Ein Konzert des Tschaikowsky-Trios bildete den Auftakt der Reihe „Musik in der Universität“ im Sommersemester 2016. (Bilder: Rudolf Hein)

Sie präsentierten ein reizvolles Werkpaar: Beethovens op. 1 Nr. 1 Es-Dur und Tschaikowskys Klaviertrio op. 50 a-Moll.

- Tobias Fichte

Klaviertrios von Beethoven und Tschaikowsky im Irmler-Saal

Tschaikowsky-Trio eröffnet „Musik in der Universität“ im Sommersemester 2016

In der Reihe „Musik in der Universität“ trat am Donnerstag den 28.04.2016 das Tschaikowsky Trio (ehemals: Bamberger Klaviertrio) im Irmler Musiksaal auf. Vladislav Popyalkovsky (Violine), Indrek Leivategija (Cello) und Andreas Weimer (Klavier) präsentierten ein reizvolles Werkpaar: Beethovens op. 1 Nr. 1 Es-Dur und Tschaikowskys bedeutendste kammermusikalische Komposition, das Klaviertrio op. 50 a-Moll. Liegen zwischen dieser zu den ersten Veröffentlichungen des jungen Beethoven zählenden Komposition und dem einzigen Werk dieser Gattung von Tschaikowsky fast 90 Jahre, so mag die Gegenüberstellung weniger kontrastreich ausfallen als man vielleicht im ersten Moment erwartet. Jedenfalls schwingt, wie bei so vielen Werken des 19. Jahrhunderts, das Vorbild Beethovens, der mit dieser frühen Arbeit der Hochromantik schon näher zu sein scheint als der Blütezeit der Wiener Klassik verhaftet, deutlich mit. Der Russe komponiert sein Stück ‚Im Andenken an einen großen Künstler’ (gemeint war der gerade verstorbene Nikolaj Rubinstein), was an Beethovens ursprüngliche Widmung seiner 3. Symphonie an Napoleon erinnert, und es hat ebenso „nur“ zwei Sätze, deren zweiter ein ausladender Variationensatz ist, wie Beethovens letzte Klaviersonate op. 111. 

Die Akteure des Abends, ihres Zeichens Mitglieder der Bamberger Symphoniker, arbeiteten nun bei Beethoven zunächst viel Klassisches, Mozartisches heraus: Wiederholung der Exposition im ersten Satz, Verzicht auf allzu drastische Akzente und galante, dynamisch eher zurückgenommene Klavierpassagen. Dabei gelangen ihnen packende Klangwirkungen; Popyalkovsky spielte einen klaren, vollen, doch nie harten Ton, Leivategija trat besonders im zweiten Satz mit exzellent phrasierten Kantilenen hervor. Das Zusammenspiel (er)griff nicht nur klanglich, sondern rastete auch im Hinblick auf die besondere rhythmische Energie dieser Musik – etwa im Scherzo – hervorragend ein. 

Zum Eindruck des oben beschriebenen Zusammenhangs beider Werke trug im zweiten Teil bei, dass Pianist Andreas Weimer auch bei Tschaikowsky mit romantischem Tastendonner sparsam umging. Dabei beherrschte er den virtuosen Klavierpart dieses gut dreiviertelstündigen Werks technisch wie musikalisch in vielen Facetten – darunter die elegische Wirkung der brahmsischen Sexten im ersten Satz, die charakteristische Agogik der chopinesken Mazurka im zweiten Durchgang (Variation X), und natürlich die für den Komponisten besonders originären Passagen – das b-Moll-Konzert ließ grüßen. Über diesem „ground“ fanden auch die beiden Streicher zur Hochform, so etwa in Variation II, in der Leivategija leidenschaftlich die Melodieführung übernahm, zu der Popyalkovsky herrlich tänzerische Sechzehntelfiguren im Dreivierteltakt spielte, oder im gedämpften, nocturneartig dargebotenen Dialog von Violine und Cello in der neunten Variation über auf- und abrollenden Arpeggien des Klaviers, um schließlich im Finale in ein katharsisches Unisono der Streicher einzumünden, zum elegischen Charakter des Beginns zurückkehrend, nach einem finalen Trauermarsch im Nichts verklingend. 

Das Ensemble vermittelte dem Publikum, das nach einigen Sekunden gespannter Stille in großen Applaus ausbrach, eine eindrucksvolle Vorstellung von den symphonischen Dimensionen der beiden Werke, und man mochte sich umso mehr wundern, dass Tschaikowsky ursprünglich nicht für diese Besetzung hat schreiben wollen. Als Namensgeber für ein Klaviertrio hat er sich mit dieser Großtat jedenfalls mehr als empfohlen.