Stefan Hörmann vor der Teilbibliothek 4Benjamin Herges/Universität Bamberg

Vizepräsident Stefan Hörmann blickt im Interview auf das kommende Sommersemester.

- Tanja Eisenach

Aktueller Stand: Prüfungsphase und Rückkehr zur Präsenzlehre

Vizepräsident für Lehre und Studierende Stefan Hörmann blickt auf die kommenden Monate.

Das vierte Corona-Semester ist fast zu Ende, die Inzidenzzahlen sind nach wie vor hoch, Prüfungsphase und Planungen des Sommersemesters 2022 sind in vollem Gange. Im Interview sondiert Vizepräsident für Lehre und Studierende Prof. Dr. Stefan Hörmann die Lage und betont: „Das kommende Semester wird ein Präsenzsemester werden!“

Lieber Herr Hörmann, die Vorlesungszeit ist vorbei, die Universität Bamberg erlebt die letzten Wochen des vierten Corona-Semesters. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Stefan Hörmann: Differenziert. Wir alle haben im Herbst auf ein Semester mit hohem Präsenzanteil gehofft, das sich dann innerhalb weniger Wochen wieder als weitgehendes Onlinesemester entpuppt hat. Zu dieser enttäuschten Erwartungshaltung bei vielen Studierenden und Lehrenden kommen staatlich verordnete Infektionsschutzmaßnahmen, die nun schon über lange Zeit sehr gravierende Einschränkungen auch im universitären Leben mit sich bringen.

Lösungen zu finden, um Bildungserwerb unter sich oftmals kurzfristig ändernden und immer wieder schwierigen Bedingungen trotzdem für unsere vielen Studierenden zu ermöglichen, ist eine enorme Herausforderung – für mich die größte in der bisherigen Pandemiezeit. Dass uns dies im jeweils erlaubten Rahmen vielfach gut gelungen ist, verdanken wir dem außerordentlichen Engagement und beherzten Einsatz aller Beteiligten. Dafür bedanke ich mich im Namen der gesamten Universitätsleitung sehr herzlich.

Können Sie die Auswirkungen der Infektionsschutzmaßnahmen an einem Beispiel verdeutlichen?

Wenn wir jungen Menschen, die bei uns studieren wollen, aufgrund der 2G-Regelung den Zutritt zu unseren Lehrveranstaltungen und Bibliotheken nicht mehr gewähren dürfen, weil sie nicht oder nicht ausreichend geimpft sind und ein negativer Corona-Test allein nicht mehr ausreicht, dann trifft uns das existenziell. Denn es berührt unseren Grundauftrag, den wir als Universität in dieser Gesellschaft wahrnehmen wollen und müssen.

Wir sind mitten in der Prüfungszeit, zugleich sind die Corona-Inzidenzzahlen nach wie vor sehr hoch. Finden die Prüfungen regulär statt?

Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht kurzfristig deutlich ändern, wovon im Moment nicht auszugehen ist, werden wir die Prüfungen bis zum Schluss regulär durchführen können. Wir haben ein mittlerweile sehr erprobtes und gut funktionierendes Sicherheitskonzept mit verschiedenen Maßnahmen wie Abstands-, Masken- und 3G-Regelungen.

Was müssen Studierende beachten, die nicht an Prüfungen teilnehmen können – entweder, weil sie selbst an Corona erkrankt sind oder sich in Quarantäne befinden?

Bereits im letzten Jahr haben wir den rechtlichen Rahmen geschaffen, um auf diese Situation flexibel reagieren zu können. Grundsätzlich haben bei universitären Prüfungen alle betroffenen Studierenden die Möglichkeit, bei ihren Prüferinnen und Prüfern einen Nachtermin zu beantragen. Die Universitätsleitung hat darum gebeten, über diese Anträge – wann immer möglich – positiv zu entscheiden, insbesondere dann, wenn eine versäumte Prüfung eine Verlängerung der Studienzeit nach sich ziehen würde.

Bei mündlichen und praktischen Einzelprüfungen ergeben sich in der Regel ohnehin kaum Probleme. Schon vor der Pandemie wurden hier bei krankheitsbedingten Ausfällen großzügig Nachtermine gewährt. Gleiches gilt für Fristverlängerungen von Hausarbeiten. Selbst bei größeren dezentralen Klausuren, die in der direkten Verantwortung der Lehrenden liegen, ließen sich schon immer in vielen Fällen flexible Lösungen finden.

Die Beispiele, die Sie gerade genannt haben, umfassen dezentrale Prüfungen. Wie geht die Universität mit Nachterminen bei zentralen Prüfungen um?

Etwas schwieriger gestaltet sich die Lage hier tatsächlich, weil wir aus organisatorischen Gründen nicht von vorneherein eine verdoppelte Prüfungsplanung vorsehen können: Wir haben in der jetzigen Prüfungsphase circa 17.000 Klausuren mit circa 300 verschiedenen Einzelprüfungen zu bewältigen, die alle organisiert und beaufsichtigt werden müssen. Hinzu kommt noch das Staatsexamen. Aber auch im zentralen Bereich nehmen alle, die für Prüfungen Verantwortung tragen, Nachprüfungsanträge sehr ernst. Sollte im konkreten Fall dennoch keine sofortige Prüfungswiederholung angeboten werden können, muss niemand länger als bis zum nächsten Semester darauf warten.

Gibt es vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemiesituation noch andere Erleichterungen für Studierende?

Bayernweit gilt, dass auch das aktuelle Corona-Semester nicht auf die Regelstudienzeit oder die BAföG-Höchstdauer angerechnet wird. Zusätzlich hat die Universität Bamberg beschlossen, dass es auch im Wintersemester 2021/22 nun schon zum vierten Mal keine Anrechnung von Fehlversuchen bei Prüfungen gibt. Die Studierenden sollen in dieser schwierigen Situation bestmöglich unterstützt werden, deshalb haben wir uns erneut für diesen Schritt entschieden.

Die Universität plant ein Sommersemester in Präsenz. Für wie realistisch halten Sie diese Vorgabe angesichts der derzeitigen Pandemiesituation?

Auf der Basis der für die nächsten Wochen prognostizierten Entwicklung bin ich sehr optimistisch. Die Einschätzungen des Corona-Expertenrats der Bundesregierung, die Erfahrungen aus dem letzten Jahr mit einer deutlichen Entlastung im Sommer sowie die derzeitigen politischen Signale stimmen mich zuversichtlich. Dazu passt auch der eindringliche Appell des Bayerischen Wissenschaftsministeriums an alle Hochschulen im Freistaat, in dem der Wunsch, zur Präsenzlehre zurückzukehren, nochmals sehr klar formuliert wurde.

Lässt unsere Raumsituation ein Präsenzsemester unter Pandemiebedingungen überhaupt zu?

Derzeit gibt es keine politischen Vorgaben, die Abstandsregelungen einfordern. Wenn die Pandemiesituation sich so positiv entwickelt, wie derzeit angenommen, sieht die Universitätsleitung keinen Anlass, eine solche Vorsichtsmaßnahme trotzdem zu ergreifen. Nach heutigem Stand gehen wir deshalb davon aus, dass wir – gegebenenfalls unter Einhaltung bestimmter Infektionsschutzmaßnahmen – alle Räume voll belegen können.

Wie definiert sich ein Präsenzsemester angesichts der zahlreichen digitalen Lehr-Lernformate, die sich in den letzten Semestern seit Beginn der Pandemie entwickelt haben? Wird es diese weiterhin geben?

Unsere Lehre hat sich durch die digitalen Lehr-Lernformate enorm weiterentwickelt. Mit unserem interdisziplinären Projekt „Digitale Kulturen in der Lehre entwickeln“ (DiKuLe) werden wir diese Entwicklung noch verstärken und dafür in den nächsten Jahren rund 4 Millionen Euro investieren. Über 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller vier Fakultäten arbeiten in diesem Projekt, das von drei Koordinatorinnen und -koordinatoren betreut wird, zusammen. Es entstehen Video-Umgebungen für synchrone und asynchrone Formate oder Blended-Learning-Formate in digitalen Lehr-Lernlaboren. Wir vergessen also nicht, was wir in den letzten Semestern gelernt haben, im Gegenteil: Die Bamberger Präsenzlehre der Zukunft wird selbstverständlich digitale Elemente enthalten. Wie hoch und welcher Art genau der digitale Anteil an der Lehre sein wird, lässt sich nicht pauschal sagen. Das ist eine individuelle Entscheidung der Lehrenden und dürfte sicherlich den einzelnen Fachkulturen gemäß unterschiedlich gehandhabt werden.

Wenn die Lehre weiterhin digitale Elemente enthält, ist es dann überhaupt nötig, zum Studium in Bamberg zu sein?

Ja, das ist es unbedingt. Denn Präsenzlehre bedeutet ganz grundsätzlich, dass auch die digitalen Lehr-Lernformate, die zum Einsatz kommen, prinzipiell von einer Vor-Ort-Anwesenheit ausgehen. Es gibt für die Dozierenden keine Verpflichtung mehr, eine rein digitale Teilhabe an den Lehrveranstaltungen zu ermöglichen. Studierende, die ausschließlich aus der Ferne teilnehmen wollen, müssen also damit rechnen, dass sie zu bestimmten Lehrinhalten oder -formaten, wie zum Beispiel Gruppendiskussionen, nur eingeschränkt oder gar keinen Zugang haben, und dass sie die für manche Lehrveranstaltungen erforderliche regelmäßige Anwesenheit in Präsenz nicht erbringen können.

Gibt es noch etwas, was Sie Lehrenden und Studierenden für die kommenden Wochen mit auf den Weg geben wollen?

Vor allen Dingen: Optimismus. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir im kommenden Sommersemester endlich wieder ein akademisches Leben im eigentlichen Sinne führen können und eine Form von Gemeinschaft erfahren dürfen, die wir in den letzten Semestern alle schmerzlich vermisst haben. Ganz besonders freue ich mich auch auf unsere ausländischen Studierenden, die wir hoffentlich wieder zahlreich vor Ort begrüßen können.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Tanja Eisenach.