Mit einem Vortrag zu Gärten der Gegenwart stimmte der Landschaftsgärtner Peter Latz das Publikum auf die Podiumsdiskussion ein (Foto: Der Cowperplatz im Landschaftspark Duisburg-Nord, für dessen Gestaltung Latz ausgezeichnet wurde; Christa Panick – Atelier 17)

Peter Latz (l.) und Christian Illies diskutierten ... (Fotos: Andrea M. Müller)

... mit den Referenten der Vortage Gernot Böhme und Dieter Wandschneider (auf dem Foto) über die Philosophie des Gartens

Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Bamberg

- Julian Müller

Gärten der Moderne und der Zukunft

Landschaftsarchitekt und Philosophen diskutieren bei Hegelwoche

„Gärtnern – Gehen – Denken“, so formulierte Veranstalter Prof. Dr. Christian Illies, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie II, einen Vortragstitel des Philosophen Martin Heidegger um und eröffnete damit am 14. Juni den dritten Vortragsabend der Bamberger Hegelwoche. „Gärten sind Orte der Bewegung und des Erlebens.“ Unter dem Stichwort „Gehen“ habe der Vortrag von Prof. Dr. Gernot Böhme über japanische Zen-Gärten am 12. Juni gestanden, so Illies. Diese Gärten habe man nicht geschaffen, um sie zu betreten, sondern lediglich, um sie beim Meditieren zu betrachten – eine andere Art des Erlebens, fasste Illies die Thesen seines Kollegen zusammen. Im Vortrag Metaphysik des Gartens habe sich Prof. Dr. Dieter Wandschneiders am 13. Juni auf das „Denken“ konzentriert, sinnierte Christian Illies. Wandschneider habe dem Publikum den Gedanken hinter jedem Garten nahe gebracht: In der gestalteten Natur spreche das Geistige zu uns, und damit auch das Göttliche, wiederholte Illies das Fazit Wandschneiders.

„Experimente, Reifeprozesse und Zwischenstadien“ – Der Garten der Moderne

Beim dritten und letzten Vortragsabend, erklärte Christian Illies, stehe nun das erste Stichwort im Vordergrund, das „Gärtnern“, das Anlegen und tätige Gestalten des Gartens. „Nach der geballten Macht der Philosophie brauchen wir das frische Grün der Realität eines Landschaftsgärtners, eines Gartenkünstlers“, forderte Christian Illies. Das Thema Gärten der Gegenwart behandelte darum einer der bekanntesten Landschaftsarchitekten Deutschlands, Prof. Dr. Peter Latz. Er gliederte seinen Vortrag über moderne Gärten in drei Hauptpunkte, „drei unterschiedliche Gedanken, sich dem modernen Garten zu nähern.“ Die Annäherung geschehe erstens durch ein geschichtliches Bewusstsein an den Ursprung des Gartens, ungefähr zur selben Zeit, in der die ersten Menschen sesshaft wurden. Danach habe sich der der ideale Garten zum religiösen Ziel entwickelt, wie etwa der Garten Eden im Christentum.

Professor Latz‘ zweiter Gedanke beschäftigte sich mit dem Verständnis von Gartenkultur. Hierbei müsse man zwischen einem privaten Garten und einem Ausstellungsgarten unterscheiden. Ersterer diene nach wie vor als ein Ort des Rückzugs, von dem die Öffentlichkeit ausschließe. „Im Garten findet man Gutes, das sowohl vor Eindringlingen von außen geschützt werden muss, als auch innen vor Unkraut und Schädlingen.“

„Drittens möchte ich die Frage beantworten, was das Wesentliche eines Gartens ist“, fuhr Latz fort. Dürfe sich die Diskussion auf Schrebergärten, Ausstellungsgärten oder Wildgärten beschränken? „Garten ist gleich Natur“, erklärte er. „Die Elemente des Gartens müssen so frei sein wie die Kunst.“ Trotzdem hätten die meisten Gärten ihre Begrenzung und ihre Dauerhaftigkeit gemeinsam.

Abschließend ergänzte der Landschaftsarchitekt, dass sich verschiedene Gartentypen nur in bestimmten Zeitaltern in voller Blüte entfalteten. Den Garten des 21. Jahrhunderts könne es heute noch gar nicht geben. „Nur die Strukturen sind bisher vorhanden, die Bäume gepflanzt.“ Wie er einmal aussähe, wüssten wir erst, wenn all das herangewachsen sei. Vollständig entwickeln werde sich dieser Garten erst durch zahlreiche „Experimente, Reifeprozesse und Zwischenstadien“.

„Instant-Garten vom Baumarkt“ – Der Garten vom Fließband

Damit leitete Latz zur Podiumsdiskussion zwischen Illies, Wandschneider, Böhme und ihm selbst zum Thema Rabatten-Debatten: Wieviel Philosophie verträgt die Natur? über. Eine provozierende These von Latz beschäftigte die Diskussionsrunde gleich zu Beginn: „Den Garten gibt es im Baumarkt zu kaufen.“ Doch warum schrecke uns die Vorstellung des im Baumarkt gekauften Gartens ab, fragte Illies. Was sei ein guter, was ein schlechter Garten? Hierzu erklärte Latz, man könne nicht so einfach zwischen gut oder schlecht unterscheiden. Die Vorstellung vom seriellen Garten wirke wahrscheinlich deshalb komisch, weil die Entwicklung eines solchen Gartens noch nicht so weit vorangeschritten sei wie beispielsweise bei Autos vom Fließband. Trotzdem: „Mit den Elementen aus dem Baumarkt lässt sich viel Tolles anfangen.“ Dabei komme dem Hobbygärtner entgegen, dass Gärten so facettenreich gestaltet werden könnten. „Ein Garten nimmt alles Geschichtliche auf, bis zur radikalen Zerstörung.“ Auch Wandschneider hatte keine Einwände gegen den Garten aus dem Baumarkt. Es sei nichts falsch daran, „zu Obi zu gehen, um die eigene Phantasie zu realisieren. Das Gestaltungsmoment erfreut“, bekannte auch er sich zum Baumarkt-Garten.

„Frei von Störung“ – Der Garten der Zukunft

Danach lag der Fokus auf den Parkanlagen des 21. Jahrhunderts. Böhme mahnte, man dürfe den Garten oder Park nicht als etwas streng Definiertes sehen, denn „die Grenzen sind offen.“ Wandschneider ergänzte, dass aber trotzdem jeder wisse, was der Begriff Garten meine. Auf Illies‘ Frage, wie ein Garten im Jahr 2050 wohl aussehen werde, antwortete Latz: „Er wird frei von Störung sein. Außerdem wird er alle Sinne umfassen.“ Fest stehe, dass „wir die Ressourcen, die wir derzeit haben, bald nicht mehr haben werden“ und dass dies auch die Gärten verändern werde. Böhme erweiterte diese Zukunftsvision, indem er einwarf: „Auch Bewegung wird wichtiger.“ Er erzählte vom „Windsegeln mit Skatern“, aber auch von Fahrrädern, mit denen der Garten erfahren werde. Jedenfalls müsse der Park der Zukunft groß sein, waren sich alle einig. Vielleicht werde er fragmentierter sein als heute, erklärte der Landschaftsarchitekt Latz und plädierte: „Chaos muss erklärt werden, nicht beseitigt.“

Weitere Informationen

Mitschnitte und Bilder der gesamten Hegelwoche finden Sie auf der Seite der 23. Bamberger Hegelwoche rechts unter "Informationen und Materialien". Einen Artikel zum Auftaktabend finden Sie hier.