Johanna Bamberg

Die Delegation aus Bulgarien und ihre Gastgeberinnen und Gastegber: Dimitar Bojilov (von links), Günter Erning, Hannelore Piehler, Vladimir Kalchev, Harald Rost, Svetla Petkova, Anna Susanne Steinweg, Lilia Abadjeva

- Johanna Bamberg

Wissenstransfer von Bamberg nach Sofia

Eine Bulgarische Delegation informiert sich über Auditierung und Arbeit der Frauenbeauftragten

Wie ist die Geschlechterverteilung an der Universität Bamberg? Wie „familiengerecht“ ist sie wirklich? Bulgarische Experten informierten sich über die Tätigkeiten der Frauenbeauftragten und das „audit familiengerechte hochschule“.

„Sie sprechen über Wissenschaftlerinnen“, merkt der Übersetzer der bulgarischen Delegation an und fragt: „Haben Männer keine Probleme?“ „Doch“, antwortet Dr. des. Hannelore Piehler, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Büro der Frauenbeauftragten, „aber Frauen haben spezielle Probleme“. Während ihres dreitägigen Aufenthaltes in Bamberg informierte sich am 27. Juni 2006 eine vierköpfige Delegation des Arbeits- und Sozialministeriums Bulgariens unter der Leitung von Frau Svetla Petkova über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, über die Situation von Studentinnen und Wissenschaftlerinnen an deutschen Hochschulen und über das laufende Auditierungsverfahren der Universität Bamberg als „Familiengerechte Hochschule“.

Die Besucher aus Bulgarien kamen im Rahmen eines Programms des Ministeriums zum Wissenstransfer Bayern-Bulgarien nach Oberfranken. Konkret wird dabei ein Projekt zur „Erstellung eines schematischen Plans für die Fortführung der beruflichen Laufbahn unter Koordinierung des Berufs- und Familienlebens bei der Kindererziehung“ verfolgt. Während ihres Aufenthaltes informierte ein reichhaltiges Programm die vier Expertinnen und Experten, zuständig für europäische Integration, Arbeitsmarktpolitik, Chancengleichheit und Gleichstellung. Harald Rost, Mitarbeiter des Staatsinstituts für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb), koordinierte den Besuch, der im ifb begann. Neben der Forschungsarbeit des Instituts präsentierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch Projekte zum Thema „Work–Life–Balance“.

Frauenanteil bei den Professuren immer noch gering

Im alten Senatssaal der Universität Bamberg begrüßte die Universitätsfrauenbeauftragte Frau Prof. Dr. Anna Susanne Steinweg die Delegation. Hannelore Piehler und Dr. Günter Erning, Leiter des Arbeitskreises „Auditierung familiengerechte Hochschule“, stellten die Maßnahmen der Hochschule zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf vor. Die Mitarbeiterin des Frauenbüros gab einen Überblick über die Geschlechterverteilung an der Universität Bamberg, aus der hervorgeht, dass sich der – durch das Fächerangebot an der Bamberger Universität sehr hohe – Anteil von Studentinnen leider nicht im wissenschaftlichen Personal widerspiegelt. „Unter den Studierenden sind 62 Prozent weiblich“, erklärte Piehler, „der Frauenanteil bei den Professuren liegt aber nur bei 18,1 Prozent.“ Auch wenn dieser Anteil im bayernweiten Vergleich sehr hoch sei, könne diese Zahl nicht zufrieden stellen. Piehlers Erläuterungen zu den sehr langen Ausbildungszeiten in Deutschland verwunderten die Gäste aus Bulgarien. „Studienzeiten von acht bis zehn Semestern sind in Bulgarien durchaus üblich, aber das Studium wird in der Regel eher aufgenommen“, sagte Dr. Vladimir Kalchev. Die Vorstellung der seit 15 Jahren erfolgreichen Hochschul-Stipendienprogramme zur Förderung von Wissenschaftlerinnen in der Qualifikationsphase rundete die Präsentation über die Frauenbeauftragten ab, die von den Experten aus Bulgarien mit regem Interesse aufgenommen wurde.

Tragfähige und verlässliche Bedingungen

Erning erläuterte anschließend das Verfahren des „audits familiengerechte hochschule“ und stellte die bisherigen Maßnahmen der Universität Bamberg vor, wie den Ideenwettbewerb (wir berichteten), die Einrichtung von Telearbeitsplätzen oder den Kooperationsvertrag mit dem „Kinderparadies e. V.“, der eine spontane Kinderbetreuung zu günstigen Konditionen für Studierende ermöglicht. Ziel des Auditierungsverfahrens sei es, an der Universität tragfähige und verlässliche Bedingungen dafür zu schaffen, dass Kinder kein Hindernis für Studium oder Karriere darstellen und zu einer Verminderung der Studienabbrecherquoten besonders bei weiblichen Studierenden beitragen. Aktuell führt das ifb deshalb eine Bedarfserhebung zur Kinderbetreuung durch, die als Kalkulationsgrundlage für einen universitätseigenen Kindergarten dienen soll. „Sie sehen, dass auch die Hochschulen das Vereinbarkeitsproblem erkannt haben und aktiv werden“, betonte Harald Rost vom ifb unter Verweis auf das neue Bayerische Hochschulgesetz, das Kinderbetreuung als eine Aufgabe der Hochschule definiert.

Die Ergebnisse des Besuchs in Bamberg werden im September auf einem eintägigen Seminar in Sofia dargestellt, auf dem dann Harald Rost vom ifb als Referent zu Gast sein wird.