Mazu, Göttin des Meeres (links das Original, fotografiert von Nick Beckett, rechts 3D-Scan von www.3dprinting.com.tw., mit freundlicher Genehmigung der Tempelvereinigung und von April Hueimin Lu, NPUST).

Paul Bellendorf während des Workshops (Bild: Nick Beckett).

- Paul Bellendorf

Bamberger Know-how in Taiwan

Restaurierungswissenschaft veranstaltete 3D-Scannerworkshop

Nach Vermessungen fränkischen Kulturguts wie des Bamberger Reiters oder der Heinrichskrone organisieren Mitarbeiter der Bamberger Restaurierungswissenschaft nun den 3D-Scan eines taiwanesischen Tempels. Im Vorfeld veranstalteten sie an der Universität von Pingtung einen Workshop.

Im Zuge eines anstehenden Neubaus sollte ein circa 80 Jahre alter Tempel in Taiwan  ursprünglich vollständig zerstört werden. Zu seiner Rettung wurde er Teil für Teil abgebaut. Der Tempel, der im taiwanesischen Institute of Landscape, Architecture and Recreation Management verwahrt wird, soll nun virtuell wieder auferstehen: Im Rahmen eines internationalen Projektes ist geplant, dass die 686 hölzernen Einzelteile von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg einzeln gescannt und texturiert werden, so dass die National Pingtung University of Science and Technology (NPUST) in Taiwan auf Basis dieser Daten ein digitales Modell erstellen kann.

Dazu fand vom 21. bis 23. April an der NPUST ein dreitägiger Workshop statt. Dr. Paul Bellendorf von der Restaurierungswissenschaft der Universität Bamberg erklärte mit tatkräftiger Unterstützung von Barbara und Nick Beckett den „Einsatz von 3D-Scannern im Bereich der Kunst- und Kulturdenkmalpflege“. Der Kurs richtete sich vor allem an Studierende und Professoren der Fachrichtung Denkmalpflege und Architektur.  Es waren aber auch Teilnehmer der Fachbereiche Design und Automobil sowie Studierende des Faches Restaurierung der Tainan Universität (TNNUA) anwesend. Dort lernen sie bei Barbara Beckett, die eine Professur für Wandmalerei an der TNNUA innehat. Der Workshop bestand neben der Theorie vor allem aus einem Praxisteil mit einem 3D-Weißlicht-Streifenprojektionsscanner. An ausgewählten Stücken des Tempels lernten die Teilnehmer dessen Funktionsweise und das Scanverfahren kennen.

Meeresgöttin als Demonstrationsobjekt

Eine Tradition in Taiwan will es, dass bei einem Tempelneubau die ursprüngliche Gottesstatue vernichtet wird, sobald der neue Tempel fertiggestellt ist. Die Zerstörung der Göttin der Meere Mazu, der dieser Tempel geweiht ist, ist für Oktober 2009 geplant. Inhalt des Seminars war es daher unter anderem, die Göttin in ihrem temporären Ersatztempel dreidimensional zu scannen, um sie so später als Computermodell wiederauferstehen zu lassen.

Der Workshop war eine Bereicherung für beide Seiten: Die taiwanesischen Studenten und Professoren lernten die komplexe Thematik des 3D-Scannens kennen, die in Zukunft immer wichtiger wird, besonders deren Möglichkeiten im Bereich der Kunst- und Kulturdenkmalpflege. Die Mitarbeiter der Otto-Friedrich-Universität fanden in Taiwan eine hervorragende Unterstützung vor, wofür sie sich herzlich bei Prof. Dr. April Hueimin Lu und ihren Studierenden von der NPUST und ganz besonders bei der Tempelverwaltung bedanken. Beim anstehenden internationalen Scanprojekt werden sie stark von den Erfahrungen vor Ort profitieren.