Rudolf Hein

Die beiden Solistinnen Franziska Bobe (vorne links) und Eva-Maria Helbig (vorne rechts) waren sicher aufeinander eingestimmt.

Rudolf Hein

Der Kammerchor der Universität Bamberg und der Chor der Musica Canterey erinnerten zusammen an Claudio Monteverdi.

Rudolf Hein

Die Barockposaunen hatten einen weichen Klang.

Rudolf Hein

Unter der Leitung von Wilhelm Schmidts sang der Kammerchor an der Universität Bamberg in der AULA.

- Rupert Plischke

Von den Anfängen gemeineuropäischer Musik

Monteverdi-Konzert voller Abwechslung und Vielfalt

In einem gemeinsamen Konzert erinnerten der Kammerchor der Universität Bamberg und der Chor der Musica Canterey an Claudio Monteverdi, den großen Meister des Frühbarock und seinen 450. Geburtstag. Doch abgesehen vom Jubiläum: Was kann uns diese Musik – nach etwa 400 Jahren – noch sagen?

Oper und Sologesang sowie Kammermusik als neue Gattungen wurden um 1600 entwickelt – drei natürlich bis heute prägende Säulen unserer Musik, deren Entstehen aus einfachen, aber rasch virtuos-kunstvoll entwickelten Anfängen das Publikum am 15. Juli 2017 nachempfinden konnte. Die Komponisten der verschiedenen Länder lernten einander damals kennen und schätzen, durch Reisen und Drucke holte man sich Inspiration und lernte voneinander. Neben der christlich geprägten Tradition bildete sich also eine ganz neue, auch pragmatisch entwickelte gemeineuropäische Musiksprache. Schließlich, ganz handfest: die Revolution des Instrumentariums. Denn was uns heute als exotisch oder herrlich veraltet anmutet, wie etwa die am Samstag vorgeführte Theorbe, stellte für die Zeit Monteverdis zunächst eine große (auch handwerkliche) Neuerung dar. Doch zugleich wurde auch erkennbar, weshalb diese und andere Instrumente wieder „ausgemustert“ wurden. Denn als begleitendes Bassinstrument wirkte die Theorbe trotz aller Rücksicht der Mitspieler recht diskret, und wollte man ein bekanntes Anekdotenzitat Josephs II. variieren, müsste man sagen, sie habe doch vor allem „gewaltig viel Saiten, lieber Monteverdi“. So kann das (Nach-)Stimmen schon etwas dauern…

Ein Programm mit Freude an Kontrasten

Andererseits bezauberten die alten Instrumente durch ihren eigenen Klang im Spezialensemble „l`arpa festante“: Sei es das zwar leise, aber satte Begleitparlando eben der Theorbe oder die etwas näselnden Beiträge der Violone beziehungsweise der eher weich gespielten Posaunen. Aber auch der in der Tiefe eher mürbe, auf den oberen Saiten aber wunderbar klar erstrahlende Klang der Barockgeigen unterscheidet sich doch deutlich vom modernen, viel weniger farbigen, viel weniger differenzierten Sound, wie ihn die großen Konzertsäle und gängigen CD-Einspielungen fordern.

Farbigkeit, Vielfalt, große Abwechslung mit eher begrenzten Mitteln – dies prägte die Stückauswahl des mit circa 70 Minuten recht knappen Programms. Die Freude an Kontrasten zeigte sich schon im einleitenden Laudate Dominum, wo die beiden sicher aufeinander eingestimmten Sopranistinnen Franziska Bobe und Eva-Maria Helbig ihre reich verzierten, ja verspielten Solopartien mit großer Leichtigkeit in die AULA entließen, die immer wieder von gleichsam „stehenden“ Chor-Antworten zurückgeholt wurden. Die von beiden Dirigenten geschickt genutzte Raumwirkung mit Echoeffekt und fein austarierter Dynamik wurde deutlich, aber auch der leichte Klang der Chorstimmen, der sich im großen Bau zu einem wunderbar obertonreichen Tongemisch entwickelte. Neben aus heutiger Sicht teils ganz archaisch wirkenden Anklängen an mittelalterliche Klostergesänge standen teils pfiffig-präsente, ungemein frei wirkende Rhythmen, aber auch uns unmittelbar bewegende harmonische oder chromatische Wendungen - geradezu expressiv eingesetzt etwa im Klageabschnitt des Salve Regina. Ebenso eingängig und direkt erlösend wirkte kurz darauf die Anrufung der Maria als „advocata nostra“: So spricht die alte Musik durch die Jahrhunderte doch unmittelbar zu uns – ein Crashkurs in europäischer Identitätsbildung, wenn man so will. Mit großem, begeistertem Applaus wurden die Musiker schließlich verabschiedet.