Bamberger Polonisten und Krakauer Partner vor Morskie Oko in der Tatra (Bilder: Lehstuhl für Slavische Literaturwissenschaft)

Exklusive Stadtführung mit dem Dichter und Kabarettisten Leszek Długosz (Mitte)

Auf dem Weg zur Benediktinerabtei Tyniec

- Anna-Maria Meyer und Anna Wagner

Kultur und Geschichte auf Schritt und Tritt

Bamberger Polonisten reisten in die alte polnische Königsstadt Krakau

 

Auf nach Krakau hieß es Anfang Oktober für zehn Studierende der Slavistik. Mit ihrem Dozenten Dr. Daniel Schümann reisten sie in die polnische Stadt und erlebten Kultur und Geschichte auf Schritt und Tritt. Voraussetzung für die Reise waren Grundkenntnisse in der Landessprache. Vier der Studierenden waren durch ihre polnische Abstammung zweisprachig und konnten dadurch den Neulingen in der Polonistik tat- und wortkräftig zur Seite stehen. Für drei der Teilnehmer, die zum ersten Mal das Land besuchten, bot der Aufenthalt die wohl beste Möglichkeit zu einem ersten hautnahen Einblick in die Kultur Polens.

Am 1. Oktober bezogen die Studierenden und ihr Dozent nach einer 12-stündigen Fahrt im Kleinbus ihr Quartier im Studentenwohnheim Żaczek nahe dem Zentrum von Krakau. Der Exkursionsleiter erklärte sich noch zu später Stunde bereit, einen Abstecher in die Innenstadt zu machen. „Ich habe mich vom ersten Moment an in den wunderschön beleuchteten Rynek (Marktplatz) mit den Tuchhallen, der Marienkirche, dem Rathausturm und den romantischen Cafés verliebt“, erklärte Anna Wagner begeistert.

Drehscheibe der Kulturen

Schon der nächste Tag bot tiefere Einblicke in die Geschichte der Stadt. Eine 5-stündige Überblicksführung in polnischer Sprache vermittelte einen Eindruck von der historischen Innenstadt, dem Sitz der ehemaligen polnischen Könige auf dem Wawel und dem jüdischen Viertel Kazimierz. Bei jedem Schritt wurde die Bedeutung der Stadt klarer, die vor allem im 15. Jahrhundert die Drehscheibe östlicher und westlicher Kultur war. Zum internationalen Ruf Krakaus trug auch die Jagiellonen-Universität mit ihrer renommierten und umfangreichen Bibliothek bei. Einen Höhepunkt der Führung durch die Bibliothek stellten Bücher aus dem 15. und 16. Jahrhundert dar, sowie eine Handschrift der Brüder Grimm, von deren Existenz man bis vor wenigen Jahren nichts wusste. In einem Register des Jahres 1400 findet sich sogar ein Student aus Bamberg, der an der Jagiellonen-Universität eingeschrieben war.
Viel gab es zu hören und zu notieren – und doch fand die Gruppe am Ende des Tages noch regelmäßig Energie zu einem musikalischen Ausklang des Tages mit polnischen und internationalen Liedern. Die quirlige Studentenstadt Krakau und vor allem das Viertel Kazimierz boten darüber hinaus unerschöpfliche Möglichkeiten der Abendgestaltung. Die Gruppe fand in den polnischen Anglistikstudenten Sławomir Zdziebko und Paweł Błaszczyk, die sie an mehreren Tagen begleiten, kompetente Ratgeber.

Stadt der Poeten, Künstler und Kabarettisten

Durch die Exkursion wurde nicht nur Kontakt zu Krakauer Studierenden aufgebaut, sondern auch die außergewöhnliche Gelegenheit geboten, literarische Größen des Landes persönlich kennen zu lernen. So bot der Dichter und Kabarettist Leszek Długosz eine nicht alltägliche Führung durch „sein“ Krakau, die Stadt der Poeten, Künstler und des Kabaretts. Die deutschen Slavisten kamen an der Jagiellonen-Universität in den Genuss eines persönlichen Gesprächs mit dem Schriftsteller Julian Kornhauser, zugleich Inhaber des Lehrstuhls für Kroatische, Serbische und Slovenische Philologie, der über seine Lehre und sein literarisches Schaffen berichtete.
Fast alle Führungen und Begegnungen fanden in polnischer Sprache statt, was auch für die Anfänger dank der wortgewandten Übersetzungskünste ihrer Kommilitonen Rafael Poloczek, Jakob Walosczyk, Marek Pioch und Anna Michalski kein größeres Problem darstellte und ihnen zumal die Möglichkeit bot, ihren Wortschatz und ihr Hörverständnis zu verbessern.

Nicht nur Sprache und Literatur werden in Krakau seit eh und je groß geschrieben, sondern auch Katholizismus und religiöse Toleranz. In diesem Kontext besuchte die Gruppe während eines Tagesausflugs mit dem Fahrrad das Benediktinerkloster Tyniec. Die Abtei war einst sehr mächtig und gehört zu den ältesten Klöstern Polens. Weitere wichtige Anziehungspunkte in der Umgebung Krakaus stellen das Salzbergwerk Wieliczka, Symbol der wirtschaftlichen Größe der Region in früheren Jahrhunderten, und die kommunistische Trabantenstadt Nowa Huta dar. Nowa Huta war in den 80er Jahren Hochburg der Solidarność-Bewegung und Ausdruck des religiösen Widerstandes gegen das kommunistische Regime. Der Bau der imposanten Kirche Arka Pana (Arche des Herrn) wurde nicht zuletzt durch den jahrelangen, unermüdlichen Einsatz von Johannes Paul II. erreicht – vor seiner Wahl war er Erzbischof Karol Wojtyła.

Es gelang im Vorfeld kurzfristig und unbürokratisch, erhebliche Zuschüsse für die Studienreise einzuwerben – nicht zuletzt dank der aktiven Vermittlung des Polnischen Generalkonsulats in München und des Krakauer Anglisten Dr. Władysław Witalisz. Finanzielle Unterstützung gab es durch die Warschauer Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit (Fundacja Współpracy Polsko-Niemieckiej) und die Fakultät Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Bamberg.