Vera Katzenberger/Universität Bamberg

Clemens Setz ist der bisher jüngste Schriftsteller der Bamberger Poetikprofessur.

Vera Katzenberger/Universität Bamberg

Setz ist preisgekrönt. Auch bei Bamberger Leserinnen und Lesern ist er beliebt.

- Vera Katzenberger

Auftakt der Bamberger Poetikprofessur

Clemens Setz berichtet über Literarizität von Textfundstücken

Mit Clemens Setz gelang es der Bamberger Neueren deutschen Literaturwissenschaft (NDL) in diesem Jahr erneut, einen renommierten Autor zu vier Abendvorträgen und einem zweitägigen Kolloquium in die Domstadt zu laden. Setz erhielt 2011 den Preis der Leipziger Buchmesse und zuletzt 2015 den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis. Er ist zugleich der bislang jüngste Inhaber der seit 1986 jährlich vergebenen Poetikprofessur an der Universität Bamberg. 

 „Studierende sind der Grund, warum Clemens Setz in diesem Jahr zu uns gekommen ist: In einem Seminar zu Neuerscheinungen in der Gegenwartsliteratur haben sie Setz enthusiastisch gelesen und mit noch mehr Freude diskutiert“, sagte Prof. Dr. Iris Hermann, Inhaberin der Professur für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Organisatorin der Poetikprofessur, beim Auftaktabend am 16. Juni. Besonders fasziniert zeigten sich die Studierenden von seinem Buch Indigo, in dem eine rätselhafte Krankheit die Beziehungen zwischen Menschen ganz grundlegend verändert, denn in der geschilderten Zukunftswelt setzt sich die Zivilisation brutal gegen die erkrankten Sonderlinge durch.

Im ersten Abendvortrag stellte der junge Schriftsteller nicht eines seiner Werke in den Mittelpunkt, sondern widmete sich dem Prozess des Schreibens. Vor allem gab er Einblicke in mitunter unkonventionelle literarische Verfahren. So sprach er über sein Lyrikverständnis, das Entstehen von Texten und den berühmten „ersten Satz“. Inspiration findet Setz zum Beispiel in digitalisierten Zeitungen aus dem vergangen Jahrhundert: „Reiht man die Überschriften verschiedener Artikel aneinander, entfalten die Berichte ihre ganz eigene Komik.“

Poesie aus der Suchmaschine

Er zeigte den Zuhörerinnen und Zuhörern, wie er selbst die kuriosesten Fundstücke aus den uralten Zeitungsberichten in literarische Kunst verwandelt. Und aus den Überschriften verschiedener Artikel – zum Beispiel „Eine Sommerwohnung“, „Eine ältere Dame“ und „Handlung“ – die wohl kürzeste Novelle in deutscher Sprache entstehen kann. „Erst wenn man Dinge aneinanderreiht, die selbst nie zueinander gefunden hätten und die dennoch aufeinander eine ganz besondere Anziehungskraft ausüben, betritt man den Bezirk echter Poesie“, so Setz. 

Der Österreicher sucht überall dort nach Lyrik, wo sie niemand erwartet. Auch Suchmaschinen seien wahre Fundgruben echter Poesie. Vor allem die Übersetzung eines chinesischen Gedichtes im Google Translator faszinierte den Schriftsteller. Die Übersetzungsmaschine spuckte für chinesische Verse folgenden Satz aus: „Der Tag begann in der Sub-Luft.“ Ein perfekter erster Satz, der vielschichtige Assoziationen hervorrufe, so Setz. Vielleicht sogar für sein nächstes Buch.

Nächste Termine der Bamberger Poetikprofessur

Nach dem Auftakt der diesjährigen Poetikprofessur wird Setz auch an den kommenden Donnerstagen, den 23. Juni, den 07. Juli sowie den 14. Juli, um 20 Uhr im Raum U7/01.05 über weitere Aspekte seiner Literatur sprechen. Auf dem internationalen Kolloquium am 15. Juli und 16. Juli diskutieren Literaturwissenschaftlerinnen und Literaturwissenschaftler aus Deutschland, Österreich, Italien und Polen Setzs Literatur in der Villa Concordia. Ein besonderes Highlight am zweiten Abend: Paul Jandl interviewt Clemens Setz.