Jonathan zeigt, wo man das Land Syrien auf der Weltkarte findet. Viele Syrer fliehen aus ihrem Land, weil dort ein schlimmer Bürgerkrieg herrscht. (Bilder: Barbara Herbst)

Friedrich Heckmann erklärte in seiner Kinder-Uni-Vorlesung, warum manche Menschen ihr Land verlassen und in ein anderes umziehen.

In der Kinder-Uni drehte sich alles um die Frage: "Steckt Deutschland in einer ,Flüchtlingskrise‘?"

Gesucht: eine bessere Heimat

Kinder-Uni zur Flüchtlingkrise

„Mich interessiert das mit den Flüchtlingen sehr. Und ich will wissen, ob alles stimmt, was man darüber in der Zeitung liest“, sagt Elena kurz vor Beginn der Vorlesung „Steckt Deutschland in einer ,Flüchtlingskrise‘?“. Auch Lara hat schon viel darüber gehört, dass Menschen aus ihrem Land fliehen und nach Europa kommen. „Ich habe viele Mitschüler, die aus Deutschland sind, aber deren Eltern woanders herkommen. Darüber will ich mehr erfahren.“ Genau das ist das Thema, das sich Friedrich Heckmann für heute ausgesucht hat. Er ist Professor für Soziologie, untersucht also die Gesellschaft: „Wir erforschen, wie Menschen zusammenleben und wie sich das verändert. Zum Beispiel dadurch, dass Menschen dazukommen oder weggehen. Bestimmt habt ihr das Wort ,Migration‘ schon gehört?“, fragt Heckmann seine jungen Zuhörer. Viele Jungen und Mädchen nicken. „Das stammt von dem lateinischen Wort ,migrare‘ ab. Kann das einer übersetzen?“Ein Mädchen reißt die Hand hoch: „Wandern!“ Der Professor nickt: „Genau. Mit ,Migration‘ ist aber nicht die Wanderung gemeint, die ihr mit euren Eltern in der Fränkischen Schweiz macht, sondern dass Menschen weite Strecken wandern und umziehen.“ So wie Augustin: „Ich bin in Frankreich geboren und mit meiner Familie hierhergezogen“, erzählt der Junge in dem roten Pulli und dem blau-weißen Schal. Seinen Namen spricht man auf Französisch ungefähr so aus: Ogüstäh.

Geld, Liebe, Frieden

Warum Menschen ihr Land verlassen und in ein anderes ziehen, kann viele Gründe haben. Um die zu erklären, stellt Heckmann mit den Kindern eine Fußball-Nationalmannschaft auf. Einige schauen verdutzt: Was hat das denn mit Fußball zu tun?! „Wer ist unser Torwart?“ „Neuer!“ Alle sind sich einig – also jedenfalls die, die sich für Fußball interessieren. Jérôme Boateng soll die rechte Verteidigung übernehmen. „Weiß jemand was zu Boateng?“ Ein junger Experte erklärt: „Sein Vater ist aus Ghana. Seine Mutter ist Deutsche.“ Heckmann nickt: „Sein Vater ist nach Deutschland gekommen, weil er eine Deutsche geheiratet hat. Das nennt man ,Familienmigration‘: Er ist wegen der Familie hierher gekommen.“ Der Vater von Mesut Özil kommt aus der Türkei: „Er ist als sogenannter Gastarbeiter nach Deutschland gekommen, weil er hier Arbeit gefunden hat“, erklärt Heckmann. „Da sprechen wir von ,Arbeitsmigration‘.“ Und wie sieht’s bei Mustafi aus? Seine Eltern sind aus dem ehemaligen Jugoslawien, wo es vor rund 30 Jahren einen Bürgerkrieg gab. „Wie heute in Syrien“, sagt Heckmann. „Mustafis Eltern sind nach Deutschland geflüchtet, um dem Krieg zu entkommen. Das nennen wir ,Fluchtmigration‘.“ Einige Kinder können viel dazu sagen, denn sie haben seit Kurzem Mitschüler, die aus Syrien oder Afghanistan nach Deutschland gekommen sind. Damit das Zusammenleben in der Schule und in der Gesellschaft klappt, müssen die Menschen, die zu uns gekommen sind, die Sprache lernen. „Damit beginnt die Integration“, sagt der Professor. „,Integration‘ bedeutet, dass man Mitglied einer Gesellschaft wird.“ Und da sind wir alle gefragt: „Man kann ihnen beim Deutschlernen helfen“, schlägt ein Mädchen vor. „Ich glaube, statt Angst voreinander zu haben, sollten wir miteinander reden“, meint ein Junge. Das ist ein guter Anfang!

Hinweis

Dieser Artikel von Isabelle Epplé erschien am 2. Mai 2016 im Fränkischen Tag und wurde mit freundlicher Genehmigung des Fränkischen Tages veröffentlicht.