Textebene, die von Menschen verstanden werden kann, immer auch eine Textkodierung, die für die algorithmische Verarbeitung durch einen Computer konzipiert ist. Doch resultieren aus dieser besonderen Beschaffenheit digitaler Texte auch spezifische Rezeptions-, Kommunikations- und Produktionsanforderungen sowie neue Aufgaben für die Vermittlung von Textkompetenz?

Panel 3:   Diversität – Beliebigkeit?

Zum Einstieg in das Thema der Diversität am zweiten Tagungstag sondieren die beiden Beiträge die Tragfähigkeit und interdisziplinäre Diskurshorizonte des Konzepts ‚Diversität‘ und dessen omnipräsenter Forderung. Dabei werden Möglichkeiten und Chancen dieses Begriffs aufgezeigt, aber es wird auch auf dessen Lücken und Leerstellen hingewiesen. Verortet werden die Überlegungen dieses Panels sowohl im Forschungskontext der gendergerechten Sprache als auch im breiten Feld der literarischen Tradition. Virulent wird in diesem Kontext auch die Überprüfung des kanonischen Bildungswissens unter der Forderung nach Diversität, aber auch mit der Reflexion, inwiefern eine Umsetzung sinnvoll und praktikabel ist.

Panel 4:   Differenzerfahrungen in Geschichte und Gegenwart

In ihrem abschließenden Panel möchte die Tagung ein Forum bieten, speziell die Chancen einer Auseinandersetzung mit der Alterität historischer wie zeitgenössischer Texte hinsichtlich der Reflexion gesellschaftlicher Normative zu hinterfragen.

Welches Potential zur Reflexion gesellschaftlicher Normative und Werte bietet die Auseinandersetzung mit literarisch inszenierter Andersartigkeit (beispielsweise hinsichtlich abweichender Codierungen gleich- und gegengeschlechtlicher Vergesellschaftungsformen, von Behinderung oder körperlichen Differenzkriterien)?

Nachgegangen werden soll in diesem Zusammenhang auch den Spezifika des Mediums Literatur in Abgrenzung zu anderen Medienformen und Fragen der Darstellung von Ausgrenzung und Marginalisierung im Kontext historischer Texte.

 

Eine Abendveranstaltung mit Nora Gomringer und ein Roundtable zu „Digitalität und Diversität als Zukunftsthemen der Germanistik“ runden das Tagungsprogramm ab. Wir bitten alle Interessierten sich für die Veranstaltung anzumelden.