Ob im Hörsaal, auf Reisen - oder im Café: Matthias Eisenack (3.v.r.) kümmert sich um die Hertie-Stipendiaten während der gesamten Dauer ihres Aufenthaltes (Bilder: Monica Fröhlich)

Rektor Ruppert und die Leiterin des Hertie-Stipendiatenwerks Susanne Schödel begrüßen die ausländischen Studierenden und Nachwuchswissenschafler an der Universität Bamberg

Die Aufnahmeurkunde bestätigt:

Jetzt sind die sieben Stipendiaten auch offiziell ins Förderprogramm aufgenommen

- Monica Fröhlich

Studieren für Europa

Sieben junge Nachwuchswissenschaftler aus Mittel- und Osteuropa studieren und promovieren in Bamberg

„Ich hab’s vor“, antwortet Dora Arva lachend auf die Frage, ob sie ihre Diplomarbeit in Bamberg schreiben will. Sie weiß, dass es schwierig wird, den vielen Reizen zu widerstehen, die ein Jahr Auslandsstudium zu bieten hat. Aber sie bleibt zuversichtlich, dass sie einen Weg zwischen ihrer Diplomarbeit und einem Studentenleben voller Lockungen finden wird.

Dora ist Germanistik-Studentin aus Ungarn und eine von sieben Stipendiaten der Hertie-Stiftung in einem neuen Programm. Dieses Programm, in dessen Genuss neben der Otto-Friedrich-Universität auch die TU Chemnitz kommt, gibt besonders qualifizierten Personen aus den neuen mittel- und osteuropäischen EU-Ländern die Möglichkeit zu einem zwei- bis dreisemestrigen Studien- und Forschungsaufenthalt in Deutschland. Insgesamt 549.000 Euro investiert die Hertie-Stiftung in Bamberg auf diesem Weg in wissenschaftlichen Nachwuchs aus Ost- und Mitteleuropa.

Vielfältige Themen und Interessen

In Doras Arbeit geht es um die Sprachkrise im Spiegel zweier berühmter literarischer Briefe. Sie erzählt davon, während sie zusammen mit den anderen Stipendiaten und ihrem Bamberger Tutor Matthias Eisenack auf die Vertreter der Hertie-Stiftung wartet, die nach Bamberg kommen, um die neuen Stipendiaten offiziell zu begrüßen. Die anderen sechs osteuropäischen Nachwuchswissenschaftler sind ähnlich neugierig. Darauf, was ihnen die Leiterin des Stipendiatenwerks Susanne Schödel erzählen wird, aber insbesondere auf die kommenden Wochen an der Universität Bamberg.

Doras polnischer Kommilitone Maciej Czauderna studiert ebenfalls Germanistik. Er freut sich vor allem darauf, in alle möglichen Veranstaltungen hineinschnuppern zu können. Natürlich habe er bestimmte Anforderungen zu erfüllen, um in Warschau seine Veranstaltungen aus Bamberg anrechnen lassen zu können, aber wichtiger sei für ihn, dass er die Freiheit hat, darüber hinaus alles auszuprobieren.

Ladislav Hatyina aus der Slowakei hat zwei Monate im Rahmen eines Kulturaustausches in der Türkei verbracht. Daher stammt auch die Idee für sein Diplomarbeitsthema: Es soll um die Integration der Türkei in die EU gehen. Hatyina studiert in der Slowakei Volkswirtschaft, deswegen interessiert ihn der Studiengang European Economic Studies ganz besonders, aber im Sinne einer integrativen Horizonterweiterung möchte er auch Turkologie studieren.

Die Bulgarin Juliana Gantcheva studiert Internationale Wirtschaftsbeziehungen, sie wird vor allem Veranstaltungen im Bereich Internationales Management anhören. Aber Juliana freut sich auch auf finanzwissenschaftliche Seminare, die ihr anerkannt werden können.

„Viele Deutsche kennen lernen“ will Monika Magyar. Sie kommt aus Ungarn und ist Politikwissenschaftlerin. In Bamberg wird sie vor allem Veranstaltungen zur Internationalen Politik besuchen. Aber wie ihre Kommilitonen freut sie sich ganz besonders darauf, auch andere Fächer studieren zu können; Geschichte und Literatur reizen sie besonders. Außerdem will sie die Gelegenheit nutzen, viel Sport zu treiben. 

Neben diesen fünf Studienstipendien hat die Hertie-Stiftung auch zwei Promotionsstipendien vergeben. Die Russin Svetlana Burmasova und die Ungarin Annamaria Pfeffer haben entsprechend den Anforderungen viel vor: Sie wollen während ihres Aufenthaltes in Bamberg ihre Dissertationen so weit wie möglich vorantreiben. Svetlana kennt Bamberg bereits von früheren Besuchen recht gut. Sie promoviert mit einem stets aktuellen sprachwissenschaftlichen Thema bei Prof. Dr. Helmut Glück: Um „Anglizismen im Deutschen“ geht es in ihrer Dissertation. Aber wenn man mit ihr spricht, merkt man schnell, dass es ihr keineswegs ausschließlich ums Promovieren geht – sie ist ein echter Bamberg-Fan.

Annamaria hat im Bamberger Volkswirt Prof. Dr. Heinz-Dieter Wenzel einen Betreuer für ihre finanzwissenschaftliche Dissertation gefunden. Ihr Ziel ist zunächst, eine klare Themenstellung zu definieren. „Es soll um öffentliche Finanzen gehen, um Staatsverschuldung, die Frage muss ich noch genau formulieren“, erzählt sie.

Integration mittel- und osteuropäischer Länder in die EU

Die verschiedenen Themen und Interessen der ausländischen Studiengäste weisen bei aller Unterschiedlichkeit eine große Gemeinsamkeit auf, die auf den Kern des Stiftungs-Programms verweist: Dessen langfristiges Ziel ist es, durch die Förderung von begabten Studierenden wie diesen sieben einen positiven Beitrag zur Entwicklung in ihren Heimatländern und deren Integration in Europa zu leisten.

Das neue Stipendienprogramm wurde für die Hochschulen im Frühjahr 2005 ausgeschrieben. Die Ausschreibung passte ausgezeichnet zum Profil der Universität Bamberg, die seit Jahren eine führende Rolle im Studierendenaustausch unter den deutschen Universitäten spielt und bereits über 30 Austauschprogramme mit Partnerhochschulen in Mittel- und Osteuropa unterhält. Entsprechend engagiert wurde die Bamberger Bewerbung durch die Universitätsleitung und das Akademische Auslandsamt betrieben, die dabei von Prof. Dr. Helmut Glück aus der Germanistik und Prof. Dr. Heinz-Dieter Wenzel aus der Volkswirtschaftslehre unterstützt wurden.

Die Leiterin des Stipendiatenwerks Susanne Schödel betonte bei der Begrüßung der Stipendiaten am 5. Oktober in Bamberg noch einmal die Gründe, die dazu geführt haben, dass Bamberg aus neun Bewerber-Hochschulen ausgewählt wurde: „Unsere Universität zeichnet sich durch ihre lebendigen Kontakte nach Mittel- und Osteuropa und eine sehr gute wissenschaftliche Betreuungssituation aus.“

Schödel begrüßte die sieben Stipendiaten im Beisein des Bamberger Rektors Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert herzlich und überreichte ihnen die Aufnahmezertifikate. Die Stipendiaten dürfen stolz sein, denn sie haben alle sehr anspruchsvolle Aufnahmekriterien erfüllt: Neben der hervorragenden fachlichen Qualifikation, nachgewiesen durch Studien- und Forschungsleistungen, waren sehr gute Deutschkenntnisse gefordert und gesellschaftliches Engagement. 

Bereicherung des akademischen Lebens

Auch Dr. Andreas Weihe, Leiter des Akademischen Auslandsamtes, ist nicht wenig stolz auf das Programm, dessen Besonderheit auch darin besteht, dass es kein Austauschprogramm ist: „Uns geht es ja nicht nur darum, unseren Studierenden Studienmöglichkeiten im Ausland anbieten zu können. Das ist natürlich wichtig und gut. Aber genauso wichtig ist es, dass ausländische Studierende zu uns kommen. Mit diesem neuen Hertie-Stipendienprogramm haben wir die Möglichkeit, hoch qualifizierte und interessante Personen nach Bamberg zu holen, die das akademische Leben an unserer Universität mit Sicherheit bereichern werden“, erklärt er im Rahmen der Begrüßung: „Wir freuen uns, dass Sie da sind!“

Für die sieben Hertie-Stipendiaten beginnt jetzt ein aufregendes Jahr. Zunächst heißt es erst einmal, wie für alle Anfänger, sich zu organisieren. Am 24. November steht dann schon wieder ein wichtiger Termin im Kalender: Wissenschaftsminister Dr. Thomas Goppel hat sich zur Eröffnung des Programms in Bamberg angemeldet. Auch für den Freistaat Bayern besitzt das Programm der Hertie-Stiftung eine nicht geringe Bedeutung.

Mehr über das Programm der HERTIE-Stiftung finden Sie unter
www.ghst.de