Rudolf Hein

Sie hat eine lange Geschichte: Die Uni-Bigband wurde 30 Jahre alt.

Rudolf Hein

Laura Mann sang „It’s all right with me“.

Rudolf Hein

Otto Herzog spielte mit der seltenen Erfahrung eines Dreivierteljahrhunderts Trompete.

Rudolf Hein

Leiter Markus Schieferdecker griff selbst zum E-Bass.

- Tim Förster

Jazz kombiniert mit Bigband-Klassikern

Uni-Bigband feierte bei der Jazz-Matinée ihr 30-jähriges Bestehen

Der Jazz ist ein unruhiges Fach. Er vollführt eine unablässige Pendelbewegung zwischen Dissonanz und Harmonie, Einhelligkeit und Wettstreit, scheint immer auf der Suche nach dem richtigen Moment, um ihn, einmal erlebt, blitzschnell zum Einsturz zu bringen. Wer Jazz spielt, ist immer unterwegs, ohne wirklich zu wissen, wer oder was ihm begegnen wird. Wichtig ist nur, dass man Reisegefährten hat, die nie müde werden, weil die großartigsten Dinge gerne aus dem wilden Unterholz auftauchen, in das man einander treibt.

Weil Markus Schieferdecker das weiß, versammelt er in den Konzerten der Uni-Bigband Bamberg stets ein stattliches Aufgebot eifriger Gastsolisten und tut auch sonst alles dafür, den Musikern genügend Freiraum zu lassen. Im auslaufenden Jubiläumsmodus ihres 30-jährigen Bestehens begrüßte die Band einmal mehr Spieler aus ihrer eigenen Vergangenheit und hangelte sich mit ihnen entdeckungsfreudig durch zahlreiche Subgenres des Jazz.

Seltene Szenen erlebt der Irmler Musiksaal zu derartigen Gelegenheiten, wenn am Sonntagvormittag sommerlich bunt gekleidete Menschen in ausgeschlafener Plauderlaune hineinspazieren, sich teils einen Stehplatz suchen müssen und von dort tänzelnd Richtung Bühne blicken. Das Konzept einer Matinée war im vergangenen Sommer erprobt und stürmisch angenommen worden. Auch heuer empfingen die zwei studentischen Combos des Musikehrstuhls vor und nach dem Konzert im sonnenhellen Foyer Gäste, die sich zwischen sektbeladenen Stehtischen die Füße vertreten konnten. In der Tat hat die Uni-Bigband eine lange Geschichte. Sie wird wohl am besten von Otto Herzog repräsentiert, der mit der seltenen Erfahrung eines Dreivierteljahrhunderts Trompete bläst und an diesem Vormittag den Blues „Wunderland bei Nacht“ zelebrierte.

Jazz mit Kaminzimmerfeeling

Derart luftig-verträumter Jazz mit Kaminzimmerfeeling stand im steten Wechselspiel mit rasenden Bigband-Klassikern, bei denen der gut gelaunte Bandleader Schieferdecker seiner Mannschaft die lange Leine ließ und mit strahlendem Grinsen eine krachende Bassposaune herausforderte. Da ist es nur recht und billig, dem eine Stimme beizumengen, die beides kann: Träumen und Funken sprühen. Laura Mann bewies mit „It’s all right with me“ Flexibilität, Spannkraft und den Ideenreichtum, der Textsicherheit in sinnstiftende Gestaltung hinüberführt. Notwendig war all das, um sich gegen zwei friedlich rivalisierende E-Gitarristen zu behaupten, die in einem kochenden Jimmy Hendrix-Block mit rasanten Läufen und kreischenden Riffs gegeneinander antraten. Norbert Schramm und Matthias Amm, ihrerseits alte Bekannte aus der Bandgeschichte, stießen mit „Little Wing“ und „Foxy Lady“ zum spannenden Treiben auf der Bühne.

Dort griff Schieferdecker etwas später selbst zum E-Bass, um im Quartett mit Marius Holland (Klavier), Thomas Rosiwal (Schlagzeug) und Stargast Julian Wasserfuhr „Tutto“, eine Komposition aus dessen Heimatstudio zu spielen. Der Trompeter gastierte bereits zum dritten Mal an der Universität Bamberg und tat dem Ensemble auch dieses Mal außerordentlich gut. Wasserfuhr vollführte atemlose Sprints auf seinem Instrument, ohne die samtige Note zu verlieren, die ihn klanglich wunderbar kompatibel machte, wo immer er sich am Solomikrofon einflocht oder mit zwei Kollegen aus der Uni-Bigband in Impro-Wettstreit trat.

Um einem alten Klischee zu genügen, endet eine Familienfeier mit dem Großvater, der lebhaft von alten Zeiten erzählt und eine begeisterte Zuhörerschaft mit leuchtenden Augen um sich schart. Diese Rolle übernahm – gerne und gut – Roland Kocina, Gründer und langjähriger Leiter der Band, mit dem verschmitzten Klarinettenklang aus Benny Goodmans „Sing, Sing, Sing“. Bemerkenswert, dass auch mit einem Instrument von vergleichsweise sanfter Gangart im Saal die gesunde Fiebrigkeit zu wecken ist, aus welcher sich wilde Drum-Solos hinaufschrauben und letzte Energievorräte der Musiker verbraucht werden.