Vera Katzenberger/Universität Bamberg

Markus Schauer erforscht Caesars berühmte Commentarii de Bello Gallico.

Vera Katzenberger/Universität Bamberg

Der Latinist ist mit seinem Buch "Der Gallische Krieg" für den Bayerischen Buchpreis nominiert.

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In seinem Buch erforscht Markus Schauer vor allem die Sprache Caesars.

- Vera Katzenberger

Gefecht mit Worten statt Waffen

Latinist Markus Schauer erforscht Caesars berühmte Commentarii de Bello Gallico

„Wir befinden uns im Jahre 50 vor Christus. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein!“ Mit diesen Worten begannen die Kult-Comics von Albert Uderzo und René Goscinny über Asterix, Obelix, Miraculix und die anderen Bewohner des kleinen unbeugsamen Dorfes in Gallien. Doch das ist nicht der einzige erste Satz zur Besetzung und Eroberung Galliens, der vielen im Gedächtnis geblieben ist. Auch die ersten Worte von Caesars Commentarii de Bello Gallico sind vielen noch aus dem Latein-Unterricht bekannt: "Gallia est omnis divisa in partes tres". Der Bamberger Latinistik-Professor Markus Schauer hat die Commentarii nun genauer untersucht und einige zentrale Textpassagen in ein neues Licht gerückt. Daraus ist ein Sachbuch entstanden, das einen Überblick über die Entstehungszeit der Commentarii gibt und den Text sprachlich analysiert. Mit diesem Werk ist Schauer jetzt für den Bayerischen Buchpreis nominiert, der am 1. Dezember vergeben wird.

Als Commentarii de Bello Gallico wird ein Bericht des römischen Feldherrn Gaius Julius Caesar über den Gallischen Krieg von 58 bis 51/50 v. Chr. bezeichnet, in dem den Römern die Eroberung Galliens gelang. „Mit den Commentarii dokumentiert Caesar seinen erfolgreichen Feldzug, um seine Stellung in Rom zu sichern und seine Macht auszubauen. Die Schrift dient also vor allem zur Selbstinszenierung vor dem römischen Senat“, erklärt Schauer.

Propagandaschrift mit Raffinesse

Insbesondere die Sprache Caesars hat der Latinist genauer erforscht. „Caesar ist ein Erzählstratege. Er setzt seine Rede gezielt ein. Er ficht nicht nur mit Waffen, sondern auch mit Worten. Denn im Grunde genommen sind die Commentarii eine Propagandaschrift, deren größte Raffinesse darin liegt, dass sie sprachlich so schlicht daherkommt und somit nicht wie eine Propagandaschrift wirkt.“ Der Bamberger Forscher hat unter anderem zwei Textstellen in einen neuen Kontext gestellt und so bislang unbekannte Erkenntnisse zu Tage gefördert.

So beschreibt Caesar beispielsweise, wie ein Teil der gallischen Truppen in der Stadt Alesia durch einen römischen Belagerungsring eingeschlossen ist. Als die Nahrungsmittel knapp werden, wird eine Versammlung einberufen, auf der der Gallier Critognatius eine Rede hält, in der er zu Kannibalismus aufruft. Die Absicht Caesars mit seiner Darstellung dieser Szene ist klar: Er will, wie er selbst sagt, die gottlose Grausamkeit der Gallier aufzeigen. Critognatius‘ Rede ist die längste wörtliche Rede in den Commentarii und viele Latinisten hielten diese Rede für rhetorisch äußerst ausgefeilt. Dem widerspricht Markus Schauer: „Was auf den ersten Blick wie eine durchdachte und wohlkomponierte Rede aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als äußerer Schein. Denn es finden sich in ihr mehrere erhebliche Ungeschicktheiten und Denkfehler.“ Daher zieht Schauer das Fazit, dass Caesar Critognatius in seiner Rede den Römer mimen lässt, um den Barbaren so umso stärker sichtbar zu machen.

Nominierung für den Bayrischen Buchpreis

Neue Erkenntnisse liefert Schauer auch zu den berühmten ersten Worten „Gallia est omnis divisa in partes tres“. Zunächst erscheint es, als wären in diesem bekannten ersten Satz nur geographische Fakten festgehalten. Doch bereits zu Beginn der Commentarii nutze Caesar die Arglosigkeit der Leserinnen und Leser aus, sagt Schauer: „Gleich mit der bewussten Wahl dieses Satzes beginnt Caesar, sich zu inszenieren und politisch zu positionieren.“ Denn anders als Caesars Formulierung es nahelegt, existierte ein Gallien in festen Grenzen bis zu Caesars Eroberung gar nicht. Mit seinen Worten schafft Caesar also Fakten. „Was Caesar gleich zu Beginn über Gallien sagt, gibt also nicht die Situation vor dem Gallienfeldzug wieder, sondern den Zustand, den Caesar am Ende bewirkt hat“, sagt Schauer.

Eingeflossen sind diese neuen Erkenntnisse in Schauers Sachbuch mit dem Titel „Der Gallische Krieg – Geschichte und Täuschung in Caesars Meisterwerk“. Mit diesem hat der Bamberger Latinist es nun sogar auf die Shortlist des Bayerischen Buchpreises geschafft und sich gegen 90.000 andere Sachbücher durchgesetzt. Dotiert ist der Bayerische Buchpreis in dieser Kategorie mit 10.000 Euro. Ermittelt wird der Gewinner oder die Gewinnerin am 1. Dezember in München in einer Diskussionsrunde zwischen der Journalistin Franziska Augstein, der Autorin Carolin Emcke und dem Literaturkritiker Denis Scheck. Übertragen wird die Diskussion am 7. Dezember um 22:45 Uhr im Bayerischen Fernsehen.

Hinweis: Gewinnerin des Bayerischen Buchpreises 2016 wurde Andrea Wulf. Weitere Informationen finden Sie in dieser Pressemitteilung.