Ein Star-Solist und die Uni-Bigband verwandelten einen Hörsaal in einen Konzertsaal.

Der Gastsolist Julian Wasserfuhr faszinierte virtuos in großer Leichtigkeit.

Die Sängerin Laura Mann versuchte sich erfolgreich im Scat-Gesang an den Grenzen ihrer Stimme.

Die Uni-Bigband begeisterte das Publikum im gut gefüllten Audimax. (Quelle: Rudolf Hein)

Experimentierfreudiger Jazz

„Musik in der Universität“ geht in die nächste Runde

Bandleader Markus Schieferdecker hatte wieder einmal aus dem Kollegenkreis der deutschen Jazz-Szene nach Bamberg eingeladen und mit Julian Wasserfuhr einen Star des Young German Jazz gewonnen. Der Trompeter aus dem bergischen Land hatte bereits kurz vor Weihnachten ein Konzert im Jazzclub mitbestritten und stieß zum Semesterende erneut als Gastsolist zur Uni-Bigband.

Diese präsentierte sich in neuer und experimentierfreudiger Instrumentierung. Der gewohnte Flügel wurde durch ein elektrisches Fender-Rhodes-Klavier ersetzt, für Charles Mingus‘ Jelly Roll griff Bassposaunist Yosuke Kurihara zur Tuba und erstmals seit langer Zeit stand auch ein Kontrabass auf der Bühne. Das bereicherte den Band-Sound um Pizzicato-Effekte, verspielte Akkordfolgen und Melodielinien in leichter Glockenklang-Manier und wuchtig treibenden Blechsound in der Kontraoktave. Das tat seine Wirkung und schuf eine urjazzig-funkige Atmosphäre. Es schien beinahe, als würde das Audimax samt Publikum zwei Stockwerke tiefer unter die Erde verlegt, rundum mit brüchigem roten Backsteinen ausgekleidet und einem leichten Rauchfilm überzogen, der zu Herbie Hancock und John Coltrane durch den Saal wabert.

Ein Hauch von Melancholie

Danken muss man das in besonderer Weise dem Gastsolisten Julian Wasserfuhr, der nie aufdringlich oder polternd spielte, nie die Bühne alleine in Anspruch nahm, sondern der Band immer Vertrauen und Geltung schenkte.

Beeindruckend war sein Spiel, faszinierend virtuos in großer Leichtigkeit und mit einem unverwechselbaren Hauch von Melancholie derjenigen Art, wie sie sonst wohl nur in warmen New Yorker Sommernächten zu empfinden ist, vielleicht unter einer leise flackernden Straßenlaterne im Central Park.

Die Band zeigte sich eifrig und befreit und brachte das Publikum im beinahe vollbesetzten Audimax in den nicht selbstverständlichen Genuss, Solisten aus allen Registern zu lauschen. Saxophone, Posaunen und Trompeten teilten sich ein Mikrofon mit ihrem Gaststar zu einer stabil und außergewöhnlich farbig spielenden Rhythmusgruppe aus Schlagzeug, Fender Rhodes, Bass und Gitarre. So bereitwillig sich die Musiker in die sensible Melancholie von wunderbar jammervollen Balladen wie Goodbye Pork Pie Hat von Charles Mingus und Naima von John Coltrane begaben, so entfesselt spielfreudig interpretierten sie den A Train von Duke Ellington und On Broadway von George Benson mit einer langen Reihe an Solisten und Sängerin Laura Mann, die sich im Scat-Gesang erfolgreich an den Grenzen ihrer Stimme versuchte. Roman Wasserfuhr, Pianist und musikalischer Partner seines Bruders, reiste mit nach Bamberg und kam natürlich um einen Auftritt an den Tasten nicht herum. Spontan, versteht sich. Doch wozu ist man schließlich Jazzmusiker? Schieferdeckers Konzept der Spielfreude und Offenheit ging wieder einmal voll auf.

Hinweis

Diesen Text verfasste Tim Förster. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.