Tim Kipphan/Universität Bamberg

Erstmals wurden Stolpersteine an der Universität verlegt.

Tim Kipphan/Universität Bamberg

Der Künstler Gunter Demnig verlegt die Steine persönlich.

Tim Kipphan/Universität Bamberg

Zahlreiche Universitätsangehörige kamen, um der Verlegung beizuwohnen.

Tim Kipphan/Universität Bamberg

Der Rabbiner Dani Danieli spricht einen Psalm zur Würde des Menschen, bevor weiße Rosen niedergelegt werden.

Geschichte verpflichtet

Bamberger Alumni engagieren sich für Stolperstein-Aktion

Sie sind Steine des Anstoßes: Die sogenannten „Stolpersteine“, in Gehwege verlegte Gedenktafeln, sollen die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wach halten. Vor dem Universitätsgebäude Marcushaus, ehemals eine Frauenklinik, erinnern neuerdings zwei Stolpersteine an zwei hier geborene Kinder. Gestiftet hat sie eine Bamberger Alumna.

Sie gehören längst ins Bamberger Stadtbild: Die Stolpersteine. Es handelt sich um goldfarbene, in den Boden eingelassene Messingtafeln, in denen die Namen von Verfolgten, Deportierten und Ermordeten des Nazi-Regimes eingraviert sind. Die Willy-Aron-Gesellschaft Bamberg e.V. für Erinnerung, Mahnung und Zivilcourage hat das europaweite Kunstprojekt 2004 nach Bamberg geholt. Ende Mai 2015 kamen 22 neue Stolpersteine hinzu, zwei davon sind erstmals am Bamberger Universitätsgelände verlegt. Zu verdanken ist dies drei Bamberger Alumni: den beiden Vorsitzenden der Willy-Aron-Gesellschaft, Daniel Dorsch und Andreas Ullmann, und Isabel Fabritius-Albert, die diese Steine gestiftet hat.

Steine des Anstoßes

Seit dem 29. Mai leuchten vor dem Eingangsportal des Marcushauses am Markusplatz 3 zwei Stolpersteine. Sie erinnern an Nathan Gabriel Kahn und seine Schwester Suse Kahn. Beide wurden in diesem Gebäude, das bis in die 1950er Jahre eine Frauenklinik war, geboren. Der Kreißsaal im zweiten Stock zählt heute zu den Laboren der Professur für Physiologische Psychologie. Nathan Gabriel Kahn ist Jahrgang 1927, seine Schwester kam 1929 zur Welt. 1944 wurden die beiden Geschwister zunächst nach Theresienstadt und weiter nach Auschwitz deportiert. Noch im gleichen Jahr wurden sie dort ermordet.

Der Geschichte und der Universität verpflichtet

Gestiftet wurden die beiden Stolpersteine von Isabel Fabritius-Albert. Die Bamberger Alumna, die als Lehrerin am Dientzenhofer-Gymnasium Bamberg unter anderem Ethik und Geschichte unterrichtet, fühlt sich nicht nur der deutsch-jüdischen Historie, sondern auch ihrer Universität verpflichtet. Über die Anknüpfung des Stolperstein-Projektes an ihre Alma Mater freut sie sich daher besonders. Die in Siebenbürgen geborene Wahlbambergerin möchte mit den beiden Gedenktafeln einen Bezug zu jungen Menschen schaffen: „Schülerinnen und Schüler können sich angesprochen fühlen, wenn man sagt: ‚Schaut mal, die waren so alt wie ihr es seid!‘“ Oder, an die Pädagogik-Studierenden des Marcushauses gerichtet: „Das hätten eure Schüler sein können!“

Andreas Ullmann, stellvertretender Vereinsvorsitzender, der selbst an der Universität Bamberg Geschichte studiert hat und jetzt Mitarbeiter ist, betont: „Noch nie wurde in Bamberg ein Stein mit der Inschrift ‚hier geboren‘ verlegt. Üblicherweise heißt es ‚hier wohnte‘“. Der Historiker kam über die Willy-Aron-Gesellschaft erstmals mit den Stolpersteinen in Berührung und arbeitet an einer Promotion zur Geschichte dieses europäischen Erinnerungsprojektes und seinem didaktischen Nutzen. Im kommenden Wintersemester bietet der Nachwuchswissenschaftler für Studierende ein Seminar zu den Stolpersteinen an.

Stolpersteine als Pflaster für die Wunden

Auch der Präsident Prof. Dr. Dr. habil. Godehard Ruppert nahm an der Verlegung teil und betonte: „Wir haben den Stolpersteinen vor dem Eingangsportal sehr gerne zugestimmt, denn ich habe die Hoffnung, dass Viele im besten Sinne stolpern und innehalten werden.“ Der Vorsitzende der Willy-Aron-Gesellschaft Daniel Dorsch, ebenfalls Bamberger Alumnus und Dozent für Mittelalterliche Geschichte, erzählt: „Oft sind Angehörige bei den Verlegungen dabei, die diesen Akt sehr positiv und emotional empfinden. Eine Frau sagte, der Stolperstein sei für sie ein Pflaster auf ihre Wunden.“

Der Kölner Bildhauer und Künstler Gunter Demnig ist für die Aktion verantwortlich. Er will mit den Stolpersteinen „die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer lebendig“ halten und „Europas größtes dezentrales Mahnmal“ erschaffen. Er habe bereits 50.000 Stolpersteine in 1.300 Orten in Europa verlegt. Die Steine sollen das Unrecht des Nationalsozialismus in Erinnerung rufen – und zwar in den alltäglichsten Situationen: Beim Spaziergang und Cafébesuch, beim Einkauf und neuerdings beim Studieren, wünscht sich Fabritius-Albert: „Ich bin in meiner Studienzeit oft auf den Stufen zum Marcushaus gesessen, habe mich unterhalten und die Sonne genossen. Jetzt kann man hier der Geschichte des Gebäudes und seiner Menschen gedenken.“

In Bamberg sind aktuell 150 solcher Gedenktafeln verlegt. Ullmann hat noch viel vor: „Ziel ist es, allen der weit über 300 bekannten Opfern ein solches Denkmal zu setzen.“

Hinweis

Diesen Text verfasste Kathrin Wimmer für die Pressestelle der Universität Bamberg. Er steht Journalistinnen und Journalisten zur freien Verfügung.

Bei Fragen oder Bilderwünschen kontaktieren Sie die Pressestelle bitte unter der Mailadresse medien(at)uni-bamberg.de oder Tel: 0951-863 1023.