Freuen sich über die Kooperation (v. l.): Barbara Beckett, Rainer Drewello, Prof. Sheau-Ru Tong von der NPUST (im Hintergrund) und Godehard Ruppert (Bilder: Pressestelle).

Kurz zuvor hatte der Präsident der Universität die Gäste aus Taiwan begrüßt und die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet.

- Rainer Schönauer

Scan-Projekt gegen kulturelles Vergessen

Kooperationsvertrag über Dokumentation taiwanesischer Kulturgegenstände unterzeichnet

Vertreter der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und der taiwanesischen Universität National Pingtung University of Science and Technology haben am 25. Juni eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die in ein DFG-Projekt münden soll. Die Zusammenarbeit dient vor allem der Erfassung wertvoller Kulturgegenstände durch 2D- und 3D-Techniken und der anschließenden wissenschaftlichen Aufarbeitung.

Man stelle sich vor der Bamberger Dom wird abgerissen und die Kunstschätze darin zerstört. Anschließend wird das Gotteshaus wieder aufgebaut und die dort aufbewahrten Gegenstände durch Kopien ersetzt. Was aus westlicher Sicht unvorstellbar erscheint, ist in Ostasien seit 3200 Jahren Tradition: Historische Gebäude samt Inhalt werden durch Nachbildungen ersetzt. Davon betroffen sind vor allem religiöse Kultstätten und die in ihnen aufbewahrten Kultobjekte. Die Folge: In Taiwan sind nur noch wenige Tempel und deren Ausstattung in ihrer ursprünglichen Form erhalten. Das Wissen und die Fähigkeit über den Umgang mit den historischen Materialien und Techniken gehen damit verloren. Erst langsam entwickelt sich in Taiwan ein Bewusstsein für die eigenen Kunst- und Kulturschätze. An der Tainan National University of Arts (TNNUA) und an der National Pingtung University of Science an Technology (NPUST) werden Konservatoren sowie Denkmal- und Landschaftspfleger ausgebildet. 

Zusammenarbeit stärkt Kultur

Um die taiwanesischen Denkmalschutzbemühungen zu unterstützen wurde vom Präsidenten der Universität Bamberg Prof. Dr. Dr. habil Godehard Ruppert am 25. Juni eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, die unter anderem ein DFG-Kooperationsprojekt anstoßen soll. Der Titel des eingereichten Forschungsvorhabens ist: „High End 2D, 3D Recording, Archiving, Virtual and Built Reconstruction of the Xin Hui Temple, Taiwan, New Technologies showing the Tradition of Historic Building Techniques in its Religious and Cultural Context”. Darin geht es vor allem um die Herstellung von zwei- und dreidimensionalen Abbildungen bedeutender Kunst- und Kulturobjekte. In dem gemeinsamen Forschungsprojekt sollen die jeweiligen, individuellen Fähigkeiten der Dokumentation, Archivierung, Untersuchung, Kontextanalyse, sowie der Präsentation und Vermittlung durch neue Medien gebündelt werden. „So können die Studierenden aller drei beteiligten Universitäten von dem Zugriff auf zwei- und dreidimensionale Techniken im Kontext von Geistes- und Naturwissenschaften profitieren“, erklärt Prof. Dr. Rainer Drewello vom Institut für Archäologie, Denkmalkunde und Kunstgeschichte der Universität Bamberg. 

Vielversprechende Vorarbeit  

Der Xin Hui Tempel in Pingtung County sollte, nach Plänen der Tempelbesitzer, komplett zerstört und durch einen neuen Tempel ersetzt werden. Erstmalig in Taiwan konnte die NPUST das historische Gebäude vor seiner Zerstörung retten, indem es in seine Einzelteile zerlegt und in der Universität eingelagert wurde. Die 686 farbig gefassten hölzernen Pfosten, Balken und Schnitzereien des Tempels bilden nun ein hervorragendes Studienobjekt.

In Vorbereitung auf das beantragte DFG-Projekt wurde im April 2009 von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ein dreitägiger Workshop zum „Einsatz von 3D-Scannern im Bereich der Kunst- und Kulturdenkmalpflege“ an der NPUST angeboten. Neben der Theorie wurde auch die praktische Anwendung des 3D-Scanners an einer Statue der Meeresgöttin Mazu demonstriert. Die Skulptur soll im Oktober im Rahmen einer religiösen Zeremonie endgültig zerstört werden. Doch der Scan wird ihr ein Weiterleben im virtuellen Xin Hui Tempel erlauben.        

Eine wahre Bereicherung

Da der Workshop gezeigt habe, welch eine große Bereicherung der Erfahrungsaustausch der Universitätsfachleute sei, habe man sich entschieden den Kooperationsvertrag so schnell wie möglich unter Dach und Fach zu bringen, so Prof. Barbara Beckett, Mitinitiatorin des Projekts. Eine Zusammenarbeit sei wichtig, weil gerade die unterschiedlichen Wissens-, Erfahrungs- und Kulturbereiche vielschichtige Fragestellung aufwerfen, die nur im interdisziplinären und interkulturellen Austausch bearbeitet werden können. Diese gewonnen Erkenntnisse sollen sowohl Fachkreisen als auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Initiatoren hoffen, dass ähnliche Projekte eine weite Verbreitung finden werden und so eine wichtige Basis für den zukünftigen Schutz taiwanesischer Tempel als Kunst- und Kulturobjekte geschaffen wird.