Der sambische Botschafter General Godwin Kingsley Chinkuli bei seinem engagierten Vortrag über sein Land (Bilder: Julian J. Rossig)

Der Botschafter zog seine Zuhörerinnen und Zuhörer in den Bann

Chinkuli umringt von den Bamberger MNUN-Delegierten, die im März in New York Sambia in einer großen Simulation vertreten werden

- Eva-Maria Spreitzer und Patrick Winkler

„Bambische“ Freundschaften und viel Diplomatie

Junge Bamberger Diplomaten treffen sambischen Botschafter

Sich einmal auf dem diplomatischen Parkett erproben? Für Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bamberger NMUN-Delegation 2007 ist dieses Ziel schon in unmittelbare Reichweite gerückt. Nicht nur, dass die Studierenden auf der National Model United Nations (NMUN) Konferenz in New York die Republik Sambia vertreten werden – sie hatten am 26. Januar sogar die Gelegenheit, General Godwin Kingsley Chinkuli, den sambischen Botschafter, in Bamberg zu treffen.

Die jungen Bamberger „Diplomaten“ hatten geladen, und der echte Diplomat ließ es sich nicht nehmen, persönlich die Delegation zu treffen: General Godwin Kingsley Chinkuli, Botschafter der Republik Sambia, der lange Jahre in verschiedenen Ministerien des Landes tätig war und seit vier Jahren die Republik in Deutschland vertritt, war von NMUN und dem Engagement der Bamberger Delegation so begeistert, dass er den vierzehn Studierenden am 26. Januar einen Besuch abstattete. Neben einen öffentlichen Vortrag nahm sich Chinkuli einen ganzen Tag lang Zeit, in kleiner Runde konkrete Fragen zu beantworten und den Bamberger Jung-Diplomaten die Herausforderungen und Perspektiven des Landes zu erläutern.

Aber nicht nur im Kreis der „bambischen“ Delegation bewies Chinkuli echtes diplomatisches Können: Vor voll besetztem Hörsaal nahm er nach einer kurzen Vorstellung der sub-saharischen Republik Stellung zu heiklen Themen wie Korruption oder den Risiken des stetig wachsenden Tourismus um die an der Grenze zum Nachbarland Zimbabwe gelegenen Victoria Falls. Vor allem betonte er daneben auch die guten Beziehungen zu Deutschland, das neben den USA und Großbritannien eines der wichtigsten Geberländer Sambias ist.

Durch den diplomatischen Besuch haben die Delegierten nicht nur gelernt, wie charismatisch und humorvoll ein Diplomat sein kann, sondern auch, wie man auf dem diplomatischen Parkett unangenehmen und kritischen Fragen charmant ausweicht. „Der Botschafter ist wirklich ein sehr gebildeter Diplomat, der sein Land voller Stolz und mit viel Hingabe vertritt“, schwärmten die Delegierten von dem Besuch und dem Vortrag. Die Begeisterung des Botschafters für das Projekt weckte in den Teilnehmern noch mehr Ergeiz für die Verhandlungen in New York. „Ich hoffe, wir können unsere neu gewonnen Erfahrungen und Informationen gut einsetzen und durch unsere exklusiven Einsichten Sambia würdig in New York vertreten“, freute sich Martin Wegele, der als Faculty Advisor der die NMUN-Delegation der Universität dieses Jahr betreut.

Wirklichkeitsgetreue Repräsentation auf ganzer Ebene

NMUN – das ist das weltweit größte Simulationsprojekt der Vereinten Nationen, welches komplett auf englischer Sprache gehalten wird. Bereits zum fünften Mal nehmen daran auch Studierende der Otto-Friedrich-Universität Bamberg teil. Auf der vom 20. bis 24. März stattfindenden Konferenz werden die über 3000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die aus über 50 verschiedenen Nationen stammen, die Repräsentation der UN-Mitgliedstaaten in verschiedenen Gremien wie zum Beispiel der Generalversammlung, der Weltgesundheitsorganisation oder dem Sicherheitsrat übernehmen. „Ich wollte schon immer mehr über die Vereinten Nationen wissen und konnte mich für die Idee eines fächerübergreifenden Projekts von Anfang an begeistern“, erzählt die Teilnehmerin Judith Mayer. Das Projekt umfasst aber längst nicht nur die Sitzungswoche in New York, in der die Delegierten die jeweilige Position ihres Landes in Reden, Resolutionsentwürfen und Debatten wirklichkeitsgetreu vertreten sollen. Das Projekt umfasst auch eine intensive Vorbereitungszeit während der wöchentlichen Treffen und eine enge Kommunikation mit dem jeweiligen Komiteepartner. „NMUN bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine hervorragende Möglichkeit, sich mit der Tätigkeit der Vereinten Nationen und mit internationalen Verhandlungsprozessen vertraut zu machen. Deshalb ist die Vorbereitung ebenso wichtig wie die eigentliche Konferenzsimulation in New York“, sagt Prof. Dr. Thomas Gehring, Lehrstuhlinhaber für Internationale Beziehungen und Schirmherr des Projekts.

Sambische Perspektiven in Theorie und Praxis

Um möglichst gut vorbereitet zu sein, hatte die Bamberger Delegation seit Anfang des Semesters umfassende Recherchen über „ihr“ Land angestellt, das als Entwicklungsland zunächst eine spannende und zugleich völlig neue Perspektive bot. Sambia hat einer der höchsten HIV-Infektionsraten und zählt zu den „least developed countries“ der Erde – es war wichtig, sich diesen gesellschaftlichen Problematiken anzunähern.

Neben viel Spaß bedeutet das NMUN-Projekt also auch viel Zeitaufwand und Arbeit für die einzelnen Teilnehmer. „Eine Sitzung kann schon mal vier Stunden dauern“, sagt Marcus Neureiter, „aber es ist einfach spannend, mit Studierenden aus verschiedensten Fachrichtungen zusammenzuarbeiten“. Auch der Politikstudent Thomas Bergmann ist vom Projekt begeistert: „NMUN bietet die Möglichkeit, das theoretische Wissen auch einmal in der Praxis kennen zu lernen.“ Die Praxis sieht aber auch so aus, dass Verhandlungsstrategien und diplomatisches Geschick eingeübt werden mussten.

Diplomatische Herausforderungen

So standen bei den Vorbereitungen für das Projekt auch Aspekte wie das Verfassen von Resolutionsentwürfen oder Vorträge zu den „rules of procedure“, den originalen Verhandlungsregeln der Vereinten Nationen, auf dem Plan. Daneben nahm die Delegation Anfang Dezember auch an Thüringen Model United Nations (ThüMUN) teil. Zusammen mit einer Delegation der Universität Erfurt wurde neben dem Sicherheitsrat der Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen simuliert. „ThüMUN war eine ideale Gelegenheit, uns auf New York vorzubereiten und unser Wissen praktisch anzuwenden“, meint Head Delegate Sibylle Schikora.

Die jungen Bamberger Diplomaten werden also bestens vorbereitet nach New York fahren und ihre „bambischen“ Freundschaften auf dem diplomatischen Parkett pflegen und ausbauen.