Rudolf Hein

Sopranistin Marietta Zumbült tritt als Solistin auf, während Wilhelm Schmidts Chor und Orchester dirigiert.

Rudolf Hein

Die Vogelperspektive veranschaulicht die Größe des gesamten Ensembles.

Rudolf Hein

Der Saal ist komplett ausverkauft.

Rudolf Hein

Albrecht Pöhl, Marietta Zumbült und Wilhelm Schmidts (v.l.) freuen sich über den Applaus zum Abschluss.

- Martin Köhl

Zwischen gedeckten Farben und rauschhaftem Klang

Semesterschlusskonzert: „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms

Vor großformatigen Projekten hat die universitäre Musikausübung in Bamberg schon seit langer Zeit keine Angst mehr. Aber was sich am zurückliegenden Sonntag auf der ohnehin schon geräumigen Bühne des Josef-Keilberth-Saales der Bamberger Konzerthalle versammelte, hatte vermutlich noch nie gekannte Dimensionen. Über 100 Choristen und ein ausgewachsenes romantisch-symphonisches Orchester schickten sich an, die große Requiemvertonung von Johannes Brahms zu interpretieren. Dass sich so viele Laienmusiker (verstärkt freilich durch Professionelle und Semiprofessionelle) an den Aufführungen des Lehrstuhls für Musikpädagogik und Musikdidaktik der Otto-Friedrich-Universität beteiligen, liegt ganz wesentlich an Wilhelm Schmidts, dem Leiter der universitären Klangkörper. Der kann nämlich aufgrund einer parallelen Tätigkeit an der Würzburger Hochschule für Musik sein dortiges Vocalensemble und weitere Instrumentalisten zur Verstärkung einbinden.

Oft wird dem relativ kurzen Brahms-Requiem noch ein weiteres Werk vorangestellt. Ob es allerdings ein gute Idee war, ein Laienorchester eingangs mit einer intonatorisch so schwierigen, weil mit großen Intervallsprüngen und Seufzermotiven durchsetzten Musik wie Witold Lutoslawskis Musique funèbre aus dem Jahre 1958 zu befassen, sei dahingestellt. Thematisch passte das natürlich gut, und manche Partien gelangen sehr überzeugend, so das sich in Cluster auflösende Apogäum, in dem dichter, ja geradezu rauschhafter Klang beeindruckende Momente zeitigte.

Die Kraft des riesigen Ensembles

Als nach diesem Auftakt die Brahmssche Trauermusik attacca einsetzte, offenbarte sich auf Anhieb, wie gut diesem Werk eine große chorische Besetzung tut. Mit sanftem, breitem Klang stimmte der Chor sein Selig sind, die da Leid tragen an. Recht gedeckte Farben und feinste Pianissimo-Qualitäten waren da zu hören. Welche Kraft in dem riesigen Ensemble steckt, zeigte sich gleich anschließend im zweiten Stück (Denn alles Fleisch, es ist wie Gras), in dem sich ein mächtiges Crescendo zu einem klanglichen Aufbäumen steigerte.

Die Verpflichtungen der Vokalsolisten Albrecht Pöhl (Bariton) und Marietta Zumbült (Sopran) erwiesen sich als sehr erfreuliche stimmliche Überraschungen. Zunächst stellte Albrecht Pöhl sein angenehmes baritonales Timbre und seine beeindruckende Darstellungskraft im Herr, lehre doch mich vor. Sehr spannungsvoll gelang der Zwiegesang von Chor und Bariton im Abschnitt mit dem Text „Denn wir haben hie keine bleibende Statt“, wo die Männerstimme einen markanten Gegenpart zu liefern wusste. Marietta Zumbült vermochte ihren Auftritt in Ihr habt nun Traurigkeit zu einem der Höhepunkte dieses oratorischen Spätnachmittags zu steigern. Bei dieser Sopranistin kann man noch hören, was ein schönes Vibrato ist und wie man Töne formt!

Hohes Renommee, starke Publikumsresonanz

Zwischen den Soloauftritten durfte der Chor in Wie lieblich sind Deine Wohnungen seine A-capella-Qualitäten demonstrieren. Die sind von hellem Klang in den Frauenstimmen, gut grundierenden Männerstimmen und präziser Textverständlichkeit geprägt. Die Genauigkeit in der Intonation, eigentlich ein chronischer Unsicherheitsfaktor in Laienchören, erwies sich als erstaunlich stabil. Am Dirigentenpult hatte sich Wilhelm Schmidts nicht für das Chordirigat mit seinen den Klang formenden Händen entschieden, sondern für den Taktstock im Sinne des Orchesterdirigats. Das ist auch angesichts eines so großen instrumentalen Klangkörpers verständlich, verdeckt aber keineswegs die enormen chorpädagogischen Fähigkeiten des universitären Musikchefs. Er gab sinnstiftende Impulse, besaß souveräne Übersicht und führte das musikalische Riesenaufgebot sicher durch die anspruchsvolle Partitur. Welches Renommee die universitäre Musikpflege in Bamberg mittlerweile genießt, zeigte sich auch einmal mehr an der Publikumsresonanz: Obwohl die hiesigen Musikliebhaber vom hohen symphonischen Niveau der heimischen Staatsphilharmonie verwöhnt sind, war der Saal ausverkauft!