Ein prominenter Kritiker seines Landes: der italienische Journalist Marco Travaglio (Bild: Pressefoto)

Travaglio nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, für mehr Medienfreiheit in Italien zu kämpfen (Bilder: Lehrstuhl für Romanische Sprachwissenschaft)

Die Gastgeber Martin Haase (links) und Marc Depietri freuten sich über den prominenten Gast

- Nina Dederbeck

Unbequem und oft verklagt

Vortrag des italienischen Journalisten Marco Travaglio

In dem ihm eigenen trockenen, oftmals ironischen Stil stellte der italienische Journalist Marco Travaglio am 25. Januar zunächst fest, dass während der vergangenen Jahre in den italienischen Medien viele Ereignisse übertrieben dargestellt worden seien: von der Gefahr der Geflügelpest über die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak bis hin zur unglaublichen Aussage des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconis Ende 2004, im Irak funktioniere alles bestens, einmal abgesehen von den Ampeln in Bagdad.

Politik und Justiz in die Mangel genommen

Der Referent hob in seinem Vortrag „La scomparsa dei fatti“ vor allem hervor, dass viele der italienischen Reporter im Dienst der Politiker stünden. So werden Berlusconi und seinen politischen Freunden in Fernsehinterviews niemals „unbequeme“ Fragen gestellt und Zuschauer, die sich kritisch äußern, in ihre Schranken verwiesen. Travaglio verschaffte einen Eindruck davon, wie vorsichtig man in Italien mit den Informationen, die über Presse und Fernsehen lanciert werden, umgehen muss.

Doch auch die Politik und die Justiz sollten nicht verschont bleiben, und so wies Travaglio auf zahlreiche Unstimmigkeiten in diesen Bereichen hin, zum Beispiel auf einen im Juli 2006 verabschiedeten Straferlass, von dem viele Parlamentsmitglieder selbst profitierten. Oder auf den Freispruch des langjährigen italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti – trotz dessen bekannter Kontakte zur Mafia. Ebenso wurde die Blamage des Politikers Rocco Buttiglione erwähnt, der 2004 von der EU als Kommissar für Justiz, Freiheit und Sicherheit abgelehnt wurde.

Nach seiner Rede stand Marco Travaglio bereitwillig den Fragen der Zuhörerinnen und Zuhörern Rede und Antwort. Im Anschluss an die Veranstaltung konnten Studierende, Professoren und Interessierte den Abend bei einem Pizzaessen ausklingen lassen, bei dem es Gelegenheit zu weiteren Diskussionen gab. Prof. Dr. Martin Haase, Inhaber des Bamberger Lehrstuhls für Romanische Sprachwissenschaft, und Marco Depietri, Lektor für Italienisch, hatten den italienschen Journalisten nach Bamberg eingeladen.

Zur Person

Marco Travaglio gilt heute als „unbequemer“ Journalist und versucht als eine der wenigen unabhängigen Stimmen Italiens, die Korruptionsaffären und die Widersprüche sowohl im rechten als auch im linken Lager der italienischen Parteienlandschaft aufzudecken.

Bekannt wurde er schon 2001, als er mit einem Mitglied der parlamentarischen Antimafiakommission ein Buch über die Geheimnisse um die Herkunft des Vermögens von Silvio Berlusconi publizierte. Als er am 14. März 2001 das Buch in der satirischen Sendung „Satyricon“ im staatlichen Fernsehen präsentierte, brach am Tag darauf ein riesiger Krawall aus. Travaglio und der Moderator Luttazzi wurden von Berlusconi, anderen Mitgliedern seiner Partei und seinem Medienunternehmen Mediaset insgesamt zehn Mal verklagt. Von diesen zehn Klagen wurden sie bereits siebenmal freigesprochen.