Chasan Arieh Rudolph, Alina Rölver als evangelischer und Alfons Motschenbacher als katholischer Glaubensvertreter, Imam Ihsan Ucar (v.l.n.r.; Fotos: Martin Schnurr)

Kanzlerin Dagmar Steuer-Flieser und Vizepräsident Guido Wirtz

Die Feier fand ausnahmsweise im Hörsaal der U7 und nicht in der AULA statt.

Gott mit Musik feiern - coembo des collegium oecumenicum und Achmed Yusekkaya aus der muslimischen Gemeinde

- Maike Bruns

Adam als Anfang der Menschheit

Universität feierte Semesterstart mit Multireligiöser Feier

Friedlich sitzen sie zusammen in der ersten Reihe, klopfen sich freundschaftlich auf die Schulter, lächeln einander zu, tauschen Neuigkeiten aus. Was an diesem Szenario so außergewöhnlich ist? Es sind keine „normalen“ Gäste der Feierstunde, die sich besonders herzlich zugetan sind, sondern ihre Mitwirkenden: ein Torah-Gelehrter, ein Imam, evangelische und katholische Glaubensvertreter. In Bamberg ist das Realität, was vielerorts ein Wunschtraum bleibt: Multireligiöses Miteinander.

Religionen praktisch erleben

Die Multireligiöse Feier ist an der Universität Bamberg seit 2007 fest verwurzelt: Zu Beginn jedes Wintersemesters versammeln sich Gläubige verschiedener Religionen zu gemeinsamen Lesungen und Gebeten. Die Feier spiegelt dabei auch das breite Spektrum der theoretischen Lehre und Erforschung von Religionen an der Universität Bamberg wider, die nicht nur in der Katholischen und der Evangelischen Theologie, sondern auch in der Judaistik und Islamwissenschaft im Mittelpunkt steht. Aber: „Religion wird bei uns nicht nur erforscht, sondern auch erlebt und praktiziert“, begrüßte der Universitätsseelsorger Martin Schnurr am 25. Oktober die Zuhörer im voll besetzten Hörsaal der U7.

Kanzlerin Dr. Dagmar Steuer-Flieser betonte, dass die Veranstaltung bundesweit einmalig sei: Das Semester werde nicht nur ruhig und feierlich begangen, sondern zeige auch die kulturelle Vielfalt der Universität und der Stadt. „Sich auf unbekannte, fremde Worte und Laute einzulassen, das zeugt von Mut, beweist Akzeptanz und Toleranz“, verdeutlichte die Kanzlerin. Die Feier fand auch in diesem Jahr wieder im Rahmen der Interkulturellen Woche des Migranten- und Integrationsbeirates der Stadt Bamberg statt.

Koran, Torah und Bibel kennen Adam

Die Veranstaltung setzte sich aus Gebeten, Lesungen, Auslegungen der Heiligen Texte und musikalischen Beiträgen zusammen und bot sowohl für Gemeinsamkeiten als auch für Gegensätzliches Raum. Der Verstorbenen der Universität gedachte der Vizepräsident Forschung Prof. Dr. Guido Wirtz, indem er ein Gedicht vortrug und für jeden der fünf Toten eine Kerze entzündete.

Das übergeordnete Thema des Abends war Adam. Für alle drei Weltreligionen steht Adam am Beginn der Menschheit. Doch jede Religion gab der Schöpfungsgeschichte einen eigenen Charakter und Anstrich, je nachdem ob sie sich auf Koran, Torah oder Bibel berief. Somit erwies sich die Feier als eine Reise durch die Kulturen: Das Publikum lauschte Chasan Arieh Rudolph, dem Kantor und Vorbeter der Israelitischen Kultusgemeinde in Bamberg, der die Schöpfungsgeschichte auf Hebräisch sang, der Sprache der Torah (Bereschit/Genesis/1. Moses 2, 4-9 (15-23)). Judaistik-Professorin Dr. Susanne Talabardon erzählte die Geschichte anschließend auf Deutsch nach: Gott schuf den ersten Menschen (a‘dam: hebräisch für Mensch) aus Staub (adam‘a: hebräisch für Erde) und setzte ihn in den Garten Eden. Danach schuf er ihm zur Gesellschaft erst die Tiere der Erde und letztendlich aus einer Rippe Adams die Frau.

Sündenfall und Unterweisung durch Gott

Alina Rölver, Seelsorgerin für das collegium oecumenicum, und die Hochschulseelsorgerin Jutta Müller-Schnurr führten die Feier mit einer neutestamentlichen Lesung (Römer 5, 12-18) ins Christentum. Die Zuhörerinnen und Zuhörer erfuhren auf der einen Seite von Adam, der für den Sündenfall verantwortlich war und auf der anderen Seite von Jesus Christus, der durch seinen selbstlosen Tod neue Gerechtigkeit über die Menschheit brachte und die Sünde von ihr nahm.

Imam Ihsan Ucar von der Selimiye Moschee Bamberg präsentierte die Adamsgeschichte des Koran auf Arabisch (Sure 2, 30-33), mit geschlossenen Augen und traditionsgemäß mit dem Oberkörper nach vorne und hinten schaukelnd. Die Erzählung basiert auf einem Dialog zwischen Gott und seinen Engeln, in der Gott Adam als seinen Nachfolger auf Erden einsetzt. Dr. Abd el-Halim Ragab von der Professur für Arabistik klärte auf, dass in dieser Erzählung die Unterweisung des Menschen durch Gott im Mittelpunkt stehe, der Adam die Namen der Tiere beibringt.

Am Ende der spirituellen Reise durch die Religionen erwartete das Publikum ein Buffet mit arabischen Köstlichkeiten, das auch den Geschmackssinn in andere Welten entführte und Anregung zu weiteren Gesprächen bot.