Hurrikan-Stipendiatin Krystle Sims mit ungewohnter Winterjacke vor Klein-Venedig. (Bild: Dapper)

- Nicole Dapper

Von New Orleans nach Bamberg

Krystle Sims studierte mit Hurrikan-Stipendium in Bamberg

Am 28. August letzten Jahres traf der Hurrikan Katharina auf die Stadt New Orleans im Bundesstaat Louisiana, USA, und hinterließ ein Bild der Zerstörung. Auch die fünf Universitäten in New Orleans waren dermaßen beeinträchtigt worden, dass das gerade begonnene akademische Jahr nicht fortgesetzt werden konnte. 

Die Louisiana State University in Baton Rouge, etwa 130 Kilometer nordwestlich von New Orleans, wurde zur Fluchtstätte für viele Studierende. „Die Stadt und die Universität platzten aus allen Nähten“, erzählt Krystle Sims. Und genau dort bot sich ihr eine Chance. Ihr Deutsch-Professor Harald Leder hörte von dem Angebot aus Bamberg, in Deutschland weiter zu studieren. Krystle bewarb sich und saß ein paar Tage später im Flugzeug. „Ich hatte eine Winterjacke dabei, die ich bei den Temperaturen in New Orleans niemals gebraucht hätte, und habe nur gedacht: „Where am I going?“, lacht sie heute bei dem Gedanken daran.

Glück im Unglück

Die kurzen Entscheidungswege an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg bewirkten, dass Krystle so flott übersiedeln konnte. Direkt in der Woche nach der Hurrikankatastrophe hatte man im Akademischen Auslandsamt der Universität Bamberg die Idee zu helfen – mit einem Stipendium. Zwar zählt keine der Universitäten, die direkt durch den Hurrikan betroffen waren, zu den Partneruniversitäten der Universität Bamberg, aber „Unsere Verbindungen in die USA sind sehr gut und wir wollten nicht untätig herumsitzen“, so der Leiter des Auslandsamtes, Dr. Andreas Weihe.
Nach der Zustimmung durch das Rektorat stand dem so betitelten „Hurrikan-Stipendium“, welches aus Spenden finanziert wurde, eigentlich nichts mehr im Weg.

Doch wie sollte man die Studierenden im Katastrophengebiet erreichen? Die Verwaltung der Universitäten war teilweise komplett zerstört, die EDV außer Betrieb und somit kein direkter Kontakt zu den Ansprechpartnern in und um New Orleans möglich. Also setzten die Mitarbeiter des Auslandsamtes alle Hebel in Bewegung. Die amerikanischen Partneruniversitäten in Illinois und South Carolina wurden angeschrieben und gebeten, Mund-zu-Mund-Propaganda zu betreiben. Das Bamberger Angebot stand in einem E-Mail-Verteiler an alle Deutschlehrer in den USA, auf der Homepage der Außenstelle des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes in New York und ging durch verschiedene lokale und regionale Medien. Der Erfolg: Innerhalb von ein paar Tagen gab es zehn konkrete Anfragen.

Krystle, die seit einem dreiviertel Jahr an ihrer Heimat-Universität Deutsch studierte, bekam schließlich das Stipendium. Ihr Professor, der ursprünglich aus Franken stammt, erkannte nicht nur ihre Begeisterung für die deutsche Sprache, sondern auch ihr Potential.
Seine Empfehlung war eine Riesenchance für Krystle. „Ich wusste nur ‚take it, or lose it’“, beschreibt sie ihre Situation. Die Zusage hat sie nicht bereut, auch wenn sie in Gedanken oft bei ihrer Familie war. In New Orleans hat der Wiederaufbau zwar begonnen, der Alltag jedoch ist noch lange nicht zurückgekehrt. Auch Krystles Familie hat viel verloren und versucht nun, Stück für Stück, sich ein neues Leben aufzubauen. Darauf ist Krystle unglaublich stolz. „Meine Mutter hat wirklich alles getan, um unser Leben so schnell wie möglich wieder in geregelte Bahnen zu lenken.“

Zwei Stipendiaten vereint in Deutschland

Krystle gefällt aber nicht nur die deutsche Sprache, sie mag auch die Menschen in Bamberg. In den ersten Tagen blickte sie oft in betroffene Gesichter, wenn sie erzählte, dass sie aus New Orleans kommt. Das habe sich aber schnell geändert.

Und wie geht es weiter? Erst einmal flog Krystle im Februar nach Hause, um endlich ihre Familie wieder zu sehen. Außerdem zieht sie zum nächsten Semester um: Nach Marburg. Ihr Stipendium ist verlängert worden und sie kann dort ihr Studium abschließen. Das ist der eine Grund. Der andere ist, dass ihr Freund nun in Frankfurt studiert. Und dies übrigens, weil das Bundesland Hessen so begeistert von der Bamberger Idee war und daraufhin selbst 10 Hurrikan-Stipendien vergeben hat - von denen Krystles Freund eines bekam. Nun können die beiden, weit weg von zuhause, gemeinsam in Deutschland weiterstudieren.