Rudolf Hein

Das Gros der Beiträge war aus dem 19. und 20. Jahrhundert.

Rudolf Hein

Der Chor zeigte sich als singfreudiges und agiles Ensemble.

Rudolf Hein

Larissa Gersitz interpretierte die „Suite Populaire Brésilienne“.

Rudolf Hein

An diesem Abend gab es eine große Stilvielfalt zu hören.

- Tim Förster

Ein musikalischer Blick nach vorne

Beim Vortragsabend im Irmler Musiksaal zeigten Studierende ihr Können

Ein kultureller Abend beginnt mit Worten. Sind sie gesprochen, lassen die gesungenen nicht lange auf sich warten. Dafür sorgt am Lehrstuhl der Extra-Chor, welcher sich nach seiner Gründung schnell als fester Bestandteil des Vortragsabends etabliert hat und dabei nicht mit originellen Ideen spart. Auch wenn Chorleiterin Julia Deutsch in diesem Semester auf männliche Beteiligung verzichten musste, gelang einmal mehr das Konzept, durch die Verwendung gewitzter Arrangements, eingängiger Texte und Lautmalereien ein singfreudiges und agiles Ensemble zu formen.

Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Stefan Hörmann freute sich in seiner Begrüßung über die Stilvielfalt, welche die Künstler des Abends mit ihrer Stückwahl erwarten ließen. Insbesondere modernere Komponisten hatten es ins Programm geschafft, darunter auch der Brasilianer Heitor Villa-Lobos. Seine Suite Populaire Brésilienne für Gitarre, stilecht interpretiert von Larissa Gersitz, stand am Anfang der gut vertretenen Werk-Riege der Saiteninstumente. Es mag ein Klischee bedienen, aber manchen Instrumenten scheint ein spezieller Bildcharakter anzuhängen. So ist man im Winter dankbar, eine Querflöte zu hören, die von Frühling und Sonnenstrahlen spricht. Nina Hirmke tat es mit dem Madrigal für Flöte und Klavier von Philippe Gaubert. Derweil vertrat Tim Förster die Zunft der Blechbläser an der Bassposaune. Die begleitende Pianistin Edith Förster flog bravourös durch die Wogen des Solokonzertes, welches der Komponist Ernst Sachse als überaus moderner Romantiker in Solostimme und Begleitung als rasanten und wendungsreichen Gang durch die Oktaven angelegt hatte.

Großmeister Mozart erlaubte einen Rückgriff auf klassisches Repertoire, während sich das Gros der Beiträge dem 19. und 20. Jahrhundert zu verdanken hatte. Le Nozze di Figaro erfuhr gleich zweifache Würdigung durch einen Beitrag, selbstredend gesanglich. Antonia Holler und Maria Pflüger präsentierten sich sattelfest und auch schauspielerisch ausdrucksstark als Gräfin und Susanna im Brief-Duett. Am Flügel spielte Burcin Sel mit sichtlichem Vergnügen, später dann in Begleitung des Cherubino, dem Miriam Groh ihre Stimme lieh, die auch als Klavierbegleitung des Extrachors in Erscheinung trat. Maximilian Konrad setzte den Schlusspunkt der ersten Hälfte, die angenehm international anmutete, mit dem bekanntesten Werk des Amerikaners Edmund Severn, dem Polish Dance. Immer zwischen verträumter Wehmut und tänzerischer Noblesse, getragen von Elsa Duplan am Klavier.

Von Beethovens Sonate bis zu Brechts Dreigroschenoper

Letzteres entwickelte sich im Laufe des Abends – gebührenderweise – zu einem der Hauptdarsteller. Verantwortlich zeichnete zum einen Anna-Lena Landmann, deren Variations sur une Chanson nach Helmut Vogel den Flügel in seiner raumbeherrschenden Größe schwingen ließen. Julia Rögner überzeugte derweil im ersten Satz aus der Sonate in d-Moll von Ludwig van Beethoven mit kontrastreichen Ausbrüchen. Vor allem aber war es das kurze Innehalten in den Sinnpausen, von welchen der Satz durchzogen ist, das zu präsentieren der Künstler den Mut haben muss, um spannungsreiche Stille anklingen zu lassen. Julia Rögner meisterte dies selbstsicher.

Es ist ganz erstaunlich und gleichzeitig sinnstiftend für Musik, wie wenig sie benötigt, um zu wirken. Bei aller Theatralik bleibt ihr zentrales Element letztlich immer der pure Klang. So genügt ein einzelnes Instrument, das Publikum zu unterhalten und zu ergreifen. Dafür braucht es freilich Bühnenpräsenz und Stabilität, auf der Querflöte allemal. Beides leistete Katrin Werner in ihrem solistischen Vortrag des Piéce pour flúte seule von Jacques Ibert. Verglichen damit hat es der Sänger gleichermaßen leicht und schwer. Entgegen einem Instrumentalisten um die artikulatorischen Feinheiten der menschlichen Stimme reicher, lastet auf ihm die Verantwortung, sie nebst den Ausdrucksmöglichkeiten der Gesichtszüge entsprechend zu nutzen. Gelegenheit dazu bietet Brechts Dreigroschenoper zuhauf, Kurt Weill sei Dank. Annika Oelerich oszillierte als träumerisch-aufbegehrende Seeräuber-Jenny zwischen Sing- und Sprechstimme und erntete für ihren gekonnten Auftritt herzliche Anerkennung.