Andrea Lösel/Universität Bamberg

Raphael Quandt (2. v. re.) mit Studierenden im esg Café ...

Ute Nickel

... und beim Installationsgottesdienst.

„Das Gute gedeihen lassen“

Raphael Quandt ist neuer Hochschulseelsorger der esg

Drei Jahre hat Raphael Quandt mit Mission EineWelt in Chile verbracht. Mit einem reichen Schatz an Eindrücken und Erfahrungen hat er im September die Stelle als evangelischer Hochschulseelsorger in Bamberg angetreten. Die esg für Quandt? Ein Ort echter Gemeinschaft. Und Bamberg? Fast schon ein kleines Stückchen Heimat.

Es ist Montag - Suppentag in der esg. Für einen symbolischen Euro kann jeder vorbeikommen und mitessen. „Die esg versteht sich als ein Ort der Offenheit - offen für jeden, ganz gleich, welcher Religion er oder sie angehört“, erklärt Quandt. Er ruft einigen Neuankömmlingen ein „Guten Morgen“ zu und bugsiert seinen Suppenteller ins Café. „Während der letzten Jahre wurde hier viel gute Arbeit geleistet", erklärt Quandt.

Seine Vorgänger, das Pfarrersehepaar Jutta Müller-Schnurr und Martin Schnurr, begründeten während ihrer siebenjährigen Amtszeit viele Institutionen, die sich anhaltender Beliebtheit erfreuen. Die Suppe montags und das esg-Café sind zwei davon. „Die Strukturen hier funktionieren gut.“  erklärt Quandt. „Ich möchte dazu beitragen, dass diese Dinge auch weiterhin gut funktionieren und das Gute gedeihen kann.“

Eine halbe Stunde später sind die Suppenteller geleert. Mit ein paar Studierenden sitzt Quandt immer noch am Tisch. Es geht um das Krippenspiel für den Universitätsgottesdienst und die Geschenkebaumaktion. Aber auch um Weihnachtspläne und Studienstress. „Gemeinde bedeutet für mich auch Gemeinschaft, ein Stück Lebensgemeinschaft“, erzählt Quandt. „Man kocht zusammen, sitzt zusammen bei Tisch, feiert zusammen und steht auch zusammen Krisen aus.“

Armut aushalten lernen

Die vergangenen drei Jahre hat Quandt mit Mission EineWelt in der chilenischen Hauptstadt Santiago verbracht. Dort hat er Gemeindeleben ganz ähnlich erlebt: „Der Gottesdienst endete nicht nach dem Amen und dem Segen. Nachher kamen die Menschen zusammen und erzählten, was sie bewegt.“ Zwei Gemeinden hat Quandt in Chile als Pfarrer betreut. Beides Gemeinden in den ärmeren Außenbezirken Santiagos.

„In Chile stehen viele Menschen auf der Verliererseite des Wirtschaftswachstums“, erklärt Quandt und fügt hinzu: „Diese Armut muss man erst mal lernen auszuhalten.“ Er kramt nach ein paar Fotos. Eines zeigt ein bescheidenes Häuschen mit vergitterten Fenstern - Quandts Zuhause für die vergangenen drei Jahre, gelegen inmitten eines der ärmeren Vororte Santiagos: „Ich wollte schließlich kein Helikopterpfarrer sein, der immer von außen einfliegt.“

Gemeindeleben aufbauen

Viele der Gemeindestrukturen musste Quandt in Chile erst aufbauen: „Als ich ankam, steckte die Gemeinde gerade in einer tiefen Krise - das Gemeindeleben war eingeschlafen.“ Quandts Aufgabe daher: In kleinen Schritten wieder Gemeindeleben zu entwickeln und so Verlässlichkeit zu schaffen. Auch ging es darum, im sozialen Bereich Angebote zu machen, darunter Suchtprojekte im Kindergarten und eine Frauenbastelgruppe.

Neben seiner Tätigkeit in den beiden Gemeinden war Quandt während seiner Zeit in Chile auch in der theologischen Aus- und Weiterbildung tätigen. In einem ökumenischen Seminar unterrichtete er Systematische Theologie: „Hier kamen Studierende aus über 20 verschiedenen christlichen Kirchen zusammen - zukünftige Pfarrer ebenso wie Ehrenamtliche in der Gemeindearbeit.“ Die Freude an der Arbeit mit Studierenden war ein Grund für Quandts Bewerbung um die Stelle als Hochschulseelsorger an der esg.

Aber längst nicht der einzige: „Mir gefällt die offene Atmosphäre in der esg - man hört hier nicht an der christlichen Grenze auf, sondern arbeitet interreligiös zusammen.“ Ein gutes Beispiel findet sich in den eigenen Räumlichkeiten der esg. Die Muslimische Hochschulgruppe trifft sich dort einmal wöchentlich.

Die esg als echter Gesprächsort

Im September hat Quandt die Stelle des Hochschulseelsorgers angetreten. Und fühlt sich in Bamberg mittlerweile schon ganz heimisch. „Franken ist die Gegend, in der ich mich am meisten zuhause fühle“, betont Quandt. Sein Studium absolvierte der 33-Jährige unter anderem in Neuendettelsau und Erlangen, sein Vikariat in Nürnberg. Und ja, ein wenig nach einer Rückkehr fühle sich Bamberg schon an. „Am eindrücklichsten in meinen ersten Monaten hier waren die vielen Lebensgeschichten, die ich kennenlernen durfte“, sagt Quandt.

Er sieht es als seine Aufgabe, den Studierenden einen Rahmen für ihre Ideen zu bieten und Projekte zu begleiten: „Neue Ideen und Projekte entstehen am besten gemeinsam mit den Studierenden, aus ihrer Situation heraus und zu ihren Bedürfnissen passend.“ Gerade suchen die esg-ler nach einem gemeinsamen Ziel für ihre nächste Studienreise. Im November entstand auf Initiative einiger Studierende der esg-Chor – die ersten Proben sind bereits gemeistert.

Und noch ein Projekt, auf das Quandt stolz ist: „Wir haben zusammen ein völlig neues und sicher überraschendes Krippenspiel für den Unigottesdienst am 14. Dezember auf die Beine gestellt." Langfristig möchte Quandt Impulse zu den Themen Globalisierung und Eine Welt setzen. Doch das hat vorerst Zeit. „Für mich ist es im Moment vor allem wichtig, zuzuhören, mir Zeit zu nehmen, Vertrauen wachsen zu lassen, Menschen und ihre Ideen und Potentiale kennen zu lernen und gemeinsam auf neue Wege aufbrechen.“

Hinweis

Diesen Text verfasste Andrea Lösel für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er kann für redaktionelle Zwecke verwendet werden.

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