Seit Februar 2009 ist der Koreaner Sang-Joon Ahn Gastwissenschaftler an der Uni Bamberg (Bild: Montage aus commons.wikimedia und hedonist/stock.xchng)

Prof. Dr. Ahn forscht derzeit am Zentrum für Mittelalterstudien (Bild: Nathalie Forster)

Ahn interessiert sich vor allem für die Geschichte der Kreuzzüge (Bild: commons.wikimedia)

- Nathalie Forster

„Es muss immer eine Brücke geben“

Klassiker der deutschen Literatur zogen Sang-Joon Ahn nach Deutschland

Es war am Pfingstwochenende 1997, als Prof. Dr. Sang-Joon Ahn zum ersten Mal nach Bamberg kam. Weil ihr Zug einige Stunden Aufenthalt in der Domstadt hatte, bummelten er und seine Frau durch die Bamberger Altstadt. Zum Schluss gaben sie ein Versprechen ab: „Wir kommen wieder!“ Dieses Gelübde hat der Historiker gut zwölf Jahre später eingelöst. Im Februar 2009 zog er mit seiner Frau Ok-Rye Jeon und seiner Tochter Sol nach Bamberg, um ein Jahr als Gastwissenschaftler am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte  zu forschen.

Ein ZEMAS für Korea

In seinem Forschungsjahr bereitet er sich auf Vorträge zur Geschichte der Kreuzzüge vor, die er zukünftig in Korea halten wird. Unterstützt wird Ahn nicht nur von Prof. Dr. Klaus van Eickels, Professor für Mittelalterliche Geschichte, sondern auch von der ZEMAS-Direktorin Prof. Dr. Ingrid Bennewitz. Sie und ihre Mitarbeiter bieten ihm neben einem Raum auch stets ein „offenes Ohr“. Das Zentrum für Mittelalterstudien, die gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung der mit Mittelalter-Forschung befassten Fächer der Universität Bamberg, fasziniert den Gast aus Fernost. Ihm gefällt die Idee, fächerübergreifend Forschung und Lehre in der Mediävistik zu betreiben, so sehr, dass er darüber nachdenkt, „in Korea eine ähnliche Organisation zu schaffen.“

Seit 2003 hat Ahn an der Andong National University in Korea die Professur für das europäische Mittelalter inne. Bislang bot er seinen koreanischen Studenten überwiegend einführende Lehrveranstaltungen an. Sein Jahr als Gastwissenschaftler bringt ihn da einen großen Schritt nach vorne: „Dank meines Aufenthaltes in Bamberg kann ich endlich das Themenspektrum in meiner Lehre erweitern und zum Beispiel die Geschichte der Kreuzzüge genauer vorstellen“, freut er sich.

„Ich möchte ein Buch über Bamberg schreiben“

Täglich schreibt er im Büro in der Kapuzinerstraße an seinem Thema. „Es ist schön, mitten in Bamberg zu arbeiten“, schwärmt er und blickt aus dem Fenster direkt auf den Turm der U9. Schon bei seinem ersten Bamberg-Aufenthalt faszinierten ihn die Gebäude und religiösen Statuen der Stadt. Wenn Sang-Joon Ahn Zeit hat, geht er gerne mit seiner Frau und seiner Tochter Sol in den Hain. Auf dem Weg dorthin wird er immer wieder von für ihn interessanten Details überrascht. „Auf zwei Bronzetafeln vor dem Clavius-Gymnasium sind die Namen der Juden eingeprägt, die von den Nationalsozialisten deportiert wurden“, erzählt er, „und es gibt noch mehr dieser Tafeln“. Bevor er nach Seoul zurückfliegt, möchte er solche Details dokumentieren. „Wenn möglich, will ich auch ein Buch über Bamberg schreiben.“

Geschichtswissenschaften als Brücke zwischen zwei Kulturen

Die Literatur ist es auch, die ihn nach Deutschland geführt hat. „Ich habe viele ins koreanische übersetzte Klassiker der deutschen Literatur gelesen.“ Die Werke von Hermann Hesse, Franz Kafka und vor allem des Philosophen Karl Jaspers faszinierten Sang-Joon Ahn schon in seiner Jugend. Dazu kam sein Traum von einem Leben im Ausland und so fügte sich eins zum anderen. „Es muss immer eine Brücke geben“, bei Sang-Joon Ahn war es die klassische Literatur, bei seinen Schülern in Korea „ist es das Interesse an der Geschichte“.

Studiert hat Ahn trotz seiner Vorliebe für Literatur und Philosophie aber Geschichtswissenschaften. Nach seinem B.A. machte er 1988 noch seinen M.A.-Abschluss. 1992 ging es für den Historiker dann endlich nach Deutschland, wo er seine Promotion in Mainz begann, die er später in Bochum fortsetzte. „Damals stand ich echt unter Kulturschock“, erinnert er sich. Vor allem die Körperkultur in Deutschland war ihm fremd. „Da lagen im Park Frauen nur im Bikini.“ So etwas habe es in Korea zu dieser Zeit noch nicht gegeben. „Mit der Zeit habe ich mich aber daran gewöhnt.“

Während seiner Promotion lernte Ahn auch seine „Brücke“ nach Bamberg kennen. Bei der internationalen Tagung „Militares Ordines“ in der polnischen Kleinstadt Torun traf er 2001 mit Klaus van Eickels zusammen. Die beiden blieben im Kontakt und im Februar 2009 kam Sang-Joon Ahn als Gastwissenschaftler nach Bamberg.

Dank seiner langjährigen Erfahrungen mit der deutschen Kultur ist ihm der Umzug in die Domstadt nicht schwer gefallen: „Hier habe ich mich schnell eingelebt“. Aus seinen Erfahrungen zieht Ahn auch für die Zukunft eine Lehre: „Die Kulturen sind sehr unterschiedlich, aber das macht das Ganze doch so interessant.“ Außerdem dürfe man nicht außer Acht lassen, dass die logische Konsequenz aus zwei Kontinenten eben einfach zwei Kulturen seien.

Kulturreise geht weiter

Nach seinen langen Deutschland-Aufenthalten möchte Ahn auch in Zukunft international tätig sein. Seine Zeit in Bamberg hat er auch dazu genutzt, sich Gedanken über seine Zukunft zu machen: „Vielleicht geht es ja als nächstes in die USA, das würde mich sehr reizen.“ Im März fliegt er auf jeden Fall erst einmal zurück in seine koreanische Heimat. Nach Deutschland kommt er sicher auch noch einmal. „Ich muss ja auf meine Tagungen“, erklärt er. Und Bamberg? „Wenn es sich ergibt, warum nicht?“. Schließlich hat er hier vor dem hektischen Alltag in Korea fliehen können und seinen „inneren Frieden“ gefunden.