Peter RiedlbergerChristian Weber

Peter Riedlberger hat seit Mai 2021 die Professur für Geschichte und Kultur der Spätantike inne.

- Hannah Fischer

Die neue Position bringt mehr Verantwortung mit sich

Peter Riedlberger ist bereits seit 2015 an der Universität Bamberg beschäftigt – seit Kurzem als Professor für Geschichte und Kultur der Spätantike.

Bewusst hat sich Prof. Dr. Dr. Dr. Peter Riedlberger die Welterbestadt Bamberg für sein erstes Projekt ausgesucht. Seit 2015 ist er an der Universität beschäftigt und hat in den vergangenen Jahren zwei ERC-Forschungspreise in Höhe von insgesamt rund 3,5 Millionen Euro erhalten. Die Grants des European Research Council (ERC) gelten unter anderem wegen des strengen Auswahlverfahrens als prestigeträchtigste individuelle Forschungspreise. Seit dem Sommersemester 2021 hat Peter Riedlberger nun die Professur für Geschichte und Kultur der Spätantike inne. Im Interview erzählt der 48-Jährige unter anderem von den Eindrücken, die er in den vergangenen Jahren an der Universität Bamberg sammeln konnte, und warum seine neue Position mehr Verantwortung mit sich bringt. Außerdem verrät er, wie es dazu kam, dass er drei Doktortitel in ganz unterschiedlichen Bereichen – Lateinische Philologie, Wissenschaftsgeschichte und Jura – erworben hat. 

Sie sind ja bereits seit 2015 an der Universität Bamberg beschäftigt. Können Sie sich noch erinnern, wie damals Ihr erster Eindruck von der Universität und Stadt Bamberg war?

Peter Riedlberger: Das erste Mal in Bamberg war ich viel früher, als Tourist, der sich das Weltkulturerbe anschaute und wie jeder andere Besucher von der Schönheit der Stadt begeistert war. Auch die Verbindung zur Universität ist älter: Bereits seit Anfang 2013 stand ich in Kontakt. Damals plante ich einen großen Antrag, aus dem letztlich der ERC Starting Grant wurde, und kontaktierte mehrere Universitäten, zu deren Ausrichtung dieses Projekt gepasst hätte. In Bamberg organisierte man umgehend einen Termin mit dem damaligen Dekan und allen direkt betroffenen Gelehrten. Ich wurde buchstäblich mit offenen Armen aufgenommen, und bereits nach dem ersten Termin bestand für mich kein Zweifel, den Antrag für Bamberg einzureichen.

Was hat sich seitdem verändert?

Ich bin froh und erleichtert, dass ich zwischenzeitlich die Erwartungen der Universität – die ja sozusagen ab Anfang 2015 in mich investiert hatte – mit zwei ERC-Grants und ein paar weiteren erfolgreichen Anträgen erfüllen konnte. Was meinen Blick auf die Universität angeht, so hat sich mein Enthusiasmus vom ersten Tag bis heute nicht geändert. Dafür gibt es einerseits strukturelle Gründe, andererseits personenabhängige. 

Welche Gründe sind das zum Beispiel?

Weil Bamberg eine mittelgroße Universität ist, sind die Wege kurz. Anders als an anderen Universitäten ist daher etwa die Hochschulleitung nicht eine entrückte Instanz; vielmehr ist eine unmittelbare und effiziente Kommunikation stets möglich. Auch der klare Fokus ist in meinen Augen sehr vorteilhaft. Die Tatsache, dass die Geisteswissenschaften größtenteils in der pittoresken Innenstadt untergebracht sind, ist ebenfalls ein großes Plus. Dazu kommt, was ich vorhin „personenabhängig“ nannte: Es ist ein großes Glück, nette Kolleginnen und Kollegen zu haben, mit denen man sich hervorragend versteht. Das Gleiche gilt für die anderen Angehörigen der Universität, nicht-wissenschaftlich wie wissenschaftlich. Aber das hängt natürlich wirklich an den konkreten Personen. Ich bin froh, dass sich in dieser Hinsicht seit 2013 nichts verändert hat.

Was bringt die neue Position für Sie für Änderungen mit sich?

In erster Linie wesentlich mehr Verantwortung. Solange man nur Forschung betreibt, kann man nur sich selbst blamieren, wenn man grob danebengreift. Fehler sind aber verheerend, wenn man über das Schicksal anderer Leute (mit-)entscheidet. Das betrifft nicht nur den offensichtlichen Fall der Notenvergabe bei der Lehre, sondern auch die Gutachtertätigkeit, zu der ich nunmehr erheblich öfter herangezogen werde. Ich habe selbst jahrelange Erfahrung damit, nach einem mühsam erstellten Antrag darauf zu warten, dass irgendeine unbekannte Instanz den Daumen hebt oder senkt. Jetzt, nach dem Rollentausch, will ich dieser Verantwortung voll gerecht werden, ohne dabei von wissenschaftlichen Standards abzuweichen.

Sie haben drei Doktortitel in ganz unterschiedlichen Bereichen erworben. Wie kam es dazu?

Das ist eine längere Geschichte. Die Kurzversion: Zwischen 2000 und 2010 war ich außerhalb des universitären Betriebs im IT-Bereich tätig, wo mir relativ viel Freizeit für „nerdy“ Interessen – sprich Altertumswissenschaften – blieb. Aus diesem Jahrzehnt stammen die Grundlagen für alle drei Promotionen. Da ich in dieser Zeit keinen Gedanken an eine Rückkehr an die Universität hatte – mithin also eine Habilitation sinnlos gewesen wäre –, ich andererseits sehr viel Spaß an ganz unterschiedlichen Teilgebieten antiker und vor allem spätantiker Kultur hatte, nahm ich mir immer neue Projekte vor. 

Zu welchen Schwerpunkten forschen Sie?

Derzeit und mindestens die nächsten fünf Jahre lang, allein schon wegen des neuen ERC-Grants, beschäftige ich mich vor allem mit spätantiken Konstitutionen. Das sind die Texte, mit denen man in dieser Zeit Gesetze erlassen hat, die aber so gar nicht zu unseren Vorstellungen von Normen, also kurz, prägnant, klar, zumindest für den Juristen eindeutig, passen wollen. Es sind vielmehr lange, kunstvoll verfasste, oft obskure Kompositionen, denen man sich aus verschiedenen Blickwinkeln – natürlich juristisch, aber auch linguistisch, literaturwissenschaftlich und anderen – nähern muss.

Können Sie von einem besonders spannenden Forschungsprojekt berichten?

Das in der letzten Frage erwähnte große Projekt zu den Konstitutionen finde ich deswegen so interessant, weil darin sehr viele Teilbereiche der Altertumswissenschaft zusammenkommen: Teils müssen die Konstitutionen von den Handschriften ediert werden, teils sind sie nur in Inschriften erhalten. Ihr Verständnis erfordert Kompetenzen in Recht und Philologie, der Prosarhythmus wird durch Software ausgewertet. Ihre langen Einleitungen ermöglichen uns einzigartige Einblicke in die Themen, die die kaiserliche Zentrale in entlegene Regionen kommunizieren wollte.

Wann und wie haben Sie Ihre Begeisterung für die Spätantike entdeckt?

Das war, glaube ich, im Verlauf meines zweiten Studiensemesters. Ich las damals sehr breit über die Antike, wie man das halt so macht ganz am Anfang. Die Spätantike ist einerseits noch ganz Antike, andererseits steht ein enormer Reichtum an Quellen zur Verfügung, der noch der Auswertung harrt.

Warum sollte man Ihrer Meinung nach heute Ihr Fach studieren?

Wie bei fast allen geisteswissenschaftlichen Fächern gibt es keinen direkten Anwendungsfall für das Studium der Spätantike. Es muss klar sein, dass ein Berufseinstieg weniger geradlinig und womöglich auch weniger einfach ausfallen wird als mit einem unmittelbar berufsvorbereitenden Fach. Kann man damit leben, bietet sich das Studium der Spätantike dann an, wenn man am Altertum und seinen beiden Sprachen viel Spaß hat und gern forschungsorientiert arbeitet. Denn in der Spätantike sind noch viele Entdeckungen zu machen.

Vielen Dank für das Interview!