Himmlisch vergnügt und teuflisch lustig: Jutta Müller-Schnurr und Martin Schnurr (Foto: Tanja Eisenach)

Das esg-Café liegt dem Pfarrerehepaar besonders am Herzen. (Fotos: Martin Schnurr)

Einzigartig an deutschen Hochschulen: die Multireligiöse Feier

Gemeinsames Gebet im Raum der Stille

Offen für unterschiedliche Standpunkte und Religionen

Evangelische Universitätsseelsorger nehmen Abschied

Jutta und Martin sitzen auf ihrem Lieblingssofa im esg-Café. Auf dem Tisch stehen Kaffee und Schokocroissants. Kaum haben sich die beiden niedergelassen, schaut die Putzfrau zur Tür herein, um guten Tag zu sagen. Ein paar Minuten später blickt Student Ralf um die Ecke und bespricht mit Jutta Internetangelegenheiten. „So ist das immer bei uns“, sagt Jutta lächelnd.

Immer, das meint in diesem Fall seit über sieben Jahren, als Jutta und Martin von ihrer Tätigkeit als Universitätsseelsorger in Bristol zurück nach Deutschland kamen. Und ihre Stelle bei der esg, der Evangelischen Studierendengemeinde, in Bamberg antraten. „Also ganz ehrlich, die esg… .“ Martin unterbricht sein Frühstück und wird lebhaft. „Mit dem Wort ‚Studierendengemeinde‘ kämpfen wir immer“, meint er. „Denn wir fühlen uns nicht nur für die Studierenden zuständig, sondern möchten Ansprechpartner für alle Universitätsangehörigen sein, egal, ob Student oder Mitarbeiter, ob evangelisch oder nicht.“

Mittlerweile hat sich die Idee einer Universitätsseelsorge in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) durchgesetzt und viele Pfarrerinnen und Pfarrer in den Studierendengemeinden verstehen ihre Aufgaben in diesem Sinne. Zu Beginn ihrer Bamberger Zeit jedoch war diese Idee, die Jutta und Martin in Bristol kennen- und schätzen gelernt haben, noch Neuland. „Unsere größte Herausforderung damals war es, Strukturen zu schaffen, die unserem Selbstverständnis gerecht wurden, und diese dann auch zu kommunizieren“, blickt Jutta zurück und erntet ein zustimmendes Nicken von ihrem Mann. Ein Ausdruck dieses Selbstverständnisses ist für die beiden das esg-Café im Erdgeschoss des Gebäudes Markusplatz 1.

Das esg-Café

Die Räumlichkeiten hatten sie von ihrem Vorgänger Dr. Johannes Rehm übernommen und von einem reinen Veranstaltungsbereich zu einem „Wohnzimmer“ der alltäglichen Begegnung gemacht – zum Reden, Spielen, Lesen oder Arbeiten. Wer für sich sein möchte, geht in den Raum der Stille direkt nebenan. Ca. 150 Mal, so schätzen die beiden, wird der Raum in einer Woche frequentiert.

Ein Besucher, der regelmäßig vorbeischaut, ist Max. Er studiert seit dem 3. Semester im Bachelorstudiengang Psychologie, ist bereits seit dem 1. Semester in der esg aktiv und mittlerweile auch zum Sprecher gewählt worden. Was ihm besonders gut gefällt, ist die offene, liberale Haltung des Pfarrerehepaars sowie das stimmige Angebot: „In der esg findet man eine ausgewogene Mischung aus Informationsveranstaltungen, Freizeitaktivitäten und spirituellen Begegnungen. Ich fühle mich hier einfach wohl.“

Die Einrichtung eines esg-Beirats

Verbindungen schaffen, ein gemeinsames Miteinander aufbauen, die esg auch über den universitären Kontext hinaus in Bamberg zu vernetzen: Das, was bei einem Besuch im esg-Café bereits nach den ersten Minuten so selbstverständlich wirkt, hatten sich Jutta und Martin auch in größerem Rahmen vorgenommen. Allerdings wussten die beiden von Anfang an, dass dies nicht alleine zu schaffen war. Deshalb suchten sie immer wieder Gespräche mit der Universitätsleitung, mit Mitgliedern der Universitätsverwaltung, anderen Hochschulgemeinden oder  Vertretern der Stadt. Als die EKD es den Studierendengemeinden ermöglichte, eigene Beiräte einzurichten, zögerten die beiden nicht lange und gaben sich selbst mit dem esg-Beirat ein Gremium, in dem Ideen diskutiert und Programme besprochen werden, aber auch Rechenschaft abgelegt und Kritik erbeten wird.

Multireligöse Feier

Eine intensive Bedarfsanalyse auf verschiedenen Ebenen führte Jutta und Martin schnell zu einem weiteren Herzensprojekt. Seit 2007 gibt es auf ihre Initiative hin die Multireligiöse Feier zu Semesterbeginn  – ein bis heute einzigartiges Angebot an deutschen Hochschulen. Kanzlerin Dr. Dagmar Steuer-Flieser ist auf der Feier regelmäßig zu Gast und stolz auf dieses Angebot: „Die Konzeption, nicht nur die Gemeinsamkeiten zu betonen, sondern in den Gemeinsamkeiten die unterschiedlichen Standpunkte und Traditionen der Religionen deutlich zu machen und für gegenseitiges Verständnis zu werben, ist eine wirkliche Bereicherung.“

Dass sie in Bamberg aufgeht, beweist die konstante Besucherzahl  – bei dieser Veranstaltung, aber auch bei den Universitätsgottesdiensten in der Kirche St. Elisabeth, die Jutta und Martin gemeinsam mit der Katholischen Hochschulgemeinde organisieren.

Neue Perspektiven durch Gemeindearbeit

Jutta blickt verträumt in die Ferne. Ein bisschen Wehmut hat sich angesichts ihres nahen Abschieds und der resümierenden Gedanken in ihr Gesicht geschlichen. Auch Martin hat es kurz die Sprache verschlagen. „Es waren tolle sieben Jahre, die wir hier verbracht haben“, fährt Jutta schließlich fort. „Vor allem deshalb, weil wir überall Gehör und Unterstützung gefunden haben, insbesondere bei der Universitätsleitung.“

Zum 15. Februar 2014 werden die beiden in die Gemeinde St. Johannis nach Würzburg wechseln und dort als Pfarrer und Gemeindeseelsorger tätig sein. Für ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger haben die beiden aber noch eine kleine Überraschung hinterlassen: „Auf der Wiese gegenüber dem Universitätsgebäude Markusplatz 3 wird im April das Zelt der Religionen aufgestellt, das 2012 auf der Bamberger Landesgartenschau zu sehen war. Der Förderverein freut sich ganz bestimmt über viele gemeinsame Projekte und Veranstaltungen.“ 

Hinweis

Diesen Text verfasste Tanja Eisenach für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de Tel: 0951-863 1023.