Die Stipendiatengruppe mit ihren Bamberger Gastgebern vor der Universität (Bild: Andreas Klatt).

- Alexandra Franz

Über Medienkrise, Selbstzensur und Bamberger Bier

Journalistik-Stipendiatengruppe aus Amerika und Osteuropa besucht Bamberg

Auf die Theorie folgt die Praxis: Nach sechs Wochen Programm in Berlin sind 25 amerikanische und osteuropäische Stipendiaten der Freien Universität Berlin auf Deutschland-Tour. Am 17. Juni besuchten die Nachwuchs-Journalisten Bamberg, um Stadt und Universität kennenzulernen.

Ist die Medienkrise in den USA wirklich so präsent wie deutsche Zeitungen berichten? Leben Journalisten in Russland wirklich so gefährlich? Oder ist die Vorstellung vom oligarchischen Russland, in dem es keine freie Berichterstattung gibt, doch nur westliches Klischee? All diese Fragen konnten Bamberger Studierende der Kommunikationswissenschaft am Mittwoch, 17. Juni, zehn jungen Journalisten aus Osteuropa und 15 Journalistikstudierenden aus Amerika stellen. Die Besucher sind Teilnehmer der Programme „Journalisten International“ und „interXchange“. Mit diesen ermöglicht die Freie Universität Berlin einmal pro Jahr journalistischem Nachwuchs aus dem Ausland einen Aufenthalt in Deutschland.

„Einzige Voraussetzung ist, dass die Teilnehmer Deutsch sprechen können.“, erklärte Dr. Edith Spielhagen, Geschäftsführerin des Programms „Journalisten International“. Nach sechs Wochen theoretischem Kennenlernen des Gastlandes waren die 25 Stipendiaten mit Spielhagen auf eine kleine Tour durch Deutschland gegangen. Start dieser Reise war Berlin, dann ging es nach Jena, Bayreuth und am 17. Juni stand nun ein Besuch der Welterbestätte Bamberg und der Otto-Friedrich-Universität auf dem Programm.

Auf dem Tagesplan: Klosterbräu und Universität

Thema Nummer eins in Bamberg war zunächst natürlich wie so oft das Bier. Denn die Gäste aus den USA, der Ukraine, Weißrussland, Kanada und Russland besichtigten in der Bierstadt Bamberg das Klosterbräu, Bambergs älteste Braustätte. Als Kontrastprogramm bot sich am Nachmittag ein Besuch der Otto-Friedrich-Universität an – hier konnten die jungen Journalisten Bamberger Kowi-Studierende treffen.
 
Prof. Dr. Anna Maria Theis-Berglmair, Inhaberin der Professur für Kommunikationswissenschaft, ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter Florian Mayer und Dr. Markus Behmer, Vertreter der Lehrprofessur für Kommunikationswissenschaft, informierten die Stipendiaten nicht nur über das Studienangebot der Kommunikationswissenschaft an der Otto-Friedrich-Universität, sondern auch über die Forschungsstelle „Neue Kommunikationsmedien“ (FoNK) und deren aktuelle Projekte. Mayer stellte unter anderem die Forschung zur Nutzung des Bild-Blogs und damit den wahrscheinlich wichtigsten watch-blog in Deutschland vor.

Russland: Zensur ja, aber vor allem Selbstzensur

Interessant wurde es auch für die sieben Bamberger Studierenden, die zu diesem Treffen eingeladen waren. Die ausländischen Gäste stellten sich vor und gaben die Gelegenheit für Fragen. So erfuhren die Bamberger, dass es auch in Russland keinen festen Weg zum Journalismus gibt und viele Journalisten nicht unbedingt Journalistik studiert haben. „Das liegt vor allem daran, dass es nach dem Ende der UdSSR vielen älteren Journalisten schwer fiel, sich umzustellen und weg zu kommen von diesen Protokoll-Artikeln.“, erklärt einer der Gäste aus Russland. So habe man schnell junge Journalisten gebraucht.

Eine Frage brannte den Studierenden in Bamberg natürlich unter den Nägeln: „Wie ist es nun um die Pressefreiheit in Russland bestellt?“ „Das ist eine typisch westliche Frage“, meinten die Gäste und erklärten, dass die Zensur vor allem in der Selbstzensur der Journalisten bestehe. „Es gibt bestimmte Tabuthemen, über die wird nicht berichtet.“ Dazu gehöre zum Beispiel der Krieg in Tschetschenien. Kritik an der Regierung jedoch sei, je nach Ausrichtung der Zeitung, erlaubt.

Die Medienkrise in den USA und Deutschland

„Ist die Medienkrise wirklich so präsent in den USA?“ – dies war die Frage aller Fragen an die amerikanischen Stipendiaten. Die eindeutige Antwort lautete: „Ja.“ Die Medienkrise sei schon sehr zu spüren. Die Washington Post stelle zum Beispiel keine Journalisten mehr ein und es gebe insgesamt nur noch sehr wenige Jobs, meinten die Studierenden aus den USA.

Die Bamberger erklärten im Gegenzug, dass die Debatte um die Medienkrise in Deutschland zwar auch vorhanden sei, aber noch nicht so scharf geführt werde wie in den USA. „Manche sagen in Deutschland voraus, dass es 2040 keine Papierzeitungen mehr gibt“, erklärte Behmer. Zum Vergleich: In den USA schätzen einige, dass die Papierzeitung schon 2012 zu Grabe getragen wird.

Den Stipendiaten gefiel der Besuch insgesamt sehr gut: „Bamberg ist eine sehr schöne, gemütliche Stadt und erinnert ein bisschen an Italien“, lautete ihr Fazit.