Die Produktion der Zeitungsbeilage "Bunt statt Braun" ...

... war für die Studierenden der Kommunikationswissenschaft ein herausforderndes Projekt, bei dem sie ihre journalismuspraktischen Fähigkeiten erproben konnten (Bilder: Kristina Wied).

- Jasmin Bühler

Schreiben gegen Rechtsextremismus

Kowi-Studierende erstellten Zeitungsbeilage „Bunt statt Braun“

„Bunt statt Braun“ – Unter diesem Titel haben zehn Studierende der Kommunikationswissenschaft eine eigene Zeitungsbeilage gemacht. Mitte März erscheint sie als Sonderbeilage der Nordbayerischen Nachrichten in einer Auflage von insgesamt 25.000 Stück.

Journalismus ist nicht immer einfach: Manchmal muss man sich mit strittigen und gesellschaftspolitisch aufgeladenen Themen befassen, in fremden Regionen recherchieren oder sich mit schwierigen Informanten oder Interviewpartnern arrangieren. Sieben Studentinnen und drei Studenten der Kommunikationswissenschaft haben sich im Wintersemester 2008/2009 dieser Herausforderung gestellt. Das Resultat ist eine Zeitungsbeilage für die Nordbayerischen Nachrichten (NN) mit dem Titel „Bunt statt Braun“, deren redaktioneller Teil von Studierenden der Universität Bamberg verfasst wurde.

Am 17. März 2009 erscheint die Sonderbeilage in einer Auflage von 20.000 Stück im Raum Forchheim, Herzogenaurach und Pegnitz. Dazu gibt es 5.000 zusätzliche Exemplare, die im Landkreis Forchheim vom dortigen Kreisjugendring verteilt werden. Für die Beilage waren zunächst 16 Seiten vorgesehen. Wegen des Ansturms auf die Werbeanzeigen wurde sie jedoch auf 24 Seiten erweitert: Unerwartet viele Gemeinden, Parteien und Firmen wollten mit einer eigenen Anzeige in der Themenbeilage für sich und die Wichtigkeit von kultureller Vielfalt und Toleranz werben.

Alles begann mit einem Antrag

Doch bis zur endgültigen Abnahme der Beilage durch die Verlagsleitung war es ein weiter Weg: Im Oktober trafen sich die zehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Übung „(Lokal-)Journalismus für Integration und Vielfalt“ zur ersten Sitzung. Geleitet wurde die Übung von der Dozentin Dr. Kristina Wied vom Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft. Angeregt wurde die Kooperation zwischen Universität, Kreisjugendring (KJR) Forchheim und den NN von Thomas Wilfling, Vorsitzender des KJR und Absolvent der Kommunikationswissenschaft in Bamberg: „Mein Wunsch war, das Thema Vielfalt und seine Wichtigkeit in der Öffentlichkeit noch bekannter zu machen“, erklärt er seine Initiative.

Nachdem Wilfling sowohl die Universität als auch die NN von seiner Idee der Zeitungsbeilage überzeugt hatte, stellte er im Rahmen des Bundesprogramms „Vielfalt tut gut“ einen Förderantrag. Seit Oktober 2007 unterstützt diese Initiative des Bundesfamilienministeriums unter anderem Projekte des Landkreises Forchheim. Ziel dabei ist es, Toleranz und Demokratie in der Gesellschaft zu stärken sowie rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen entgegenzuwirken. Deshalb hat der Landkreis Forchheim einen lokalen Aktionsplan entworfen, dessen Projekte der Bund jährlich mit insgesamt 100.000 Euro subventioniert. Auf Antrag von Wilfling wurde das Kooperationsprojekt schließlich in den lokalen Aktionsplan für 2008 und 2009 aufgenommen. Zum einen soll die Sonderbeilage „Bunt statt braun“ veröffentlicht werden, zum anderen ist der Start eines Internetportals zum Thema vorgesehen. Es richtet sich speziell an Jugendliche und wird ebenfalls am 17. März freigeschaltet.

Auf die Theorie folgt die Praxis

In der Übung haben sich die Studierenden zunächst theoretisch mit „Vielfalt“, „Integration“, „Fremdenfeindlichkeit“ und „Rechtsextremismus“ sowie den damit verbundenen Problemen befasst. Einen tieferen Einblick erhielten sie dabei durch verschiedene Expertenvorträge. So erklärte beispielsweise Simone Richter, Geschäftsführerin der bayerischen Projektstelle gegen Rechtsextremismus, was unter Rechtsextremismus zu verstehen ist und wie er sich in Deutschland zeigt. Dem Theorieteil folgte die Praxis und für die Studierenden wurde es ernst: Jeder hatte die Aufgabe, ein eigenes Beitragsthema zu finden, zu recherchieren und einen Artikel darüber zu schreiben. Während die einen lieber etwas über Integration oder kulturelle Vielfalt machen wollten, befassten sich die anderen mit rechtsextremistischen Problemen. So reichte die Themenpalette von einem Interview mit zwei Geistlichen – einem Imam und einem katholischen Pfarrer – über das Porträt einer deutsch-türkischen Filmemacherin aus Forchheim bis hin zu einem Bericht über die Autonomen Nationalisten.

Bei der Arbeit an den Artikeln erfuhren die Studenten schnell, mit welchen Problemen man als Journalist konfrontiert wird. Die erste Schwierigkeit: Fast keiner der Studenten kannte sich in der fränkischen Region – dem Verbreitungsgebiet der Beilage – aus. Über dieses Anfangsproblem halfen die Vertreter der Nordbayerischen Nachrichten und des KJR hinweg. Sie vermittelten den Studenten Kontaktpersonen und halfen ihnen bei den Nachforschungen. Aber auch während der Recherche mussten die jungen Journalisten einige Hürden überwinden. Maike Körber begleitete für ihre Reportage Rechte, Linke und engagierte Bürger auf der Zugfahrt von Nürnberg nach Gräfenberg. Dort marschieren Rechtsextreme regelmäßig am Kriegerdenkmal auf, zugleich finden jeweils Gegendemonstrationen statt. „Das war wirklich ganz schön beängstigend“, so Körber. Eva Schenk hatte derweil andere Herausforderungen zu bewältigen: Bei ihrem Artikel über Aussteigerinnen aus der rechten Szene war es gar nicht so einfach, an eine ehemalige Rechtsextremistin heranzukommen. Hilfe fand sie beim bayerischen Verfassungsschutz, der ihr ein Interview vermittelte. Schenks Fazit: „Zwischendurch hatte ich schon so meine Zweifel, ob das alles klappt. Aber dann habe ich die Erfahrung gemacht, dass man nicht gleich aufgeben darf und an einer Sache dran bleiben muss.“

Lob von der Redaktionsleitung

Bei der abschließenden Produktion in der Forchheimer Lokalredaktion der Nordbayerischen Nachrichten konnten die Studenten ihre Artikel selbst überarbeiten. An den Redaktionscomputern und mit dem Layout-Programm der NN passten sie ihre Artikel dem jeweils vorgesehenen Seitenlayout an: Artikel wurden gekürzt oder verlängert, Zwischentitel eingefügt und Bildunterschriften getextet. „Ich war wirklich erstaunt, wie schnell die Gruppe mit dem für sie unbekannten Layout-Programm zurecht gekommen ist“, lobt Georg Körfgen, stellvertretender Redaktionsleiter der NN in Forchheim, „und es freut mich, dass alles so super geklappt hat.“

Auch Projektinitiator Wilfling ist mit dem Ergebnis der Übung sehr zufrieden: „Anfangs war ich mir nicht sicher, wie das Thema bei den Studenten ankommt. Umso mehr freut es mich daher, mit welcher Begeisterung und mit welchem Engagement die Teilnehmer an die Arbeit gegangen sind“, sagt Wilfling, „und herausgekommen sind wirklich kreative und spannende Artikel.“ Selbstständigkeit und Selbstorganisation der Studierenden wurden bei der Übung enorm gefordert und gefördert. „Bei der Erstellung der eigenen Zeitungsbeilage sind alle an den Herausforderungen gewachsen“, resümiert Übungsleiterin Wied.

Die Zeitungsbeilage gibt es auch als pdf zum Download(6.4 MB).